Vereintes Ausladen in Polen: Auch die Feuerwehrfahrzeuge waren voll bepackt. Foto: Müller

Freudenstadts Partnerlandkreis Tomaszowski und die Freunde in Lemberg brauchten schnelle Hilfe. Und sie kam: Der Konvoi, am Freitagabend in Horb gestartet, gab Gas und war am Samstag bereits um 16.10 Uhr – drei Stunden früher als geplant – vor Ort.

Kreis Freudenstadt - Der Tross aus neun Fahrzeugen war am Freitag um 20 Uhr in Horb gestartet: ein Bus, zwei Sattelzüge, sechs Feuerwehrtransporter. Die 1400 Kilometer lange Fahrt ging schneller als geplant. Schon um 16.40 Uhr am Samstag rollte der Konvoi in der polnischen Kreisstadt Tomaszów Lubelski ein und landete um 17.10 Uhr in Susiec, dem Schlafquartier.

Landkreissprecherin Sabine Eisele, die mit den Helfern ständig in Kontakt ist, berichtete am Sonntag: "Alle sind nach dem Abendessen gleich ins Bett." Kein Wunder, denn am Sonntag wartete Stress auf sie. Gegen 7 Uhr aufstehen, um 8.30 Uhr ging es in die Kreisstadt Tomaszów Lubelski, um die Decken, Schlafsäcke und Isomatten, die so viele Bewohner im Kreis Freudenstadt in den Sammelstellen aller Kreisgemeinden abgegeben hatten, in einer Halle zu lagern.

Feuerwehr hilft Freunden aus Lemberg

Zwei Feuerwehrfahrzeuge aus dem Konvoi des Kreises Freudenstadt machten sich derweil auf den Weg ins 32 Kilometer entfernte Zamosc. Dort warteten schon die weißen Blaulichtfahrzeuge des Katastrophenschutzes aus dem westukrainischen Lemberg. Die Lemberger Feuerwehr hatte einen Teil ihrer Ausrüstung weiter Richtung Osten geschickt – ins Kriegsgebiet. Die Schläuche, Helme, Armaturen und sonstige Ausrüstung wurden von ukrainischen Kameraden in brauner Feuerwehrkleidung in die weißen Transporter mit roten Aufklebern geladen. Von Zamosc ging es dann zum gut 72 Kilometer entfernten Grenzübergang zur Ukraine.

Am Freitagabend war der Konvoi vom Horber Rettungszentrum aus gestartet. Dort waren Hilfsgüter aus dem gesamten Kreis für ukrainische Flüchtlinge und die Überbringer zusammengekommen. Kurz vor dem Start ins polnisch-ukrainische Grenzgebiet berichtete Kreisbrandmeister Frank Jahraus von einem emotionalen Moment vom Nachmittag: "Der Lkw-Fahrer der Spedition Fahrner stammt aus der Ukraine. Als er die Menge der Hilfsgüter gesehen hat, ging er in den Aufenthaltsraum und hat geweint."

Medizinisches Material im Reisebus

Landrat Klaus Michael Rückert schilderte bereits am Nachmittag, wie dramatisch die Lage aktuell im Partnerschaftslandkreis Tomaszowski ist: "Der Landkreis hat 80 000 Einwohner. Täglich kommen 20 000 Flüchtlinge aus der Ukraine an. Die Lage dort wird Tag für Tag dramatischer. Deshalb bin ich froh, dass wir so schnell so viele Spenden zusammenbekommen haben, um dort tatkräftig zu helfen."

Mit Feuerwehrfahrzeugen wurden am Freitag die Spenden aus dem gesamten Kreis nach Horb gebracht. Dort wurden Decken, Schlafsäcke, Feuerwehrutensilien, Nahrungsmittel und Medizin umgepackt und verladen. Das medizinische Material – darunter auch ein Ultraschallgerät – kam in den Reisebus der Firma Schweizer. Laut Landrat Rückert hilft die Feuerwehr aus dem ukrainischen Kreis Lemberg auch Flüchtlingen vor dem EU-Grenzübergang im polnischen Tomaszów Lubelski: "Dort sind viele leicht verletzt."

Schläuche, Armaturen, Pumpen

Zwei Feuerwehrfahrzeuge wurden in Horb mit Schläuchen, Armaturen und Pumpen beladen. Allein Horb hatte Material im Wert von 10 000 Euro gespendet. Kreisbrandmeister Jahraus: "Unser Partnerlandkreis arbeitet eng mit dem Kreis Lemberg in der Ukraine zusammen. Wir waren dort auch schon. Die Kameraden dort haben uns um Feuerwehrausrüstung gebeten."

Um 19.25 Uhr am Freitag waren in Horb alle Fahrzeuge beladen. Jahraus ließ antreten und sagte: "Danke an die Feuerwehr Horb! Was ihr hier geleistet habt, ist herausragend!" "Die Welt steht Kopf!", befand der erste Landesbeamte Reinhard Geiser vor der Abfahrt. "Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht? Hundertausende Flüchtlinge aus der Ukraine drängen über die Grenze – auch in unseren Partnerlandkreis. Jetzt können wir zeigen, was Freundschaft bedeutet." Auch Horbs OB Peter Rosenberger dankte: "Großartig, was ihr alle geleistet habt. Und dass ihr wieder gezeigt habt: Wenn es schnell gehen und klappen soll, ruft man die Feuerwehr an. Kommt alle gesund zurück!"

Viele Kreisbewohner bieten Zimmer an

Dann startete die lange Tour. Sechs Fahrzeuge der Feuerwehren, zwei Sattelschlepper der Speditionen Fahrner und Schuon, gefüllt mit 90 Paletten, und ein Bus der Firma Schweizer mit Wolfgang Schweizer am Steuer machten sich auf den Weg. Letzterer bot auf der Hinfahrt auch Schlafplätze für die Feuerwehrleute. Auf der Rückfahrt, so hieß es am Freitag, könnte der Bus die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine in den Landkreis mitbringen. "Im Moment ist die Tendenz in Tomaszów Lubelski so, dass die Flüchtlinge lieber in der Nähe ihrer Heimat bleiben. Falls doch einige zu uns möchten, haben uns die Kirchen Gemeinderäume zur Verfügung gestellt", sagte Landrat Rückert. "Und es haben sich viele Landkreis-Bewohner gemeldet, die Zimmer haben."

"Auf unseren Fahrten haben wir bisher keine Flüchtlingslager gesehen", sagte Bernhard Müller, Vize-Kreisbrandmeister des Landkreises Freudenstadt, am Sonntagnachmittag zur aktuellen Lage im Partnerlandkreis Tomaszowski. "Es ist noch in Klärung, ob wir im Bus auch ukrainische Flüchtlinge mit nach Freudenstadt bringen können." Montagnacht wird der Konvoi im Kreis Freudenstadt zurückerwartet.