Bei einem Polizeieinsatz am Mittwochnachmittag im Offenburger Westen verhafteten Beamte einen Tatverdächtigen. Foto: Einsatz-Report 24

Die grausame Tötung einer 37-Jährigen am Dienstagabend in Offenburg könnte aufgeklärt sein: Keine 24 Stunden nach der Tat hat die Polizei einen Verdächtigen verhaftet. Er soll eine Vorbeziehung zu der französischen Psychologin gehabt haben – als Patient.

10.40 Uhr am Mittwochvormittag – sieben Kastenwagen der Polizei parken entlang der Offenburger Gustav-Ree-Anlage. Dutzende Beamte steigen aus, ziehen sich bei Nieselregen ihre Ausrüstung an und blicken in einen unscheinbaren Hinterhof, der vor rund 16 Stunden zum Schauplatz eines grausamen Verbrechens wurde. Dort, auf einem kleinen Parkplatz zwischen der Hauptstraße und der Unionrampe, wurde am Dienstagabend gegen 18.30 Uhr eine 37-jährige Frau brutal angegriffen und ermordet.

 

Das ist passiert: Gegen 19.15 Uhr am Dienstagabend wird eine Zeugin auf die schwer verletzte Frau aufmerksam und alarmiert die Polizei. Trotz sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen stirbt das Opfer noch am Tatort. Aus der ersten Mitteilung der Polizei geht hervor, dass von Anfang an der Verdacht auf ein Tötungsdelikt besteht. Demnach weist ihr Körper deutliche Spuren von Gewalteinwirkung auf. Zur Klärung der genauen Todesursache und zur endgültigen Identifizierung der Frau wird noch in der Nacht ein Rechtsmediziner hinzugezogen, die Spurensicherung sperrt den Bereich ab und sucht nach Hinweisen. Währenddessen wird – in Anlehnung an den Tatort – die Sonderkommission „Rampe“ gegründet. Rund 60 Beamte nehmen die Ermittlungen auf.

Das Opfer: Zunächst ist unklar, um wen es sich bei der ermordeten Frau handelt. Massive Kopfverletzungen hätten es der Polizei schwer gemacht, sie zu identifizieren, erklärte Polizeisprecher Wolfgang Kramer vor Ort. Am Mittwochmittag herrscht Gewissheit: Das Opfer ist eine 37-jährige Psychotherapeutin aus Frankreich. Demnach war sie gerade auf dem Heimweg – laut LZ-Informationen wohnte sie im Elsass –, als sie von ihrem Mörder angegriffen wurde. Eine wahrscheinliche Theorie: Der Hinterausgang ihrer Arbeitsstelle führt direkt zum Ort des Verbrechens.

Die Standaufnahme eines Augenzeugenvideos zeigt die Verhaftung des Tatverdächtigen am Mittwochnachmittag im Offenburger Westen. Foto: Einsatz-Report 24

Der Tatverdächtige: Um 16.38 Uhr teilt die Polizei mit, dass man einen Tatverdächtigen verhaftet hat. Zuvor sind bereits Augenzeugenvideos im Internet aufgetaucht, die Spezialkräfte bei der Festnahme eines Mannes zeigen und wie er in Fußfesseln und einem weißen Spurensicherungsanzug abgeführt wird. Laut Polizei handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen 42-jährigen Deutschen aus der Offenburger Weststadt. Im Zuge der Festnahme sei niemand verletzt worden.

Die Vorbeziehung: „Inwiefern der Tatverdächtige mit der toten Frau in Verbindung steht, ist nun Gegenstand der weiteren polizeilichen Recherchen“, heißt es in der Mitteilung der Polizei. Nach LZ-Informationen sollen sich der Tatverdächtige und das Opfer gekannt haben. Die 37-Jährige hatte bis Ende 2023 in einer Offenburger Klinik gearbeitet. Der Mann soll in früheren Jahren Patient der Psychologin gewesen sein – und ihr in der Folge nachgestellt haben. Dazu passt, dass die Frau ihrer Familie und Freunden erklärt haben soll, dass sie sich bedroht fühle. Die Polizei will dies auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren. „Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen, dazu gehört auch die Überprüfung des beruflichen und persönlichen Umfelds“, erläutert ein Polizeisprecher im Gespräch mit unserer Redaktion.

