Weihnachten steht vor der Tür, doch längst nicht alle können sich auf harmonische Feiertage im Kreis der Familie freuen. Bundesweit wird vor einem Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt gewarnt. Wie es in der Region aussieht und wie sich Betroffene schützen können.
Wer kennt sie nicht, die Werbespots, in denen glückliche Familien gemeinsam das perfekte Weihnachtsfest feiern? Mit opulent gedeckter Tafel, prachtvoll geschmücktem Baum und immer genau dem richtigen Geschenk für jedes einzelne Familienmitglied.
Die Realität sieht mitunter anders aus. Hektische Einkäufe kurz vor knapp, weil eben doch noch etwas fehlt. Lange Gesichter nach der Bescherung, weil das Gewünschte nicht dabei war. Schnell lägen da die Nerven blank, verschärften sich bestehende Konflikte, warnt die Frauenhilfe Freudenstadt.
Kein Anstieg über Feiertage
Bundesweit berichten Medien von einem Anstieg häuslicher Gewalt über die Feiertage. Ist das auch im Nordschwarzwald so? Wir haben beim Polizeipräsidium Pforzheim nachgefragt. Dort gibt es seit 2021 die Koordinierungsstelle häusliche Gewalt, die diese Fälle seit ihrer Gründung – so sie zur Anzeige kommen – gesondert erfasst.
Die Antwort überrascht. Ein Anstieg der Fallzahlen über die Feiertage sei in den Kreisen Freudenstadt und Calw nicht festzustellen, teilt die Pressestelle des Präsidiums mit. Lediglich während der Corona-Pandemie sei über die Weihnachtsfeiertage im Kreis Freudenstadt ein Fall von häuslicher Gewalt angezeigt worden.
Generell stelle man in der Region jedoch einen Anstieg der Fallzahlen an Wochenenden fest. Diese Auswertung decke sich auch mit dem Eindruck der Kollegen bei der Koordinierungsstelle häusliche Gewalt, dass Wochenenden stärker belastet seien als die Weihnachtsfeiertage. Wohlgemerkt – bei den Zahlen handelt es sich nicht um eine offizielle Statistik, sondern um eine Auswertung der beim Polizeipräsidium Pforzheim seit 2021 bekannt gewordenen Fälle. Ein Anspruch auf Vollständigkeit bestehe nicht, betont das Polizeipräsidium.
Häusliche Gewalt findet das ganze Jahr über statt
Beim Frauenhaus im Kreis Freudenstadt beobachtet man Ähnliches. Dort finden nicht nur Frauen aus der Region, sondern aus ganz Deutschland, Zuflucht. Über Weihnachten sei es jedoch vergleichsweise ruhig, gingen tendenziell weniger Anrufe ein als sonst, erklärt eine Mitarbeiterin der DRK-Einrichtung. Anders in der Zeit vor Weihnachten. In der Woche nach dem dritten Advent habe man in diesem Jahr deutlich mehr Anrufe schutzsuchender Frauen erhalten als in den Vorwochen.
Was einmal mehr deutlich macht: Häusliche Gewalt findet das gesamte Jahr über statt. Und geht alle an, wie die Frauenhilfe betont.
Das rät die Frauenhilfe
Opfer häuslicher Gewalt sollten möglichst Hilfe bei Freunden oder Nachbarn suchen und notfalls die Polizei rufen (11 0). Frauen können sich an das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Telefonnummer 116 01 6 wenden. Männer an das Hilfetelefon „Gegen Gewalt an Männern“ unter der Nummer 0800/12 39 90 0.
Wer Opfern häuslicher Gewalt nahe steht und beispielsweise im Freundeskreis oder der Nachbarschaft Anzeichen bemerkt, sollte keinesfalls wegschauen. Nach Möglichkeit solle man den Ausbruch unterbrechen, etwa indem man an der Tür klingle und unverfänglich nach Zucker frage, teilt die Frauenhilfe mit. Eskaliere die Situation, solle man die Polizei rufen.
Potenzielle Täter sollten, wenn sie bei sich Anzeichen von Aggressionen wahrnehmen, den Raum wechseln oder besser noch vor die Tür gehen. Ein kurzer Powerlauf könne helfen, Aggressionen abzubauen. Ebenso etwas zu trinken oder eine Kleinigkeit zu essen.
Um langfristig Wege aus der Gewalt zu finden, unterstützt die „FrauenHilfe Freudenstadt“ mit vertraulicher und kostenloser Beratung. Die Beratungsstelle ist ab dem 2. Januar wieder von Montag bis Freitag zwischen 9 und 12 Uhr und nach Vereinbarung unter der Telefonnummer 07441/52 03 07 0 erreichbar. Weitere Informationen: www.frauenhilfe-fds.de