Die Gäugemeinde sieht sich gefordert, weiteren Fledermaus-Ausgleichsmaßnahmen zuzustimmen, um den Start der Hesse-Bahn nicht zu gefährden.
„Immer wieder scheibchenweise“ komme die Höhere Naturschutzbehörde am Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) mit Forderungen nach weiteren Ausgleichsmaßnahmen für die Hermann-Hesse-Bahn (HHB), sagte Bürgermeister Rüdiger Klahm in der jüngsten Sitzung. Eine „dringende und kurzfristige“ Anfrage vom Zweckverband HHB nach zusätzlichen Flächen für etwa 150 weitere Fledermauskästen habe kürzlich die Gemeinde erreicht, heißt es in der Sitzungsvorlage.
Unverständnis und Unmut
Weil das RP auf der Sicherung der erforderlichen Flächen in FFH-Gebieten beharren werde, sollten der HHB die Waldflächen zur Verfügung gestellt werden, so die Auffassung der Gemeinde. Gleichwohl wurde das Unverständnis und teilweise auch der Unmut über das Vorgehen des RP beim Bürgermeister wie bei den Gemeinderäten recht deutlich.
Revierförster Jürgen Martinek hat schon Flächenvorschläge in FFH-Gebieten und angrenzenden Waldflächen gemacht, informierte Klahm. Dabei handelt es sich um bereits festgesetzte Refugien mit Habitatbäumen, also Flächen, die nicht mehr bewirtschaftet werden und um solche, bei denen der Biotopwert deutlich höher ist als der forstwirtschaftliche Nutzungswert.
Kein Flächenverlust
„Wir sind eigentlich Profiteur, weil wir keine Flächen verlieren“, sagte Klahm. Die Flächen seien ja schon stillgelegt. „Wir nutzen einen Mitnahmeeffekt und wir haben keine Arbeit damit.“ Die Gemeinde erhält vom Zweckverband eine Entschädigung von jährlich 1600 Euro über 25 Jahre, also gesamt 40 000 Euro. Trotzdem: „Ich sage nix mehr zum RP, aber zum Sinn der Maßnahmen drängen sich schon Fragen auf“, so der Schultes.
150 Bäume ausgewählt
Bauamtschef Rainer Bubser betonte, dass der Zweckverband die Wartung der Fledermauskästen und auch das Monitoring übernimmt. Etwa 115 Bäume habe Martinek ausgewählt, „das sind eh schon Habitatbäume, da kommen die Kästen einfach drauf“.
„Ich kann’s nicht mehr nachvollziehen“, äußerte Jörg Nonnenmann (FW) seinen Unmut, „mit gesundem Menschenverstand kann man es nicht mehr verstehen“. Es sei kein Thema der Naturschutzverbände, betonte der Bürgermeister, „der BUND will’s nicht, der Nabu nicht und der Zweckverband nicht, es ist allein die Höhere Naturschutzbehörde, das muss mal klar gesagt werden“. Es nerve die Bürgermeister, den Zweckverband und alle Beteiligten. „Aber wir brauchen bis zum 30. April 2025 die Planfeststellung, deshalb Augen zu und durch.“
Das Abstimmungsergebnis
Der Gemeinderat stimmte denn auch fast vollzählig zu, die Fläche für 150 weitere Fledermauskästen zur Verfügung zu stellen, lediglich Nonnenmann enthielt sich der Stimme.
Auch aus den Reihen der Zuhörer wurde Unverständnis über die enorm hohen Kosten für den Fledermausschutz bei der HHB deutlich. „Man hat den Eindruck, die Fledermaus ist wichtiger als der Mensch“, sagte Karl Herzog nach Ende der Sitzung, „was da passiert, ist menschenunwürdig.“ Er erlebe in der Betreuung älterer Menschen, dass hinten und vorne Geld fehlt, beispielsweise für die Kurzzeitpflege oder in den Altenheimen.