In der Spielgruppe macht das Zusammensein Spaß. Foto: Morlok

In der ehemaligen Beruflichen Schule von Rottenburg in der Tübinger Straße 68 hat die Stadt ihre Pläne verwirklicht und ein Schul- und Spielangebot für geflüchtete Kinder aufgebaut.

Rottenburg - Die Stadtverwaltung der Bischofsstadt Rottenburg ist bekannt für ihre raschen und unbürokratischen Reaktionen, wenn es um humanitäre Hilfe geht. Der schnelle Beitritt zur Aktion "Sicherer Hafen" ist hierfür ein Paradebeispiel.

Genauso schnell reagierte die Mannschaft um Oberbürgermeister Stephan Neher auf die Herausforderungen, die der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit sich brachte. Inzwischen sind 410 geflüchtete Ukrainer in Rottenburg offiziell gemeldet und schnell wurde klar, dass man gerade in Bezug auf die Kinder- und Schülerbetreuung etwas tun müsse.

61 ukrainische Schulkinder und 12 Kinder im Kindergartenalter

Die ehemalige Berufliche Schule in der Tübinger Straße 68 bot sich als ideale Immobilie für die Betreuung dieser Zielgruppe an. Mittlerweile nutzen 61 ukrainische Schulkinder und 12 Kinder im Kindergartenalter sowohl das schulische als auch das spielerische Angebot.

In der Grundschulklasse sind jetzt 23 Schülerinnen angemeldet, für die Sekundarstufe gibt es zwischenzeitlich zwei Klassen mit 18 und 20 Schülerinnen. Offen ist das Lernangebot auch für ukrainische Kinder, die in den umliegenden Gemeinden Hirrlingen, Starzach und Neustetten untergebracht sind. Die Bürgermeister Thomas Noé (Starzach) und Gunter Schmid (Neustetten) sind dankbar für dieses Angebot, da es leichter in Kooperation zu stemmen ist, als wenn jede Kommune selbst eine solche Hilfsaktion auf die Beine stellen würde, sagten sie bei einem Pressegespräch am gestrigen Vormittag.

Mitte März hatte die Rottenburger Stadtverwaltung auf Eigeninitiative in der Tübinger Straße 68 kurzfristig die Räume bezogen und als Klassenräume und Spielzimmer für geflüchtete Kinder aus der Ukraine eingerichtet. "Die Hausmeister unserer Stadtteile haben das Mobiliar, insbesondere für die Kindergartenräume, zusammengesucht um Kosten zu sparen", erläuterte Angelika Thomma, Abteilungsleiterin Schule, im Rahmen eines kurzen Rundganges.

ÖPNV ist für Geflüchtete aus der Ukraine kostenlos

Die Kinder lernen jeden Vormittag nach Stundenplan. Deutsch und Englisch ist nahezu täglich dabei, aber auch Kunst, Kreatives, Musik, Sport und Mathe. Möglich ist das mit einem Team, das mittlerweile auf 34 Ehrenamtliche und drei bei der Stadtverwaltung festangestellte ukrainische Lehrkräfte angewachsen ist. Außerdem gehört eine festangestellte Hilfskraft für Organisation, Dolmetschen und Unterstützung in der Spielgruppe dazu. Das schulische Angebot ist die Brücke zur Regelschule. "Wir möchten den Kindern so schnell wie möglich den Weg in unsere Schulen ebnen und sie vor allem auch sprachlich unterstützen", so der OB weiter, der ergänzte, dass es auch in Ergenzingen, auf der Liebfrauenhöhe, seit Kurzem ein Spielangebot für geflüchtete Kinder aus Afghanistan und der Ukraine gibt.

Der ÖPNV ist für Geflüchtete aus der Ukraine kostenlos, so dass auch aus allen Ortschaften und den umliegenden Gemeinden Kinder das kostenlose schulische und spielerische Angebot in der Kernstadt und in Ergenzingen problemlos nutzen können.

Neher wies aber auch darauf hin, dass das Projekt mit enormen Kosten verbunden ist. Rund 7.500 Euro investiert die Stadtverwaltung pro Woche in beide Angebote und von Seiten der Landesregierung gibt es bisher keine Zusage der Kostenübernahme. Thomas Noé sagte zu dieser Situation: "Von uns als Kommune werden schnelle Reaktionen und Hilfsangebote erwartet, doch es kann nicht sein, dass wir als letztes Glied in der kommunalen Kette die Zeche komplett zahlen sollen."

Oberbürgermeister Neher appelliert an das Miteinander

Bislang sieht es aber genauso aus und deshalb rief Stephan Neher dazu auf, die Stadt Rottenburg durch Spenden bei dieser so wichtigen, humanitären Aufgabe zu unterstützen. Bürgermeister Schmid stellte spontan 3.000 Euro aus einem städtischen Hilfsfonds zur Verfügung.

Ein Großteil der Kosten wird über das städtische Spendenkonto "Kriegsflüchtlinge in Rottenburg" gedeckt. "Wir sind sehr dankbar für alle bisherigen Spenden, die dieses tolle gesamtstädtische Angebot ermöglichen und freuen uns natürlich über mehr", so Neher.

Er appellierte hier an das Miteinander. "Auch die Regelschulen und ihre Fördervereine sowie andere Vereine können beitragen, indem sie mit Aktionen wie Waffel- und Kuchenverkauf oder Verkauf von Gebasteltem Spenden generieren und so das schulische Angebot unterstützen", sein Vorschlag.

Spenden auf das städtische Konto "Kriegsflüchtlinge in Rottenburg" bei der Kreissparkasse Tübingen, DE69 6415 0020 0004 5778 83, kommen in jedem Fall den schulischen und spielerischen Angeboten zugute und somit vielen Kindern, die mit ihren Familien in Rottenburg Schutz suchen, erklärte er abschließend und versprach, dass das gespendete Geld, falls die Landesregierung die Kosten doch übernehmen würde, nicht für einen Betriebsausflug der Stadtverwaltung verprasst würde, sondern auf jeden Fall einem guten Zweck zugutekommt