Ulrich Hamann wurde von OB Großmann als Stadtrat verabschiedet. Foto: Kunert

Man durfte Schmunzeln: Ausgerechnet zu seiner eigenen Verabschiedung als Gemeinderat kam OHG-Schulleiter Ulrich Hamann zu spät – eine dringende Dienstbesprechung in Karlsruhe hatte ihn aufgehalten. So erhielt Nachrückerin Heiderose Rück erst ihren Verpflichtungshandschlag, dann folgte der Abschied.

Nagold - Dieser geriet dann aber im weiteren Verlauf der jüngsten Sitzung des Nagolder Gemeinderats in der Stadthalle um so herzlicher und emotionaler – und ganz ohne "Eintrag ins Klassenbuch" für Hamann. "Die Menschen haben Ihre vorbildliche Art, Politik zu machen, gewürdigt", sagte beispielsweise Oberbürgermeister Jürgen Großmann. Der seine Abschieds-Laudatio auch mit einem "persönlichen Dank" an den ausgeschiedenen FWV-Gemeinderat verband – für dessen "hohes Engagement" und große Kompetenz. Hamann war durch seinen privaten Umzug nach Mötzingen bereits zum 1. Oktober automatisch aus dem Gremium ausgeschieden.

"Kein wirklicher Abschied"

Wobei Hamanns Abschied ja "kein wirklicher Abschied" sei, so Großmann weiter, da er ja als Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums weiterhin "eine der wichtigsten Positionen in dieser Stadt" inne habe. Denn just das OHG werde ja in den kommenden Jahren aufgrund der dort anstehenden umfassenden Sanierung eines der beherrschenden Themen der Nagolder Stadtpolitik sein. Bei dem dann doch auch wieder die verantwortungsvolle Mitarbeit von Hamann gebraucht werde.

Auch FWV-Fraktionsvorsitzender Eberhard Haizmann ließ es sich natürlich nicht nehmen, den "lieben Uli" sachgerecht zu verabschieden – wobei Haizmann mit einer gewissen Ergriffenheit in der Stimme frotzelte, dass es wohl vielleicht doch auch eher ein Bier gewesen sein müsste – nicht Kaffee und Kuchen, wie im Schwarzwälder Boten zu lesen war – bei dem er und Urban Brenner Hamann seinerzeit für seine Kandidatur für den Gemeinderat überredet hätten. Und: "Du warst absolut der richtige Kandidat", untermauerte Haizmann – denn dass Hamann das Mandat gleich im ersten Anlauf tatsächlich auch erobern konnte, sei keine Selbstverständlichkeit gewesen. Zwei, drei Versuche – das sei eher üblich.

Von Anfang an aktiv in die Fraktion eingebracht

Und von der ersten Sekunde als Gemeinderat habe sich Hamann aktiv eingebracht in die Fraktion, diese geprägt – auch durch die Übernahme der jeweils sehr aufwändigen und arbeitsintensiven Haushaltsreden. Nicht nur deshalb werde man ihn "vermissen", bedauere sein Ausscheiden sehr. "Vielen Dank, Uli!" Was jedes einzelne Fraktionsmitglied der FWV mit einem eigenen Geschenk für den scheidenden Fraktions-Kollegen untermauerte. Launiger Kommentar vom OB: Es sei interessant zu sehen, wie knauserig die Freien Wähler immer bei den Haushaltsberatungen seien – aber wie großzügig, wenn es um Geschenke für gute Freunde gehe.

Hamann selbst ließ sich offenbar von der allgemeinen Ergriffenheit anstecken: "Es hat mir Spaß gemacht, in dieser Runde dabei zu sein." Und er habe es sehr genossen, neben dem "Mikrokosmos Schule" immer auch mal wieder einen so "anderen Mikrokosmos" erlebt haben zu dürfen. "Herzlichen Dank für die gemeinsame Zeit!" Wobei Hamann es auch übernahm, analog zu einem Fußball-Team die "neue Einwechselspielerin" Heiderose Rück zu würdigen – die, das hatte auch OB Großmann früher am Abend bei der Verpflichtung der neuen Gemeinderätin bereits herausgestellt, ja schon eine lange erprobte Kommunalpolitikerin sei – als Ortsvorsteherin von Mindersbach.

