Kriminalbeamte untersuchen bei Heidenheim-Nietheim den Waldboden. Foto: dpa

Obduktion bringt Gewissheit: Heidenheimer Bankiersfrau ist tot - Panne bei Lösegeldübergabe.

Heidenheim - Drei Wochen haben Polizei und Spezialkräfte vergeblich nach Maria Bögerl gesucht, nun steht fest: Die Frau des Heidenheimer Sparkassenchefs ist tot. Wieso aber wurde der Leichnam dort gefunden, wo die Fahnder gesucht hatten?

Erst dauert das quälend lange Warten für die Familie drei Wochen, am Ende kommen noch eine Nacht und ein Tag dazu. Freitagabend, 18 Uhr. Polizei und Staatsanwaltschaft haben kurzfristig zu einer Pressekonferenz ins Landratsamt nach Heidenheim eingeladen. Wo sonst zu dieser Zeit allenfalls die Putzgeschwader in den Büros aktiv sind, herrscht plötzlich hektische Betriebsamkeit.

Fernsehstationen, egal ob ARD und ZDF oder die private Konkurrenz, haben ihre Übertragungswagen im Hof der Behörde aufgebaut, einige senden live jene Botschaft, die sich schon Stunden zuvor als Gerücht verbreitet hatte: Maria Bögerl lebt nicht mehr. Die Experten der Rechtsmedizin in Ulm haben bei der Obduktion die letzten Zweifel ausgeräumt.

Die Tote, die ein Spaziergänger mit seinem Hund am Abend zuvor gegen 20 Uhr in einem Waldstück zwischen Nietheim und Niesitz unter einem Stapel aus Reisigzweigen gefunden hatte, ist die Frau des Heidenheimer Sparkassenchefs. Zweifelsfrei. Vorbei die Hoffnung, der oder die Entführer der 54-Jährigen würden sich doch noch einmal melden und womöglich eine neue Lösegeldforderung stellen. Vergeblich die Hoffnung, Maria Bögerl werde irgendwo und irgendwann lebend in den Heidenheimer Stadtteil Schnaitheim zurückkehren, wo sie am Vormittag des 12. Mai entführt worden war.

Der Todeszeitpunkt ist noch unklar

Drei Wochen nach der Entführung gibt es kein Wiedersehen mehr. Die Frau wurde erstochen. Und die Ermittler stehen vor vielen Rätseln. Wie lange lag die bereits verweste Leiche schon im Wald? "Dazu können wir derzeit noch keine Angaben machen", sagt Heidenheims Polizeidirektor Volker Lück. Damit ist der Todeszeitpunkt weiterhin völlig unklar. Alles deute aber auf "eine längere Liegezeit" hin, räumt Lück ein. Warum wurde sie dann nicht früher entdeckt? Immerhin hatten die Suchmannschaften der Polizei das Gelände durchkämmt, und nur einen Kilometer entfernt scheiterte die Lösegeldübergabe der 300.000 Euro.

Hatten die Polizeibeamten das Gelände nicht sorgfältig genug überprüft? Man sei derzeit dabei, "die beteiligten Beamten zu befragen", sagt Lück. Möglicherweise, das ist seit Freitagabend klar, wurde der Leichnam der Frau übersehen. Aber wie konnte das geschehen? "Wir hatten in diesem Abschnitt keine Hunde", sagt Polizeichef Lück. Doch auch der Einsatz von Hunden bei der Suche nach Vermissten oder Leichen habe seine Grenzen: Die Tiere können sich zum Beispiel durch andere Menschen, andere Polizeihunde, andere Gerüche und Spuren ablenken lassen.

Gab es doch eine Panne?

In der Nähe der Fundstelle, rund zehn Kilometer vom Wohnhaus der Familie Bögerl entfernt, war die Polizei vor drei Wochen auf das Handy der Vermissten gestoßen. Dennoch blieb die Suche nach der Frau auch danach erfolglos. Fragen gibt es aber nicht nur um die Fundstelle des Leichnams, sondern auch um die gescheiterte Lösegeldübergabe.

Lück muss am Freitagabend einräumen, dass man "den straffen Zeitplan des Entführers nicht einhalten konnte". Soll heißen: Sparkassenchef Thomas Bögerl kam an jenem 12. Mai mit den 300.000 Euro im schwarzen Müllsack nicht wie gefordert um 15 Uhr, sondern erst um 15.27 Uhr an die vereinbarte Übergabestelle an der A 7. Was aber passierte dann? Zwar lag der Müllsack bis zum nächsten Morgen um 7 Uhr am vereinbarten Punkt. Aber womöglich war der Entführer da mit Maria Bögerl schon längst verschwunden - oder hatte sie getötet, weil er sich getäuscht oder von der Polizei beobachtet fühlte. Dennoch lehnen es Polizeichef Lück und der Leitende Oberstaatsanwalt Christof Lehr am Freitag ab, von Pannen zu sprechen.

Jeder Zweig, jedes Blatt wird untersucht

Die Rätsel aber bleiben. Experten der Kriminalpolizei in weißen Schutzanzügen jedenfalls untersuchen am Freitag den Fundort der Leiche im Wald quasi Zentimeter für Zentimeter. Mit Hilfe von Spezialgips werden Fußabdrücke und Autospuren sichergestellt. Kaum ein Zweig, der nicht nach etwas Habhaftem untersucht wird. Die Hoffnung ist mit Händen zu greifen, endlich einen Hinweis auf den oder die Täter zu finden.

Als die Kriminaltechniker ihre Arbeit beendet haben, schwärmen erneut Dutzende von Polizeibeamten aus, um die Gegend "großräumig zu durchsuchen", wie es ein Polizeisprecher schildert. Aber auch das bleibt ohne Erfolg. Nur so viel zeichnet sich ab: Der Täter soll Schwäbisch gesprochen haben und mittleren Alters sein, das hat Thomas Bögerl den Ermittlern in der Erinnerung aus seinem Telefonat mit dem Unbekannten mitgeteilt. Die Polizei geht davon aus, er stamme aus der Region.

"Die Familie tut mir unendlich leid"

In Heidenheim selbst und im Stadtteil Schnaitheim macht sich deshalb Entsetzen breit. Manch einer hat Angst, immerhin könnte der Täter ja im Ort leben. In Geschäften, wo das Suchplakat mit dem Konterfei der Bankiersfrau hängt, ist das Drama genauso das Thema wie auf der Straße. "Die Familie tut mir unendlich leid", sagt eine junge Frau. "Hoffentlich fassen die bald den Täter", sagt ein Mann.

Nur wie, wo und wann? Zwar hat die Sonderkommission "Flagge" seit der Entführung der Frau rund 2500 Hinweise aus der Bevölkerung erhalten. Aber eine heiße Spur ist noch immer nicht dabei. Und die kurzzeitige Hoffnung, ein am Freitag in Aalen festgenommener Mann sei der Täter, zerschlägt sich alsbald wieder. Zwar soll er dem Phantombild sehr ähnlich sehen, mit dem seit einigen Tagen gefahndet wird, aber die Aktion entpuppt sich als falscher Alarm. Und obendrein macht der Polizeichef klar, man suche diesen Mann mit dem Haarzopf nicht als Täter, sondern als Zeugen. Kein Zweifel: Die Polizei tritt auf der Stelle.