Comedienne Lisa Feller ist häufig im Fernsehen zu sehen, etwa als Moderatorin der „Ladies Night“ im ARD. Foto: Ralf Graner Photodesign

Massentaugliche Lyrik, Alltagskomik mit einer bekannten TV-Comedienne, schwäbische „Äffle & Pferdle“-Nostalgie und flapsig-schonungslose Comedy bei Heinrich Del Cores Comedy Club: Die 300 Gäste im ausverkauften Kapuziner waren restlos begeistert.

Überraschungsgäste lösen beim Schwaben an sich eher weniger Begeisterung aus – Heinrich Del Cores Comedy Club ist da die Ausnahme. Große Namen der Szene, personifizierte Kultfiguren, Poesie und bitterböser Witz: Mit seiner Auswahl hatte del Core beim Publikum einmal mehr ins Schwarze getroffen.

 

Ehrensache, dass der Gastgeber an diesem Montagabend auch etwas aus seinem Comedy-Nähkästchen zum Besten gibt. Die beste Quelle für Gags ist da der Alltag. Zum Beispiel, wenn er zum String-Tanga-Kauf für die Frau losziehen soll und ihm plötzlich klar wird, woher die Redewendung „den Faden verloren“ kommt.

Rund 300 Gäste amüsieren sich köstlich. Foto: Ralf Graner Photodesign

Oder wenn mancher Trend – wie der, aus Plazenta Globuli zu machen – noch nicht ganz bei ihm angekommen ist und del Core glaubt, die Ankündigung eines Mutterkuchens sei eine Aufforderung, die Nachbarn zum Kaffee einzuladen.

Aktuelle „Gedichterstattung“

Danach ist es Zeit für ein bisschen missverständnisfreie Lyrik von der „sprechenden Kondolenzkrawatte aus Kiel“ – oder Helge Thun, wie der erste Gast mit bürgerlichem Namen heißt.

Helge Thun bringt „lyrische Kleinode“ auf die Bühne. Foto: Ralf Graner Photodesign

Der lässt sich in seiner „aktuellen Gedichterstattung“ über Zeitungsmeldungen, wie Marihuana-Vorräte in der Unterhose, aus – und macht sich, im wahrsten Sinne des Wortes, einen Reim darauf. Und das so flott, dass der Lacher des Publikums manchmal erst verzögert kommt. Alles kein Problem: „Manche Lyrik muss man wirken lassen“, weiß der Künstler.

So heißt es in einem dieser „Kleinode der deutschen Lyrik“ zur Meldung eines 80-jährigen Bankräubers: „Die Idee war eigentlich ganz hell, denn kommst du einmal finanziell in Bedrängnis: Spar dir das Heim, geh’ ins Gefängnis.“ 

Herrliche Missverständnisse

Kein Blatt vor den Mund nimmt auch die einzige Frau in der Männerrunde: Comedy-Größe Lisa Feller, etwa durch ihre Moderation der „Ladies Night“ im ARD bekannt. Um sie zum Auftritt zu bewegen, habe es nur den Kartoffelsalat von Heinrich del Cores besserer Hälfte gebraucht, erfährt das Publikum.

Und das ist sofort eingenommen von der rheinischen Frohnatur, die so herrlich herzerfrischend, frech von der Leber weg aus ihrem Leben erzählt. Von der „Freude“ etwa, Mutter von zwei Jungs zu sein, die sich früher Bügelperlen in die Nase schoben, und denen sie heute peinlich ist.

Von Missverständnissen in Amsterdam, weil ein „Ik kom klaar“ am Parkautomaten nicht dasselbe bedeutet wie in Deutschland, sondern zur Rubrik Bettgeflüster zählt. Von Besuchen im Unterwäsche-Geschäft, wenn der dort arbeitende ältere „Miedersaurus“ mit in die Kabine kommt und mitleidslos meint: „Och, das hängt aber nicht schön“. Oder davon, geblitzt zu werden, den Polizisten genervt zu fragen „Wie viel?“ und auf seine Antwort („35 Euro“) zu erwidern: „Das klingt fair, steig ein!“. Diagnose: Comedy-Tourette.

Sympathischer Schwabe

Was bei Lisa Feller die einnehmende Art, ist bei „Quotenschwabe“ Markus Zipperle das Sprachorgan. Mit dem erweckt er nicht nur „Äffle & Pferdle“ zum Leben – und begeistert die Zuhörer im Kapuziner mit dem „Hafer- und Bananenblues“ –, sein Mund wird auch zum Instrument, mit dem er geradezu aberwitzige Töne erschaffen kann. Da wären die „Baldrianzäpfle“, die er vorher zur Beruhigung gelutscht hat, gar nicht nötig gewesen.

Markus Zipperle ist der „Quotenschwabe“ mit dem beeindruckenden Mundwerk. Foto: Ralf Graner Photodesign

Der Profi schwäbischer Mundart mit diagnostizierter „verbaler Inkontinenz“ – „ich kann’s it heba“ – erinnert die Zuschauer aber auch an seine und deren Jugend, bringt Werbejingles à la „Schönes Haar ist dir gegeben, lass es leben“ wieder in Erinnerung und klärt wichtige Fragen. Etwa, warum der „wandelnde Bodenfrostmelder“ neben dem Zwei-Meter-Mann auf der Herrentoilette dauernd so nervös blinzelt – „’s spritzt a weng“.

Auf leisen Sohlen

Nach dem Sieg im Frontalangriff auf die schwäbischen Lachmuskeln, kommt der nächste Gast auf leisen Sohlen, doch nicht minder zielsicher daher. Sein Witz schleicht sich heimlich an, zunächst unbemerkt hinter seinen scheinbar beiläufigen Erzählungen, bis er zuschnappt – dann aber ordentlich. Der eloquente Nils Heinrich – „gleiches Baujahr wie die Carolabrücke in Dresden“ – bestach im Kapuziner mit bitterbösen, bissigen und bemerkenswert einfallsreichen Einwürfen und Erzählungen.

Nils Heinrich kümmert sich um den Fachkräftemangel. Foto: Ralf Graner Photodesign

So stellten er und seine Frau in der Corona-Zeit fest: „Wir müssen uns seltener sehen, sonst ist hier überall Blut.“ Bei zwei Brillenträgern war dieses Problem zum Glück schnell gelöst. Und auf die Aufforderung seiner Frau („Lass uns mal was mit Hand und Fuß machen“) habe man dann auch „zwei Mietnomaden und Mitesser in die Welt gesetzt.“

Im Radio war außerdem vom Fachkräftemangel die Rede, da habe man sich vorgenommen: „Komm, wir machen einen Fliesenleger!“ Mit Namen Kachel Gott. Und hoffentlich einem „Plattenvertrag“ eines Tages.

Finale im Kapuziner Foto: Ralf Graner Photodesign

Ja, beim Blick in die Zukunft könne einem schon bange werden. In Berlin gebe es 300 Busfahrer zu wenig und 6000 Podcaster zu viel. Heinrich ist sich sicher: Eines Tages wird die Bundeswehr die Kinder per Panzer zur Schule bringen müssen, wo sie dann von einem Quereinsteiger unterrichtet werden, der früher vielleicht mal Busfahrer war.

Mit dieser rosigen Aussicht und maximal beanspruchten Lachmuskeln werden die Zuschauer nach einem einmal mehr unglaublich unterhaltsamen Montagabend im Kapuziner verabschiedet. Wehmut ist trotzdem nicht angebracht, die nächsten Termine des Comedy Clubs von Heinrich del Core stehen bereits fest: 13. Oktober und 17. November.