Eigentlicher Nachrücker wäre Michael Stikel

Weshalb Großmann die Formalie der Dienstverpflichtung in diesem Fall auch deutlich abkürzen konnte. Dann eine gesonderte Einführung in ihre Pflichten, eine ausdrückliche Belehrung in die Verschwiegenheit – wie sonst bei solchen Anlässen nötig und geboten – seien bei Rück sicher nicht mehr notwendig. Weshalb das Geloben der Eidesformel – in seiner religiösen Form ("so wahr mir Gott helfe") - in diesem Fall wohl absolut ausreichte. Was dabei fast ein wenig unterging – wobei formal auch das eigentlich einen Gemeinderats-Entscheid gebraucht hätte: Normalerweise wäre Michael Stikel der Nachrücker gewesen, der gemäß des Wahlausgangs bei der letzten Kommunalwahl (2019) aufgrund der erreichten Stimmen für Ulrich Hamann hätte in den Gemeinderat einziehen müssen. Was Stikel aber wohl mit Hinweis auf "§16 Absatz 1 der Gemeindeordnung" abgelehnt hat – was meint: Wer bereits ein geistliches Amt verwaltet, kann eine ehrenamtliche Tätigkeit im Gemeinderat aus wichtigen Gründen zurückweisen. Stikel ist bereits Kirchengemeinderat der evangelischen Kirche in Nagold.

Neubesetzung der Ausschüsse

Mit dem Nachrücken von Heiderose Rück in den Gemeinderat mussten allerdings auch noch der Ältestenrat, Ausschüsse, Beiräte und weitere Untergremien, in denen bisher Ulrich Hamann vertreten war, neu besetzt werden. So wird Rück künftig Stellvertreterin von Eberhard Haizmann im Ältestenrat sein sowie als fünfte Stellvertreterin im Verwaltungsausschuss, als erste Stellvertreterin von Haizmann und dritte Stellvertreterin der FWV im Technischen Ausschuss, als Vollmitglied im Kultur-, Umwelt- und Sozialausschuss und als Stellvertreterin von Haizmann im Gründungsausschuss Strom- und Gasversorgung Nagold vertreten sein.

Außerdem wird Rück für ihre Fraktion als Vollmitglied in den Gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Nagold (Vertreter: Ralf Benz) einziehen, in die Verbandsversammlung des Zweckverbandes VHS Oberes Nagoldtal (Vertreterin: Siegried Plaschke) und in die Mitgliederversammlung des Youz Verein für Kinder- und Jugendarbeit in Nagold e.V. (Vertreterin: Siegried Plaschke). Hier wird Heiderose Rück auch Esther Betz-Börries gegebenenfalls als Mitglied des Vereinsvorstandes vertreten. Weiter wird Rück ordentliches Mitglied im Ausschuss des City-Vereins und im Stiftungsvorstand der Otto-Dünkelsbühler-Stiftung.

Kommentar: Die siebte Frau

Von Heiko Hofmann

Alles hat seine Zeit. Und die Zeit von Ulrich Hamann als Stadtrat ist nun abgelaufen. Für die Freien Wähler ist das Ausscheiden Hamanns ein schwerer Verlust. Hamann war in der größten Nagolder Fraktion ein echtes Schwergewicht. Und mit seiner integrativen Art – ganz der Pädagoge eben – war er in allen Fraktionen anerkannt. Dieses Renommee freilich kommt nicht von ungefähr. Hamann hat es sich nicht nur als Schulleiter am OHG sondern auch in jahrelangem ehrenamtlichen Engagement in der Kirche und beim VfL Nagold hart erarbeitet. Apropos hart arbeiten: Das kann Nachfolgerin Heiderose Rück freilich auch. Mit ihrer positiven, unkomplizierten und anpackenden Art, setzte sie als Ortsvorsteherin von Mindersbach bereits wichtige Akzente. Und als weitere Frau – sie ist die siebte von 26 Stadträten – tut sie dem Gremium doppelt gut.