Leute, die aus der Freiwilligen-Inititiative UkraineBW einen Verein machen möchten: Von links: Sneska Schmoll, Sergej Stricker, Dimitri Koslowitsch, Dietrich Schöller-Manno sowie eine Familie, die vor wenigen aus Tschernihiw geflücht ist. Foto: Kost

Egal mit wem man spricht – irgendwie sind alle von ihnen auf unterschiedliche Weise in die Flüchtlingshilfe "reingerutscht". Jetzt wollen sie dem Ganzen eine feste organisatorische Struktur geben. Und zwar mit der Gründung des Vereins UkrainBW.

Haigerloch - Angesichts fassungslos machender Bilder hat sich seit Beginn des Angriffs russischer Truppen auf die Ukraine am 24. Februar überall in Deutschland eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgebreitet: Alle wollen irgendwie Menschen unterstützen, die unvermittelt in einen existenzbedrohlichen Krieg geraten sind.

Viele hilfsbereite Menschen

Auch im Zollernalbkreis, speziell im Raum Balingen, Albstadt, in Bisingen und in Owingen haben sich hilfsbereite Leute miteinander vernetzt. Und zwar in der Freiwilligen-Initiative UkrainBW. Als ihren Kopf darf man sicherlich Dimitri Koslowitsch aus Balingen bezeichnen. Der 36-Jährige stammt selbst aus der Ukraine, ist aber schon im Alter von acht Jahren nach Deutschland gekommen.

Die Arbeit von UkrainBW konzentriert sich laut ihm vor allem auf zwei Kernbereiche: Zuvorderst geht es um die sichere Rettung von Fluchtwilligen aus der Ukraine. Dazu bedient man sich eines Netzwerks freiwilliger Helfer vor Ort. Diese unterstützen die Geflüchteten bei der Ausreise. Sobald sie die Grenze überquert haben – in der Regel über Polen – kommt dann die UkrainBW ins Spiel.

Leute haben tausend Fragen

Angefangen von den möglichen Zugverbindungen bis hin zu allem, was Geflüchtete über einen Aufenthalt in Deutschland wissen müssen – leistet die UkrainBW Aufklärungsarbeit. "Die Leute wissen ja meist gar nicht, was sie hier erwartet", so Dimitri Koslowitsch.

Sie hätten tausend Fragen, seien verunsichert und häufig traumatisiert, weil sie Tage oder Wochen unter Beschuss in Kellern ausharren mussten – so wie die jungen Leute aus Tschernihiw (an der Grenze zu Weißrussland), die beim Gespräch unserer Zeitung mit der UkrainBW dabei sind und von sich berichten.

Nachhaltige Arbeit

Weil die Initiative Wert auf eine nachhaltige Arbeit legt, ist ihr Ziel beim Zusammenbringen von Gastfamilien und Unterkunftsbedürftigen einen Ansprechpartner bereitzustellen – zum Beispiel den 1997 als Spätaussiedler nach Deutschland gekommenen Sergej Stricker aus Balingen.

Die Hilfe eines Betreuers der beide Sprachen beherrscht, soll von Anfang an ein gutes Zusammenspiel beider Seiten ermöglichen. Er oder sie kann bei der Klärung bürokratischer, sozialer und kultureller Fragen helfen. Darüber hinaus sind Chat-Gruppen eingerichtet, in denen sich Flüchtlinge und Gastgeber austauschen können.

Einer, der einer Familie Unterschlupf gewährt hat, ist der 57-jährige Dietrich Schöller-Manno aus Balingen, Musiker und Dirigent von "arcademia sinfonica". Bei ihm und seiner Frau im Haus lebt seit dem 13. März eine fünfköpfige Familie. Seine Erfahrung: "Das Zusammenleben funktioniert, das Miteinander ist sehr bereichernd."

Sneska Schmoll aus Owingen betreut in der früheren Owina-Textilfabrik einen Basar, in dem sich Geflüchtete kostenlos mit benötigter Kleidung und Dingen des Alltags eindecken können (wir haben berichtet). Alles Dinge, die sie auf Spendenbasis erhält.

Hilfe in festere Form gießen

Jetzt aber soll die Arbeit der UkrainBW in eine festere Form gegossen werden. Sie will sich Ende April als gemeinnütziger Verein gründen, der seinen Sitz in Balingen hat. "Damit können wir nicht nur nach außen seriös auftreten, sondern können auch Spenden entgegen nehmen und Spendenbescheinigungen ausstellen", nennt Dimitri Koslowitsch die Gründe für diesen Schritt.

Von der Vereinsform erhofft man sich auch einen größeren Zustrom an freiwilligen Helfern. Denn davon kann man nie genug haben: egal ob jemand als Bindeglied zwischen Gast- und Flüchtlingsfamilie fungiert oder einen Fahrdienst übernimmt. "Jeder, der nur ein oder zwei Stunden Zeit hat, leistet schon einen wertvollen Dienst", so Koslowitsch.

Eine Homepage gibt es ebenfalls, sie ist zwar noch recht frisch, soll aber im besten Fall auch eine Art "Kontaktbörse" für Firmen sein, die Fachkräfte suchen. Man will dort künftig zudem Geschichten von Flüchtlingsfamilien veröffentlichen.