Im Hexenkessel brodelt es gewaltig. Foto: Reimer

Lodernde Flammen, schaurige Schatten und ein Bürgermeister im Kreuzverhör: Die Hexen erobern am Schmotzigen wieder die Stadt und läuten den Auftakt der Sulzer Fasnet ein. Den Zuschauern bietet sich ein Spektakel mit einer Überraschung.

Furchteinflößende Gestalten kriechen aus allen Ecken und Gassen. Nach Einbruch der Dunkelheit strömen die Hexen auf den Marktplatz. Ihr feuriges Spektakel läutet den Auftakt der Sulzer Fasnet ein. Zuvor brach allerdings für den Bürgermeister das letzte Stündlein an. Oder etwa doch nicht?

 

Man mag es dem neuen Schultes nachsehen: Kaum ist er im Amt, wird er schon von den Narren entmachtet. So ist es wenig verwunderlich, dass er versuchte seinem Schicksal zu entgehen – vergebens.

Kein Entkommen

„Mer sollt es net glauba, s’isch zom verrecka – wollt der sich doch zwischa seine Musiker Kollega verstecka“, verkündete Zunftmeister Timo Holst von der Bühne. Vor dem Polizeischantle gab es für den Bürgermeister allerdings kein Entkommen. Er spürte ihn auf und brachte ihn auf die Bühne.

Der Schultes hatte auch gleich eine Ausrede parat: „Seit dem 6. November, als es wurde bekannt gemacht – dass i werd Schultis, hen ihr mir koi vernüftige Klamotte herbracht.“ Also hatte Keucher kurzerhand zur Uniform des Musikvereins gegriffen und sich zu seinen Kollegen gesellt. Neue Klamotten für Keucher, der zum Amtsverweser gewählt werden musste? Für Timo Holst und die Narren vergeudete Mühe: „Zum verwesa, des sag i dir ens Gsicht glatt dranai – steck i di en koine neue Klamotta nei.“

Feierwütiger Schultes

All die Ausreden nützten nichts, das erkannte auch der Schultes. Doch er will die närrischen Tage unbedingt mitfeiern. In Sachen Feierlaune an der Fasnet stehe er Holst schließlich in nichts nach, betonte Keucher. Und außerdem seien sie beide ja Schillerhöher. Vielleicht lasse sich ja eine Fahrgemeinschaft bilden?

Dass Keucher weiß, wie man feiert, wollte Holst gar nicht erst abstreiten. Der Bürgermeister habe es an der Fasnet bisher schon ordentlich krachen lassen, seine närrische Ader sei der Zunft bestens bekannt. Der Präsident musste ihn offenbar sogar persönlich nach dem Hexenball und dem Glockenputzen nach Hause bringen: „Sonst woiß i net, ob und wann du do wärsch dort angekomma.“ Umso schöner, dass die Stadt nun das Taxi künftig bezahlen wird, freute sich Holst. So dick sei der Geldbeutel der Stadt dann doch nicht, erwiderte Keucher.

Als närrischer Bürgermeister freue er sich auf die kommenden Tage, gab Keucher zum Besten. Ohne Verpflichtungen könne er die Fasnet ganz unbeschwert feiern. „Do ka des Bier mir gemütlich in die Kehle fließa – on den Zunftball ka i au richtig genießa.“

Eine Neuheit für Sulz

Ein Bürgermeister, der die Fasnet mitfeiert? Das hat es in Sulz seit einem Vierteljahrhundert nicht gegeben. Für die Narren keine einfache Situation, mit rauchenden Köpfen wurde eine Lösung gesucht und gefunden. Keucher wird unter Aufsicht gestellt. Der Polizeischantle hält ein wachsames Auge auf ihn. Benimmt er sich daneben, droht ihm der Kerker. In Ketten wurde er nicht gelegt, er hat seine Fasnet-Tauglichkeit unter Beweis gestellt.

Im Licht des Feuers feierten die düsteren Gestalten den Fasnet-Auftakt mit ihrem schaurig-schönen Tanz. Im Sturzflug begaben sich weitere Hexen auf den Marktplatz. Die Sulzer Narren strömten unter den Klängen der Stadtkapelle vom Becherberg herab. Einer erfolgreichen Sulzer Fasnet ohne Einschränkungen steht nichts mehr im Weg.