Jürgen Kern fährt am Freitag das erste Mal seine Hilfsgüter in die Slowakei. Foto: Riesterer

Nachdem erste Hilfsgüter-Aktionen für die Ukraine in der Umgebung gestartet sind, zieht nun ein Schramberger mit: Jürgen Kern fährt die Produkte selbst 1250 Kilometer weit.

Schramberg/Schiltach - Jürgen Kern liebt die Fasnet. Der Schramberger, von vielen Jogi genannt, ist ein passionierter Da-Bach-na-Fahrer, stand schon zehn Mal im Zuber. Und wenn er nicht mit den Kanalfahrern unterwegs ist, sieht man den Fahrlehrer mit seiner Band "Backbone Hurts" die Bühnen der Gegend rocken. Doch dieses Jahr suchte man Jogi Kern in den vergangenen Tagen vergeblich auf den Gassen oder in den Kneipen. "Ich konnte einfach nicht raus und so tun, als ob das alles nicht passieren würde", sagt er. Der Grund ist der Krieg.

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Marschbefehl für alte Kumpels

Bevor der 40-Jährige, der sich im vergangenen Jahr in der Schiltacher Bachstraße selbstständig gemacht hat, Fahrlehrer wurde, war er fünf Jahre lang als Unteroffizier bei der Bundeswehr in Sonthofen im Allgäu und pflegt noch viele Kontakte mit alten Kameraden. Dass viele der heutigen Berufssoldaten unter jenen nun ihren Marschbefehl bekommen haben, hat Kern mehr als erschüttert. "Dass es im 21. Jahrhundert in Europa noch mal zu so etwas kommen kann, will einfach nicht in meinen Kopf." Der verheirateten Vater von zwei Jungs wollte der Bevölkerung der Ukraine genauso helfen wie die alten Kameraden.

Also nahm Kern in den vergangenen Tagen Kontakt zu einem ehemaligen Soldatenkollegen auf, der häufiger Hilfsaktionen dieser Art startet. "Mit ihm war ich auch mal schon im Ahrtal", so Kern. Über diesen kam der Kontakt zu einem Zwischenlager in Kosice in der Slowakei zustande, von wo aus es nur noch knapp 100 Kilometer bis zur Grenze der Ukraine sind. "Ich will unbedingt, dass die Hilfe schnell und direkt bei denen ankommt, die sie auch brauchen. Dafür müssen die Sachen in die richtigen Hände kommen. Und mein Kumpel kennt in Kosice eine junge Ukrainerin, die das dort mit organisiert. Vor diesem Hintergrund ist das also eine runde Sache", sagt Kern.

Organisation vor Ort verbessern

In der Zwischenzeit nahm Kern auch Kontakt zu den Helfern vor Ort auf wie dem Sulzer Josef Fogel, der solch eine Aktion initiiert hat. "Neben dem konkreten Sammeln und Hinfahren der Güter ist parallel das weiter Organisieren, Vernetzen und Verbessern der Helferstrukturen hier genau so wichtig", sagt Kern. Auch bei den Kommunen Schramberg und Schiltach hat Kern bereits vor diesem Hintergrund angefragt. "Schiltachs Bürgermeister Thomas Haas hat nicht nur Hilfsbereitschaft gezeigt, sondern – wenn möglich – finanzielle Hilfe angeboten."

Der Fahrlehrer möchte im Idealfall am Freitag das erste Mal mit Sprintern und Anhängern die 1250 Kilometer von Schramberg nach Kosice fahren. Den Leiter seiner Partner-Fahrschule in Donaueschingen Ingo Held, ebenfalls ehemaliger Soldat, hat Kern mit im Boot. "Fahrschulen haben die Fahrzeuge und die Personen, die sie fahren können. Daher starten wir die Aktion ›Deine Fahrschule hilft‹ – vielleicht findet sich ja noch jemand, der mitziehen möchte", so Kern.

Die nächste Fahrt ist für den 20. März angedacht. "Im Idealfall wäre die schon gar nicht mehr nötig", sagt der Fahrlehrer traurig.

Infokasten: Die Aktion

Abgegeben werden können die Güter nach vorheriger Anmeldung, Telefon 0171/3 73 20 04, in der Panoramastraße 11 in Schramberg oder Bachstraße 11 in Schiltach. Gesucht werden vor allem Wasser, haltbare Lebensmittel, Schmerzmittel, Verbandsmaterial, Windeln, Schlafsäcke, Taschenlampen oder Feldbetten. "Auch Mithelfer, beispielsweise für die Annahme, suche ich dringend", hofft Kern auf viel Unterstützung.