Sehr zufrieden mit dem zeit- und arbeitsintensiven Einsatz der Gruppe im Gechinger Wald sind Kämmerer Andreas Bastl (von links), Gruppenleiter Björn Ortmann und Revierleiter Jürgen Martinek. Foto: Tröger

Für etwa eine Woche ist im Gechinger Wald eine Arbeitsgruppe des Vereins für soziale Rechtspflege aus Pforzheim im Einsatz. Die drei Männer zusammen mit ihrem Gruppenleiter entfernen die Plastikröhren an den Kulturen, die im Gebiet Kirchhalde auf den Kahlflächen nach dem Sturm "Lothar" gepflanzt worden waren.

Gechingen - Auf diesen Kahlflächen haben sich ab den "Nuller-Jahren", also ab 2000, nach dem Jahrhundertsturm "Lothar" dichtes Buschwerk, kleinere, von selbst aufgegangene Bäume und die gepflanzten, mit den Kunststoffröhren gegen Verbiss gesicherten Laubbäume entwickelt. Letztere sind mittlerweile so stark, dass sie ohne den Schutz weiter gedeihen werden. Bei herrlichem Frühlingswetter ist die vierköpfige Arbeitsgruppe in diesem dichten Bewuchs am Werk. Der eine schneidet die Röhren auf, der nächste trennt sie vom stabilisierenden Holzstab und die anderen sammeln Röhren sowie Holzstäbe getrennt ein und tragen sie raus an den Weg zum Abtransport.

 

Helfer müssen tief in die Hecken gehen

Dort stehen der Leiter der Gruppe, Arbeitserzieher Björn Ortmann, mit Revierförster Jürgen Martinek und der Gechinger Kämmerer Andreas Bast. "Das Projekt Abbau der Röhren braucht Manpower, da brauch’ ich motivierte Leute, die sich nicht scheuen, in die Hecken zu gehen", erklärt Martinek. Und es ist zeitaufwendig, mit den eigenen Leuten, den drei Forstmitarbeitern in Althengstett, die in allen vier Verwaltungsverbandsgemeinden tätig sind, sei das nicht zu schaffen. "Wo also bekomme ich eine Mannschaft her?" Eine Alternative sind auch kommerzielle Forstbetriebe nicht, "die suchen eher Leute als dass sie zu viele Arbeitskräfte haben".

Gute Erfahrungen in Simmozheim und Althengstett

Von einem Kollegen habe er vor Jahren von der Arbeitsgruppe um Ortmann erfahren, erzählt Martinek. In Gechingen ist die Gruppe erstmalig im Einsatz, "wir arbeiten jedoch schon seit etwa vier Jahren zusammen, in Simmozheim und Althengstett zum Beispiel." In Simmozheim wurden ebenfalls Kunststoffröhren an Jungbäumen entfernt, die der Rekultivierung und Aufforstung auf der Erddeponie dienen. Weiter wurde ein total zugewuchertes, verwildertes ehemaliges Wochenendgrundstück mit verschiedenen Altlasten geräumt. "Unser extremstes Projekt war an einem steilen Hang entlang der Hesse-Bahntrasse, dorthin führte kein Weg, kein Steg", berichtet Ortmann, "wir haben bei minus zwölf Grad eine ehemalige Streuobstwiese freigelegt."

Rückfälligkeit vermeiden heißt das Ziel

Er erläutert das Konzept des seit Anfang des Jahres laufenden Projekts, in das die Arbeitsgruppe eingebunden ist über den genannten Verein. "INSA2+" (Integration Straffälliger in Arbeit, es gab schon zwei Vorgänger-Projekte, INSA und INSA 1) wird über verschiedene Unterstützer wie die Arbeitsagentur und den Europäischen Sozialfonds ESF gefördert und läuft wie die Vorgängerprojekte über zwei Jahre. Die Ziele sind die Lebensverhältnisse der Teilnehmer zu stabilisieren durch ein unterstützendes Umfeld, ihre Arbeitsfähigkeit zu fördern und geeignete Arbeitsstellen zu finden, um damit letztendlich Rückfälligkeit zu vermeiden.

