300 Gäste in der Festhalle Rottenburg diskutieren über die Zukunft des Waldes – darunter Experten aus Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Forstwirtschaft. Gemeinsam wurden neue Lösungsansätze besprochen.
Unter dem Titel „Unsere Wälder – neue Zahlen, neues Denken!“ kamen rund 300 Interessierte aus Politik, Forstwirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft mit der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (HFR) zusammen, um aktuelle Entwicklungen, Risiken und Chancen rund um den Wald in Baden-Württemberg und Deutschland zu beleuchten. Zentrales Thema waren die Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2022, berichtet die HFR in einer Mitteilung.
Die Inventur zeigt: Die Wälder in Baden-Württemberg sind vielfältiger geworden, stehen aber unter Stress. Mischwälder und Biotopbäume nehmen zu, der Holzvorrat ist hoch – doch gleichzeitig nimmt der Holzzuwachs ab, und alte Nadelholzbestände geraten zunehmend unter Druck.
Steffi Heinrichs (HFR) warf einen forstökologischen Blick in die Zukunft. Sie stellte heraus, dass sich die heutigen Hauptbaumarten teilweise an klimatische Veränderungen anpassen können, sich aber unter dem Druck des Klimawandels Verschiebungen innerhalb dieser Gruppen abzeichnen. Heinrichs plädiert für eine differenzierte Waldstrategie: Baumarten, die wahrscheinlich zur künftigen potenziellen natürliche Vegetation (PNV) gehören (zum Beispiel Eichen- und Sorbusarten) sollten gezielt gefördert werden – durch angepasste Wildbestände, geeignete Durchforstungsstrategien und die Reaktivierung traditioneller Nutzungsformen.
Holzbau als Chance
Gleichzeitig betonte sie: Zum Erhalt der Produktivität ist Nadelholz unverzichtbar. Ein nach Standorten differenzierter Ansatz könne zu einer Art „funktionaler Segregation“ führen – mit stabilen Laubmischwäldern auf klimaanfälligen Standorten und produktiven Nadelholzbeständen auf Standorten, wo sie auch künftig risikoarm wachsen können.
Franz-Josef Risse vom Kreisforstamt Reutlingen berichtete, dass die Veränderungen der Gemeindewälder im Landkreis Reutlingen zu vielfältigen Herausforderungen führten– insbesondere bei der Verkehrssicherheit, dem Wildverbiss und der Arbeitssicherheit. Zudem setzt der Landkreis auf Privatwald- und Dauerwaldschulungen, um Waldbesitzende besser für die Klimaanpassung ihrer Wälder vorzubereiten.
Fokus auf nachhaltige Nutzung regionaler Holzvorräte
Bertil Burian (HFR) machte in seinem Beitrag deutlich: Holznutzung und Klimaschutz schließen sich nicht aus – im Gegenteil. Der Holzbau könne durch CO₂-Speicherung außerhalb des Waldes eine zentrale Rolle im Klimaschutz spielen.
Der Fokus müsse allerdings stärker auf die nachhaltige Nutzung regionaler Holzvorräte gelegt werden. „Das Bauen mit Holz ist klimapositiv. Wir müssen dieses Potenzial nutzen – für den Klimaschutz, für regionale Wertschöpfung und für die Bauwende“, betonte Burian.
Dialog soll weitergehen
Die HFR will diesen Dialog über spannende Wald- und Umweltthemen weiterführen – im Schulterschluss von Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft.