Historie: Blick auf ein altes Handwerk

Unter den 106 Handwerkern, die 1720 in Schiltach schafften, waren auch vier Hafner. Doch hieß es, dass "einer dem anderen Abbruch tut und sie meist arm sind". Erschwerend war, dass sie "die nötige Erde nicht in der Nähe haben und weit herbringen müssen". Der Blick auf ein altes Handwerk.

Schiltach. 1813 gehörten die Hafner zur Zunft der Bauhandwerker und stellten Back- und Kachelöfen, Häfen, Krüge sowie Tischgeschirr her. Ihr Wappen auf der Zunfttafel im Museum am Markt zeigt eine kunstvolle Vase mit zwei Pflugscharen, wohl Symbole für das Graben des "Leimen" (Lehm).

Um 1850 gab es noch zwei Hafner. Wegen der Gefahr durch die Brennöfen hatten sie ihre "Häfnerhütten" außerhalb des Städtchens: Christian Arnold auf dem Grün, Mathias Bühler an der Schiltach. Letztere übernahm 1866 Christian Ziegler, "hiesiger Hafner". Sein Wohnhaus mit Verkaufsraum war in der Schramberger Straße. Später folgte er gern einem der Sprüche seines Handwerks – "Ohne Bier und ohne Wein soll der Teufel Töpfer sein" – und überließ die Arbeit dem Gesellen Friedrich Gutjahr.

Dieser stammte aus Ummerstadt in Thüringen, einem Zentrum der Töpferei, die dort günstige Bedingungen hatten: gute Tonvorkommen und genügend Holz. Schon 1666 erscheint ein "Meister Gutjahr". Tradition war, dass die Gesellen zwei Jahre auf Wanderschaft gingen, bevor sie Meister werden konnten. Dies beherzigte auch der 25-jährige Friedrich, den es nach Süddeutschland zog. 1887 kam er nach Offenburg, wo er als Ofensetzer arbeitete. Ein Foto zeigt ihn mit 30 Kollegen des dortigen "Gesellenvereins", darunter Johann Christian Ziegler aus Schiltach.

Als Friedrich 1889 weiterzog, bescheinigte ihm sein Meister, dass er "sich als fleißiger und solider Arbeiter betragen" habe und wünschte ihm "für sein ferneres Fortkommen Glück".

Sein Drang, die Welt kennenzulernen, führte Friedrich einige Zeit in die USA, nicht ohne eine Adresse für die Rückkehr im Gepäck: die des Hafners Ziegler in Schiltach. Dessen Sohn war in Offenburg sein Mitgeselle, die Tochter schickte ihm Briefe mit eingelegten Blumen. So kam er nach Schiltach, wo er tatsächlich "Glück" und "Fortkommen" fand: 1896 heiratete er Justine Ziegler, 1902 übernahm er, selber Hafnermeister, Geschäft und Wohnhaus.

Er erhielt die badische Staatsangehörigkeit und das Bürgerrecht der Stadt Schiltach. Bis dahin hatte er mit seiner Frau vier Kinder, die sich bis 1914 auf elf vermehrten. Dass Friedrich Gutjahr angekommen war, zeigte auch der rauchende Töpferofen an der Schiltach, den einfache, robuste Irdenware verließ: auf der Scheibe gedreht, glasiert, mit Ziermotiven oder Sprüchen bemalt, dann gebrannt. Von Ummerstadt kannte er Sinnsprüche wie: "Ob gut, ob schlecht das Jahr auch sei, ein bisschen Frühling ist immer dabei" oder "Oh du edler Gerstensaft, Wasser gibt mir keine Kraft." Die Käufer kamen in den Laden in der Schramberger Straße, doch ging der "Häfner" auch auf die Märkte. Problem war nach wie vor der Lehm. Ein gutes Vorkommen war die "Leimengrube" bei Waldmössingen, die auch die Schramberger Majolika belieferte, mindere Qualität gab es vor Heubach.

Die Krise kam nach dem Ersten Weltkrieg: Industriell gefertigte Keramik setzte sich durch, Email- und Aluminiumgeschirr kamen auf, dann ließ das Verbot der Glasur mit Bleizusätzen das Töpferhandwerk einbrechen.

So verlegte sich sein Sohn und Nachfolger Christian Gutjahr (1904 bis 1994) als Ofensetzermeister auf den Bau und die Reparatur von Kachelöfen, von denen ein schönes Exemplar noch die Gaststube der "Alten Brücke" ziert. Auch "rußte" er in und um Schiltach die Ofenrohre in Küchen und Stuben, der "rußigen" Umstände wegen bei den Hausfrauen eher gefürchtet. Schließlich wurden Ölöfen und -heizungen zur übermächtigen Konkurrenz, was auch hier das Ende des traditionellen "Häfner"-Handwerks bedeutete.