Flößerstube bei der Rehmühle freigelegt

Ortmann hat ursprünglich den Schreinerberuf gelernt und sich danach zum Arbeitserzieher weitergebildet. Seine Tätigkeit jetzt besteht je zur Hälfte aus der körperlichen, handwerklichen Arbeit zusammen mit den Teilnehmern und aus Sozialarbeit. "Wir übernehmen Arbeiten, für die kein Personal da ist wie hier in Gechingen oder um Altes zu erhalten, das mit Maschinen nicht möglich ist", so Ortmann. Die Freilegung der Flößerstube bei der Rehmühle im Kleinenztal ist so ein Beispiel. "Wichtig ist, dass wir ein Ergebnis haben, das ist auch für die Teilnehmer ein tolles Erlebnis. Sie haben etwas geschaffen, für das es Lob und Anerkennung gibt. Das haben manche vorher noch nie bekommen."

Die aktuelle Gruppe, mit der Ortmann in Gechingen arbeitet, trifft sich um 8 Uhr in Pforzheim am Standort des Bezirksvereins zur Abfahrt ins Einsatzgebiet im Gechinger Wald. Der Arbeitstag dauert bis 14 Uhr, reine Arbeitszeit im Wald sind etwa vier Stunden. Die Teilnehmer erhalten für jede Arbeitsstunde zwei Euro, das heißt, bei 20 bis 30 Arbeitsstunden pro Woche können sie 50, 60 Euro verdienen, die zum Beispiel nicht auf den Hartz IV-Satz angerechnet werden. Manche Teilnehmer in der Gruppe sind nur kurz dabei, sei es, weil die Arbeit körperlich zu fordernd ist oder weil sie recht schnell in ein reguläres Arbeitsverhältnis vermittelt werden konnten. "Manche wollen jedoch auch länger bleiben", macht Ortmann immer wieder die Erfahrung, allerdings geht das höchstens für drei Jahre, "dann schiebt die Arbeitsagentur einen Riegel vor, so sind halt die Vorgaben und Regeln."

Revierleiter ist sehr zufrieden

Ortmann ist mit seiner Gruppe, die auch mal mehr als drei Teilnehmer umfassen kann, regelmäßig in Bad Wildbad am Sommerberg im Einsatz, um Wege zu richten, alte Mauern auf terrassierten Flächen freizulegen und zu sichern oder auch in steilem Gelände Baumfällungen vorzunehmen. Sie arbeiten für die Kommunen auf Rechnung, so der Gruppenleiter, "manchmal sind wir jedoch auch gemeinnützig tätig, im Staatswald zum Beispiel."

Revierleiter Martinek ist sehr zufrieden mit der guten und zügigen Arbeit der versierten Gruppe. Etwa 20 Hektar Waldgebiet wie der aktuelle Einsatzort in der Kirchhalde gelte es noch von Kunststoffhülsen zu befreien, heißt: Diese personal- und zeitintensive Arbeit geht noch nicht aus. Und sie ist dringend zu tun, das wird auch deutlich im Gespräch, denn Kunststoff im Wald und sei es zur Sicherung der nachwachsenden Baumgenerationen, wird unter anderen Gesichtspunkten zunehmend auch zum Problem. Das jedoch ist ein ganz anderes Thema.

Info: Integration in den Arbeitsmarkt

Im Arbeitsprojekt "InSA+", gefördert durch den Europäischen Sozialfonds, werden straffällige Menschen im Rahmen einer Arbeitsgruppe und mit Unterstützung durch einen Arbeitserzieher und einen Sozialarbeiter durch Tagesstrukturierung an die Wiederaufnahme einer Arbeitsstelle herangeführt.

Sie verrichten Tätigkeiten im Interesse des Gemeinwohls in der Landschaftspflege und dem Naturschutz. Außerdem werden Insassen der JVA Heimsheim seit 2015 im Rahmen einer Aktivierungsmaßnahme in Kooperation mit der Agentur für Arbeit auf einen möglichst nahtlosen Übergang aus Haft in Arbeit in Freiheit vorbereitet. Durch die Verbesserung beziehungsweise Klärung der Position am Arbeitsmarkt, tragen beide "InSA+"-Standbeine nicht nur zur Resozialisierung, sondern damit auch zur Vermeidung weiterer Straffälligkeit bei (Quelle: Bezirksverein für soziale Rechtspflege Pforzheim).