Am Sonntag gegen Union Berlin kehren die organisierten Fangruppen des VfB Stuttgart zurück. Dennoch wird das Stadion nicht voll sein, denn die Anhänger sind gespalten.
Stuttgart - Sie kommen zurück, die Ultras des VfB Stuttgart. Geschlossen, erwartungsvoll, organisiert. Das haben sie über das Commando Cannstatt angekündigt, da die Mercedes-Benz-Arena erstmals seit dem Coronalockdown im März 2020 wieder voll besetzt werden darf. Und an diesem Sonntag gegen Union Berlin ist es so weit. Fahnen, Trommeln, Gesänge – in der Cannstatter Kurve wird es hoch hergehen, und die Stimmung soll aus dem Epizentrum der Anhängerschaft wie früher auf das gesamte Stadion übergehen, Fans und Team mitreißen.
Dabei wird es schon eine Stunde vor dem Anpfiff laut werden. Die Anhänger treffen sich im Umlauf ihrer geliebten Stammkurve zum Einsingen. Ein neues Lied wird zu hören sein, und es soll zur alten Atmosphäre beitragen. „Man hat zuletzt gesehen, was die Zuschauer für eine unfassbare Energie entfachen können“, sagt der Trainer Pellegrino Matarazzo. Schon gegen die TSG Hoffenheim (3:1) fühlte sich die Mannschaft bestens unterstützt – von nur 25 000 Zuschauern. Diesmal werden wohl knapp über 30 000 Besucher da sein, obwohl deutlich über 50 000 möglich wären und der VfB nach dem Übergang von der 3-G zur 2-G-Regelung zunächst mit 40 000 Fans gegen die Eisernen liebäugelte.
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Doch die Realität ist eine andere, weil der Schwabe während der Pandemie offenbar einen längeren Anlauf benötigt als der Rheinländer. Denn in Nordrhein-Westfalen verkaufen sich Tickets leichter. In der weiß-roten Zurückhaltung spiegelt sich jedoch wider, dass die Fußballanhänger in der Frage, ob volle Ränge angemessen erscheinen, gespalten sind.
Ein hochsensibles Thema ist das, da zunächst ja auch ungeimpft getestete Personen die Stuttgarter Stadiontore passieren durften. Jetzt sind nur noch Geimpfte und Genesene zugelassen. Das passt nicht allen. Geblieben ist jedoch die breite Meinungspalette, die sich auch bei Umfragen in Fanclubs zeigt. Repräsentativ sind diese natürlich nicht. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass eine Mehrheit die 2-Regelung begrüßt und nun auch wieder zum Stadionerlebnis tendiert.
Das sagen die Fans
„Ich unterstütze die Vorgehensweise des VfB. Die 2-G-Regel reduziert die Risiken auf Personen, die, falls ein Erkrankter durchrutscht, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht schwer erkranken. Daher ist eine höhere Zuschauerzahl vertretbar. Wenn man nun den wirtschaftlichen Aspekt für den VfB hinzuzieht, kann man fast schon von einem zwingenden Vorgehen sprechen“, sagt beispielsweise der VfB-Fan Daniel Pfofe aus Kornwestheim. Abwartend verhält sich Sabrina Müller aus Waldenbuch: „Momentan ist der größte Grund, nicht ins Stadion zu gehen, der Weg dorthin. Ich möchte mich momentan einfach nicht in eine volle S- oder U-Bahn setzen. Ich habe jeden Tag Kontakt zu Kindern, da passe ich einfach auf. Im Stadion selbst würde ich mir diesbezüglich keine Gedanken machen! Und ja, es schmerzt. Ich warte jetzt noch ein bisschen ab.“
Dazwischen hängt der Club, für den selbst in Zweitligazeiten der enorme Zuschauerzuspruch ein Selbstläufer war. Jetzt wird um die Rückkehr der Fans gekämpft, auch aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit. Denn mehr Einnahmen bedeuten an anderer Stelle weniger Ausgaben. Thomas Hitzlsperger sieht zudem ein Problem zwischen Nähe und Distanz gerade während der Coronakrise. „Club, Fans, Region sind eng verbunden, emotional, aber auch räumlich, durch gemeinsame Erlebnisse wie die Spiele oder andere Treffen“, sagt der Vorstandsvorsitzende.
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Seit Monaten soll jedoch Abstand gehalten werden. Diesen gilt es wieder abzubauen, ohne den Infektionsschutz zu vernachlässigen. „Und ich bin sicher, dass unsere Fans selbst so bald wie möglich beweisen wollen, dass der VfB nach wie vor eines der am besten gefüllten, stimmungsvollsten Stadien Europas vorweisen kann“, sagt Hitzlsperger.