Sammeln Spenden für die Erdbebenregionen in der Türkei und in Syrien (von links): Durdu Demirkaynak, Fatma Cin, Rabiya Demirkaynak und Metin Cin Foto: Störzer

Mitglieder der Türkisch-Islamischen Gemeinde kämpfen nach den Erdbeben in der Türkei und in Syrien gegen das Gefühl der Ohnmacht an.

Für Metin Cin, Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Gemeinde Alpirsbach, war bereits am Montag klar: „Wir müssen helfen.“ Die Verbindung zur Türkei sei auch Jahre nach seinem Umzug nach Deutschland ungebrochen. „Wir kommen ursprünglich aus dem Südwesten der Türkei“, erzählt er. Erdbeben habe er dort als Kind miterlebt. „Während eines Erdbebens“, erinnert er sich, „stand ich auf einem Feld. Es waren richtige Wellen zu sehen.“ Selbst Kühe seien von dieser Naturgewalt umgeworfen worden.

Cin habe Angehörige in der Großstadt Kahramanmaraş. Sein Cousin lebe dort, erzählt er. „Die Erdbeben haben in Kahramanmaraş eine Stärke von 7,8 erreicht.“ Seinen Angehörigen gehe es gut, sagt er mit Erleichterung in der Stimme. Auch ihr Haus stehe noch. Es befinde sich im erdbebensicheren Neubaugebiet.

Altstadt liegt in Trümmern

Die Altstadt allerdings, so Cin, liege in Trümmern. Wer noch ein Auto habe, übernachte darin. Zu gefährlich sei es in den Häusern. „Die Straßen sind geschlossen. Es gibt kein Benzin.“ Seine Stimme bricht weg. Er muss kurz durchatmen.

Dann erzählt Cin von Mitgliedern des Vereins, die Verwandte in der Provinz Hatay haben. Von der vierköpfigen Familie seien bislang lediglich der Vater und eine der Töchter schwer verletzt gefunden worden. Die Mutter und die zweite Tochter werden unter den Trümmern vermutet.

Gemeinsames Gebet

Vereinsmitglied Durdu Demirkaynak blickt zurück: „Als ich am Montag früh morgens vom Erdbeben erfahren habe, konnte ich mir die Bilder zuerst nicht anschauen.“ Der Schock sei zu gewaltig gewesen, beschreibt sie. Schnell habe sich bei ihr ein Gefühl der Ohnmacht breit gemacht.

Auch Metin Cin ging es so. Um dieses Gefühl zu vertreiben, rief er beim Ordnungsamt an, um einen Stand auf dem Alpirsbacher Wochenmarkt anzumelden. Zwischen Feinkost- und Metzgerei-Stand sammelte Cin am Mittwochmorgen, seinem Geburtstag, von 8 bis 12 Uhr Spenden, zeigte Interessierten Bilder vom Erdbebengebiet, schenkte Tee und Kaffee aus. Unterstützt wurde er dabei von seiner Familie und von Vereinsmitgliedern. „Hier werden wir auch kommende Woche anzutreffen sein“, sagt Cin. „Schmerzen können wir nur vergessen, wenn wir zusammen helfen.“

Kein überstürzter Aktionismus

Der Imam der Türkisch-Islamischen Gemeinde Alpirsbach sei aktuell in der Türkei. Sobald er zurück ist, soll unter seiner Anleitung täglich gemeinsam für die Opfer der Erdbeben gebetet werden. „Jetzt ist Zusammenhalt gefragt.“ Die Gemeinschaft sei bei einer Katastrophe solchen Ausmaßes wichtig, findet Cin, damit sich niemand allein gelassen fühlt. So gehe es ihm aktuell, gesteht Cin. „Ich hätte mir gewünscht, dass mehr Leute aus Alpirsbach auf mich, auf den Verein zukommen und nachfragen, wie es uns geht und wie sie helfen können.“

Von überstürztem Aktionismus rate er ab: „Sachspenden können derzeit nicht angenommen werden. Im Erdbebengebiet herrscht Chaos. Am schnellsten hilft Geld.“ Cin überweise die Spenden täglich an den Dachverband des Vereins. Allein in den ersten zwei Tagen seien 5000 Euro von den Vereinsmitgliedern zusammengekommen, sagt er stolz.