Bürgermeister Michael Lehrer (von links) zeigt das Goldene Buch der Gemeinde, in das sich die Fahrer Benny Heizmann, Manfred Laufer und Stefan Krischak mit ihrer Unterschrift verewigten. Frank Hetzel war verhindert und erhält die Ehrung nachträglich. Foto: Herzog

Einsatz für die Unschuldigen: Bürgermeister Michael Lehrer hat Benny Heizmann, Frank Hetzel, Stefan Krischak und Manfred Laufer für ihre Fahrt an die polnisch-ukrainischen Grenze geehrt, wo sich geflüchtete Familien abholten.

Aichhalden - Seit den 24. Februar herrscht wieder Krieg in Europa, erinnerte Bürgermeister Michael Lehrer bei seiner Ansprache im Rahmen der Gemeinderatssitzung am Dienstag. Eine ukrainische Zeitung habe kurz vor der Invasion geschrieben, dass es sich bei den Auseinandersetzungen zwischen Russland der Ukraine um einen Konflikt zweier gegensätzlicher Weltanschauungen handle. Dies scheine der Kernpunkt zu sein.

Erfolgreicher Internet-Aufruf

Die Diskrepanz zwischen Autokratie und Demokratie stelle auch die Gemeinde Aichhalden vor Herausforderungen. Eine Woche nach Kriegsausbruch habe der amerikanische Musiker Ben Roundtree, der mit seiner Familie in Rötenberg lebt, im Rathaus angefragt, ob die Gemeinde ukrainische Familien aufnehmen könne. Er habe mit der Bitte um etwas Vorlauf zugesagt, schilderte Lehrer. Nach dem Angriff der russischen Streitkräfte auf ein ukrainisches Atomkraftwerk sei dann aber Eile geboten gewesen. "Die von Roundtree genannten Familien wollten fliehen, weil es in ihrer Nähe ebenfalls ein Atomkraftwerk gibt. Es musste auf die Schnelle nach Wohnraum gesucht und das Abholen der Flüchtenden an der polnisch-ukrainischen Grenze organisiert werden", beschrieb Lehrer die Situation. Über das Internet sei ein Anruf nach freiwilligen Fahrern mit einem Kleinbus gestartet worden. "Ich war total perplex, wie schnell sich Personen gemeldet haben, ohne zu wissen, was auf sie zukommt", so der Bürgermeister.

Fahrer nehmen teils Urlaub

Benny Heizmann, Frank Hetzel, Stefan Krischak und Manfred Laufer hätten zum Teil Urlaub beantragt, um diesen humanitären Einsatz übernehmen zu können. Was diese vier Männer motiviert habe, sich uneigennützig in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, könne er nicht sagen. "Langeweile war es sicher nicht. Eher der Wunsch zu helfen und auch ein wenig Abenteuerlust", spekulierte Lehrer. Er erinnere sich noch gut an jenen Montagabend, als die Hilfsgüter in die zwei Busse geladen wurden. Die Ungewissheit, was die nahe Zukunft für die vier Fahrer bringe, sei förmlich greifbar gewesen.

Banges Warten auf die Familien

Bis zur ukrainischen Grenze sei alles ohne Probleme verlaufen. Danach warteten die Helfer zehn lange Stunden, bis die Familien es an den Treffpunkt schafften. Weil eine Familie einen anderen Grenzübergang benutzt habe, seien deren Plätze von anderen Geflüchteten besetzt worden. "Sie können mir glauben, auch ich habe mitgefiebert und gebangt, dass alles gut geht", schilderte Lehrer seine Gemütslage. Bei der Rückreise habe es nur eine kleine Pause in der Nacht gegeben. Am 9. März empfing die Gemeinde die Familien.

Hilfsbereitschaft im Ort ist groß

Für ihn seien die vier Fahrer ein Symbol der Hilfsbereitschaft, die in der Gemeinde überaus hoch sei. Der Spendenaufruf sei ebenfalls auf große Resonanz gestoßen. Wohl deshalb, weil die Spender genau gewusst hätten, wem und wie geholfen werde. Diesen Spendern, den vier Fahrern, den Familien Meng und Weigold für die zur Verfügung gestellten Wohnungen sowie den Mitarbeitern der Verwaltung und des Bauhofs sowie dem DRK-Ortsverein gelte sein Dank. "Besondere Ereignisse müssen an besonderer Stelle festgehalten werden. Deshalb darf ich die Fahrer bitten, sich ins goldene Buch der Gemeinde einzutragen", sagte Lehrer nach dem Überreichen der Urkunden.