Gemeinsam suchten die Beamten am Mittwochvormittag den Tatort nach Hinweisen ab. Gefunden wurde die ermordete Psychologin am Tag zuvor in der Nähe der offen stehenden Tür – offenbar der Hinterausgang ihrer Arbeitsstelle. Foto: Piskadlo

Die Suche nach der Tatwaffe: Am Mittwochvormittag nehmen Beamte unter den Augen von Reportern, Kamerateams und Schaulustigen den Schauplatz des Verbrechens unter die Lupe und suchen nach Hinweisen, die die Spurensicherung am Tatabend in der Dunkelheit möglicherweise übersehen hat. Um an neue Erkenntnisse – oder gar an die Tatwaffe – zu gelangen, lassen die Ermittler nichts unversucht. Das gesamte Gelände wird mit modernen Kameras abgescannt, Anwohner werden befragt, Gebüsche durchforstet und Gullydeckel aus dem Boden gehoben. Auch die Mülltonnen entlang der Hauptstraße nehmen die Uniformierten ins Visier. In einen eigens dafür angelieferten Container entleeren sie rund 20 Grüne Tonnen in der Hoffnung, auf Hinweise zu stoßen. Die Tatwaffe kommt dabei offenbar nicht ans Licht. Auf Nachfrage, womit der Täter auf die Frau losgegangen sein könnte, bestätigt die Polizei lediglich, dass es sich um „einen Gegenstand“ handele. Am Morgen haben Gerüchte die Runde gemacht, die Frau sei erstochen worden. Diese Vermutung erhärtet sich im Laufe des Tages, der Täter soll mit großer Brutalität vorgegangen sein. Das in unmittelbarer Nähe des Tatorts abgestellte Auto des Opfers wurde indes zum Zweck der Spurensicherung beschlagnahmt. Die Leiche der Frau werde zudem noch genauer untersucht und obduziert, teilt die Polizei mit.

Das sagen Anwohner: „Es ist ein bedrückendes Gefühl. Vor allem, weil es direkt neben der Haustür passiert ist“, erklärt die Mitarbeiterin eines Ladengeschäfts im Rée-Carré im Gespräch mit unserer Redaktion. Arbeitskolleginnen hätten am Tatabend erlebt, wie versucht wurde, die verletzte Frau zu reanimieren. „Das ist natürlich ein Schock“, sagt sie. Ebenso betroffen zeigt sich eine Frau, die das Opfer wohl persönlich gekannt hat. „Ich bin Patientin in der psychotherapeutischen Praxis, in der das Opfer gearbeitet hat“, erklärt sie – und betont: „Es ist einfach nur traurig.“ Auf die Frage, ob sie Kontakt zu anderen Mitarbeitern habe, antwortet die Frau: „Ich habe die Praxisleiterin angerufen. Ihr geht es verhältnismäßig gut, sie kann darüber aber noch nicht reden.“ Zu groß sei der Schock über den schrecklichen Vorfall. Die Praxis in der Hauptstraße bleibt vorerst geschlossen. „Wegen eines Todesfalls finden diese Woche keine Termine statt“, heißt es auf einem handgeschriebenen Schild an der Eingangstür.

OB Steffens zeigt sich betroffen

„Die Nachricht über den gewaltsamen Tod einer 37-jährigen Frau in unserer Stadt erschüttert mich zutiefst“, erklärt Offenburgs OB Marco Steffens am Mittwoch. Sein Mitgefühl gelte allen Hinterbliebenen. „Ein solch grausames Verbrechen in unserer Stadt macht fassungslos und hinterlässt viele in Bestürzung und Trauer. Ich danke den zuständigen Ermittlungsbehörden und den zahlreichen Einsatzkräften aus Offenburg und Umgebung, die alles daransetzen, diesen schrecklichen Vorfall schnellstmöglich aufzuklären.“