Eine junge Frau wurde über einen zur Show mit brühend heißem Wasser gefüllten Hexenkessel gehalten. Sie landete mit den Beinen im Kessel. Foto: Stephen Wolf/Archiv/dpa

33-Jähriger muss 110 Tagessätze zu je 60 Euro zahlen. Urteil etwas unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Heilbronn/Eppingen - Es sollte ein Spaß bei einem Fastnachtsumzug sein. Eine junge Frau wird mit den Beinen über einen Kessel mit heißem Wasser gehalten - von einem Teilnehmer, der als Hexe verkleidet ist. Doch dann gerät sie mit den Beinen in den Kessel und wird schwer verbrüht. Wegen seiner Verkleidung ist der Täter jedoch schwer zu identifizieren. Das Amtsgericht Heilbronn hat nun dennoch einen Mann deswegen verurteilt. Der 33-Jährige sei der fahrlässigen Körperverletzung schuldig, urteilte ein Richter des Amtsgerichts Heilbronn am Freitag.

Der Mann muss 110 Tagessätze zu je 60 Euro zahlen - also 6600 Euro. Damit blieb das Urteil etwas unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger hatte Freispruch für seinen Mandanten gefordert. Er kündigte Rechtsmittel an. Die Staatsanwältin hatte dem Angeklagten vorgeworfen, er habe am 3. Februar bei dem Fastnachtsumzug in Eppingen bei Heilbronn als Hexe verkleidet eine 18 Jahre alte Zuschauerin schwer an den Beinen verbrüht, indem er sie in einen Kessel mit heißem Wasser gestellt hatte.

Der Richter sah den Angeklagten, der seine Unschuld beteuert hatte, trotz seiner Verkleidung durch Zeugenaussagen eindeutig als Täter identifiziert an. Richter Oliver Raschke sagte in der Urteilsbegründung, Zeugenaussagen seien das mit Abstand unzuverlässigste Beweismittel. Im vorliegenden Fall hätten dazu noch schlechte Bedingungen geherrscht, es sei während des Fastnachtsumzugs dunkel, laut und eng gewesen. Dennoch hätten die Aussagen der verschiedenen Zeugen ein klares Bild ergeben.

"Es ist lebensfremd, anzunehmen, dass in dieser Zeit eine andere männliche Hexe mit Fellmantel und Maske da war, um die Frau in den Kessel zu stellen." Auf Fotos, die in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Tat aufgenommen worden seien, sei er zu erkennen. "Ich bin überzeugt, dass es sich bei der Hexe mit dem Fellmantel um den Angeklagten handelt."

Die 18-Jährige hat durch die Verbrühungen an den Beinen dauerhafte Beeinträchtigungen erlitten, die auch ihre beruflichen Pläne beeinträchtigen. Ihre Beine sind schwer vernarbt. Sie habe gerne Kleider getragen, das gehe nun nicht mehr, hatte die junge Frau während der Verhandlung gesagt.

Die Fastnachtsgruppe "Bohbrigga Hexenbroda", die seit Jahren mit einem Bollerwagen und dem dampfenden Wasserkessel an den Umzügen teilgenommen hatte, löste sich nach dem Vorfall auf. Die Mitglieder der Gruppe hatten in ihren Zeugenaussagen im Wesentlichen angegeben, den Vorfall nicht mitbekommen zu haben. Die Staatsanwältin wertete das als abgesprochene Aussagen.

Der Verteidiger des Angeklagten hatte in seinem Plädoyer scharfe Kritik an der Ermittlungsarbeit geäußert. Es sei ein Paradebeispiel für Willkür, dass die Ermittlungsverfahren gegen 18 andere Personen eingestellt worden seien. Es habe grobe Fehler bei der Vorlage von Fotos bei Zeugen gegeben. Staatsanwaltschaft und Polizei warf er vor, sie habe der Ermittlungseifer gepackt. Der Anwalt hatte in seinem Plädoyer auf zahlreiche Widersprüche in den Zeugenaussagen hingewiesen. Die Tat hätte ganz anders abgelaufen sein können. Sein Mandant sei nicht eindeutig identifiziert worden. "Es sitzt der Falsche hier auf der Anklagebank."

Der Verteidiger kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen. Der Angeklagte selbst hatte im Prozess seine Unschuld beteuert. Das Urteil nahm der große Mann mit Brille und Bart sichtlich schockiert auf. Immer wieder schüttelte er ungläubig den Kopf.