170 Hasskommentare innerhalb weniger Stunden – darunter Gewaltandrohungen und sogar eine Todesdrohung: Peter Demmer hat schon viel erlebt bei seinem Einsatz gegen Rechtsextremismus, aber aktuell „nimmt es an Schärfe und Intensität zu“.
Was Peter Demmer, Kopf der Jugendinitiative „Immerwaslos“, seit der Ankündigung einer Podiumsdiskussion in Sozialen Medien am vergangenen Freitag erlebt, sei bisher beispiellos, wie er sagt. Obwohl er sich schon immer „bewusst war, dass ich im Fadenkreuz stehe“.
Auf dem Facebook-Profil „Albstadt News“ postete Demmer am Freitag, 7. Februar, die Ankündigung der Veranstaltung „Mein Nachbar, der Nazi“, einer Podiumsdiskussion zum Thema Rechtsextremismus, die am Donnerstag, 20. Februar, um 19 Uhr im KulTurm in Ebingen beginnt. Dort diskutieren die Verlegerin Irene Scherer, SPD-Bundestagsabgeordneter und -kandidat Robin Mesarosch, Konrad Flegr und Cord Dette, die allesamt ihre eigenen Erfahrungen mit Rechtsextremismus gemacht haben und auch von ihrer beruflichen Warte viel dazu sagen können.
170 Hasskommentare
„Innerhalb von viereinhalb Stunden kamen 170 Hasskommentare zu dem Post“, berichtet Demmer. „Es wurde zu Gewalt aufgerufen, meine Adresse veröffentlicht, und in einem Kommentar stand, ich solle doch nicht glauben, dass ich den 24. Februar, den Tag nach der Bundestagswahl, erleben werde.“
Weil selbst er, der oft für seinen Einsatz gegen Rechtsextremismus angefeindet wurde, eine solche „Schärfe und Intensität“ an Hasskommentaren noch nicht erlebt hat, fertigte Demmer Screenshots davon an und erstattete Anzeige bei der Polizei – inzwischen sind die Posts auf Facebook gelöscht: „Die Administratoren dieser Facebook-Gruppe sind wirklich super“, sagt Demmer dankbar.
Die Albstädter Polizei nehme die Drohungen sehr ernst und habe weitere Schritte eingeleitet, so Demmer. „Wir haben natürlich sofort ein erweitertes Sicherheitskonzept erstellt, um dafür Sorge tragen zu können, dass Jede und Jeder unbesorgt unsere Veranstaltung besuchen kann.“
Die Reichweite explodiert
In seinem eigenen Kommentar zu seinem Facebook-Post erklärt Demmer, dass die Veranstaltung eigentlich als eine kleine (mit rund 20 Besuchern) geplant gewesen sei, durch all die Reaktionen aber nun eine riesige Reichweite bekomme: „Ich denke, wir müssen jetzt mehr aufstuhlen.“
„Sehr nachdenklich“ macht Demmer freilich die Qualität der Kommentare: „Ich bin zum einen entsetzt, wie viele Leute sich hier augenscheinlich als ‚Nazi‘ identifizieren. Zum anderen, dass nicht mehr zwischen ‚Rechts‘ und ‚Rechtsextremismus‘ unterschieden wird – bei unserer Veranstaltung geht es, wie beschreiben, eindeutig um Letzteren.“ Der Abend sei „keine Anti-AfD-Veranstaltung“, betont Demmer ausdrücklich und fügt hinzu: „Nicht jeder AfD-ler ist ein Nazi – er wählt nur eine rechtsextreme Partei“. Auf Facebook kommentiert er: „Nationalsozialismus und Rechtsextremismus wieder normalisieren zu wollen, hat volksverhetzende Züge.“ Und weiter unten: „Diskussion ist gut. Gerne auch polarisierend. Passt aber auf, ihr Lieben, dass ihr auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung bleibt und nicht vergesst, dass Zivilisation sich auch an Umgangsformen messen lässt. Demokratie ist kein Fussballspiel – es geht nicht ums Gewinnen, sondern immer um Kompromisse.“
Nun hoffen Peter Demmer und die anderen Organisatoren vom Verein „Immerwaslos“, dass zur Veranstaltung am 20. Februar besonders viele Zuschauer kommen, die fair und sachlich diskutieren und sich bei Experten informieren wollen. „Je mehr kommen, desto unkomplizierter wird es“, betont er mit Blick auf einen sachlichen Verlauf des Abends.