Immer im Herbst fand in Winzeln das Rottweiler Jahrgericht statt. Foto: © Volker Witt – stock.adobe.com

Vom Jahrgericht, dem Dorfgericht und Landespolizeiposten – ein Blick in Fluorn-Winzelns Vergangenheit zeigt, wie damals Recht gesprochen und durchgesetzt wurde.

Fluorn-Winzeln - Konnten die Bürger in Fluorn und Winzeln ihre Abgaben und Steuern nicht begleichen, hatte der Gemeindevorsteher, in Winzeln der Schultheiß und in Fluorn der Vogt, als letztes Zwangsmittel den Anteil an der Allmend zu entziehen.

Der Winzelner Schultheiß wurde auf dem Rottweiler Jahrgericht gewählt, der württembergische Vogt in Fluorn wurde bis ins vergangene Jahrhundert hinein von der Herrschaft ernannt und übte sein Amt lebenslänglich aus.

Alljährlich im Herbst fand in Winzeln das Rottweiler Jahrgericht statt. Der Magistrat der Freien und Reichsstadt Rottweil entsandte dazu den Obervogt, einen Zunftmeister und Reichssekretär, als Protokollführer. Zur Teilnahme waren alle männlichen Bürger verpflichtet. Die Gemeinde zahlte ihnen ein "Zehrgeld".

In den Kommunen bestanden Ortsgerichte, die Urteile in einfachen privatrechtlichen Streitigkeiten fällten, zum Beispiel bei Grenzverläufen, aber auch in Strafsachen, bei Feld- und Forstdiebstählen oder bei Beleidigungen. Überwiegend war ihre Aufgabe die des Friedensgerichts, das einstweilige Verfügungen erlassen und bei liquiden Forderungen die Rechtshilfe vollziehen konnte. Die gemeindlichen Friedensgerichte wurden erst 1980 abgeschafft.

Das Gemeindegericht des altwürttembergischen Ortes Fluorn setzte sich aus vier Personen zusammen. Vorsitzender war der Vogt, später Schultheiß genannt. Die drei Richter waren Mitglieder des Gemeinderates und von diesem bestellt worden. Sie hatten den Richtereid zu leisten.

Bis zu vier Reichstalern

Winzeln hatte, solange es zu Rottweil gehörte, ein Dorfgericht, bestehend aus dem Schultheiß und neun Richtern. Nachdem das Gebiet der Reichsstadt 1804 zu Württemberg gekommen war, erhielt Winzeln die württembergische Gemeindegerichtsverfassung. Die Schultheißen von Fluorn und Winzeln konnten Strafen bis zu vier Reichstalern oder einer zweitägigen Einsperrung aussprechen.

Noch eine altwürttembergische Einrichtung wurde in das neue Königreich Württemberg übernommen, der Kirchenkonvent. Er setzte sich aus Ortspfarrer, Schultheiß und den drei Richtern aus dem Gemeinderat zusammen. Sie waren mit ihren Strafurteilen, besonders bei Sittenverfehlungen, nicht zimperlich.

Nachdem Winzeln württembergisch geworden war, fand das 1822 eingeführte württembergische Ruggericht als nachfolgendes Rottweiler Jahresgericht alle drei Jahre in Anwesenheit des Oberamtmanns, des Pfarrers, des Schultheißen und der Gemeinderäte statt. Die Teilnahme der Bevölkerung war im Gegensatz zum Rottweiler Jahresgericht freiwillig.

Zunächst wurden Gesetze und Ordnungen verkündet und erläutert. Dann konnte jeder beim Oberamtmann Beschwerden gegen Schultheiß, Gemeinderat oder einzelne Gemeindebedienstete (währen ihrer Abwesenheit) vorbringen.

Diese Institution bestand bis 1981 und wurde dann durch die alle drei Jahre stattfindende Gemeindevisitation abgelöst.

Der Büttel, in neuerer Zeit Amtsdiener genannt, war zu keiner Zeit ein polizeiliches Vollzugsorgan der Gemeinde. Er war immer der Helfer des Schultheißen oder Vogtes. Er läutete mit der Ortsschelle den Gemeinderat zusammen. Auch verkündete er die amtlichen und privaten Bekanntmachungen. Der staatliche Landjäger entwickelte sich 1823 aus dem 1811 aufgestellten Württembergischen Gendarmeriecorps. Ein Landjäger befand sich in Fluorn. Die Gemeinde Fluorn-Winzeln lag zeitweise im Streifbereich der Stationen Dornhan und Aichhalden.

Polizei neu geordnet

Nach der Gründung des Deutschen Reiches wurden 1877 die gemeindlichen Polizeiorgane Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Der frühere Tagwächter bekam den Dienstgrad des Gemeinde-Polizeiwachtmeisters.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1945 die Polizei im neu gebildeten Land Südwürttemberg-Hohenzollern als Landespolizei neu geordnet. Der Gendarmerieposten Fluorn blieb als Landespolizeiposten bestehen. Er war für die Orte Fluorn, Peterzell, Römlinsdorf, Reutin, Aischfeld und Hönweiler zuständig. Die Gemeinde Winzeln gehörte zum Landespolizeiposten Waldmössingen.

Im Zuge der Motorisierung und Ausstattung mit Funk wurde 1962 der Landespolizeiposten Waldmössingen aufgelöst. Winzeln gehörte ab diesem Zeitpunkt zum Landespolizeiposten Fluorn.

Nach der Verwaltungsreform 1972 wurde auch der Landespolizeiposten Fluorn aufgelöst. Die polizeilichen Aufgaben werden seither vom Polizeirevier Oberndorf wahrgenommen.