Nach den anderen Gäu-Gemeinden muss auch Althengstett Flächen im Wald für Ausgleichsmaßnahmen bereitstellen. 12,2 Hektar werden benötigt. Die Kommune bekommt dafür gut 400.000 Euro.
Die Fledermäuse und die Hermann-Hesse-Bahn (HHB) – das scheint eine endlose Geschichte zu sein. „Ich habe mir gedacht: ‚gehts noch‘“, erzählte Bürgermeister Rüdiger Klahm jüngst im Gemeinderat. Diesen Gedanken hatte Klahm, als der Zweckverband bei ihm vorstellig wurde und weitere Ausgleichsmaßnahmen für die Fledermäuse ankündigte – dieses Mal auf der Althengstetter Gemarkung. „Wir haben schon viel gemacht, aber das Regierungspräsidium kommt mit immer mehr Forderungen“, so Klahm.
Kernproblem Längst bekannt ist das Kernproblem, das schon zu Verzögerungen bei der Wiederinbetriebnahme der HHB führte. In den Bestandstunneln haben sich über die letzten Jahrzehnte zahlreiche Fledermäuse angesiedelt. Durch den bald kommenden Bahnverkehr werden diese gestört, möglicherweise auch in ihrer Zahl dezimiert.
Es entsteht eine „Populationsdelle“
„Populationsdelle“ nennt das der Zweckverbands-Geschäftsführer Thomas Huck. Und weil die Fledermäuse unter strengem Schutz stehen, müssen Ausgleichsmaßnahmen her.
Forderungen Eigentlich hatte sich der Zweckverband deshalb mit dem NABU auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Der hatte erst gedroht, gegen die HHB zu klagen. Das konnte abgewendet werden. Doch der oberen Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium in Karlsruhe reichte das nicht aus. Sie stellte weitere Forderungen. Werden diese nicht erfüllt, bekommt die HHB nicht die notwendigen Genehmigungen für den Betrieb.
Also hat sich der Zweckverband wieder Gedanken gemacht, wie die Forderungen erfüllt werden können. So wurde zum Beispiel Wald in Ostelsheim stillgelegt. In Gechingen wird eine Waldweide umgesetzt. All diese Maßnahmen sollen Lebensraum und Brutmöglichkeiten für die Fledermäuse schaffen – und so eine mögliche Populationsdelle verhindern.
Pläne Und eine solche Maßnahme soll nun auch in Althengstett umgesetzt werden. Die Pläne dafür stellte Huck im Gemeinderat vor. Auf 12,2 Hektar soll die forstwirtschaftliche Nutzung komplett eingestellt, sprich ein Waldrefugium geschaffen werden. Langfristig soll sich so dort Laubholz durchsetzen und den für Fledermäuse passenden Lebensraum erhalten. Diese Flächen befinden sich im Bereich Köpfle und Hube. Das sind Gebiete oberhalb der Straße nach Ostelsheim entlang der Verlängerung des Weilemer Wegs. Die Kommune verpflichtet sich laut Vertrag, diese Waldrefugien 25 Jahre zu erhalten. Dafür bekommt sie knapp 402 000 Euro. Dieses Geld soll den Verlust durch die ausbleibende wirtschaftliche Nutzung des Waldes ausgleichen.
Das gleiche Geld für die Hälfte der Fläche
Das sei eine „anständige Entschädigung“ fand Klahm. Er erinnerte daran, dass die Kommune erst vor kurzem nicht an dem Förderprogramm zum klimaangepassten Waldmanagement teilgenommen habe. Damit habe man sich zwar Geld entgehen lassen. Aber vielleicht hätte man dann nicht mehr ausreichend Flächen für die HHB-Fledermäuse gehabt. Jetzt bekomme man eigentlich das gleiche Geld, für die Hälfte der Fläche wie sie beim klimaangepassten Waldmanagement gefordert war, so Klahm.
Stimmen „Die Maßnahmen sind akzeptabel und tuen nicht weh“, meinte Lothar Kante (SPD). Auch der Forst sehe das positiv – und es gebe Geld für die Kommune. Kante erinnerte daran, dass ohne Umsetzung der Maßnahmen die HHB nicht fahren könne. Deshalb müsse man zustimmen.
Rainer Kömpf (UW) meinte ebenfalls, dass der Gemeinderat nicht durch eine unüberlegte Entscheidung die HHB in Gefahr bringen solle. Die sei ein Projekt, von dem alle profitierten. Allerdings gerate die HHB durch die vielen Ausgleichsmaßnahmen in eine schlechtes Licht. Er fragte Huck, wie hoch die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen an den gesamten Kosten der HHB seien. Huck meinte etwa 25 Prozent. Das wären bei 80 Millionen Euro Gesamtkosten etwa 20 Millionen Euro für Ausgleichsmaßnahmen.
Geld der Steuerzahler
Jörg Nonnemnann (FW) erinnerte daran, dass das alles Geld der Steuerzahler sei. „Die Maßnahmen sind ohne Maß und Ziel“, meinte er. Umwelt- und Artenschutz seien wichtig. Das was bei der HHB gemacht werde, sei aber zu viel. Er hoffe, dass das Regierungspräsidium nicht noch mit weiteren Forderungen kommt. Diese Befürchtung äußerte auch Martin Jourdan (UW). Außerdem warnte er vor „explodierenden laufenden Kosten“ der HHB.
Philipp Jourdan (Grüne) sah dies anders. „Die Menschheit hat für Eingriffe in die Umwelt in den letzten Jahrzehnten keinen Ausgleich gemacht“, meinte er. Das Ergebnis sehe man jetzt. Und deshalb müsse man diesen Ausgleich eben jetzt machen.
Der Gemeinderat stimmte mehrheitlich für die Ausgleichsmaßnahmen im kommunalen Wald. Stefan Kömpf (FW) und Martin Jourdan (UW) stimmten dagegen. Jörg Nonnenmann (FW) enthielt sich.