Nutztierhalter, Jagdwirte und Naturschützer haben am Mittwoch in Hechingen über den Wolf diskutiert. Foto: Maute

Wolf frisst am liebsten Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Mittlerweile gibt es 60 Rudel im Bundesgebiet.

Hechingen - Ein tierischer Einwanderer spaltet die Gemüter: Die Rückkehr des Wolfes geht mit gemischten Gefühlen einher. Auf Einladung der Volkshochschule traten Nutztierhalter, Jagdwirte und Naturschützer am Mittwoch im Konstantinsaal der Hechinger Stadthalle in einen Dialog.

Die wenigsten, und darin sind sich die Experten einig, werden ihn je zu Gesicht bekommen. So viel sei im Vorfeld bereits gesagt. Denn der Wolf, weiß die ehrenamtliche Nabu-Wolfsbotschafterin Andrea Klemer aus Münsingen, "interessiert sich überhaupt nicht für uns Menschen." Seit dem Vorfall in Bad Wildbad, bei dem vor kurzem mehr als 40 Schafe zu Tode kamen, ist jedoch klar: Nutztierhalter müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen. Wie zwischenzeitlich feststeht, war es ein einzelner Wolf, der etwa 15 der Schafe direkt riss.

Weitere Informationen über den "Canis lupus" erhielten die rund 35 Zuhörer zu Beginn des Diskussionsabends. Einst auf der gesamten Nordhalbkugel beheimatet, sei der Wolf lange zurückgedrängt worden. Was dessen Verbreitung betrifft, gebe es für Baden-Württemberg im Monitoringjahr 2016/17 noch keine Einträge. "Die meisten Tiere sind im Norden und Osten Deutschlands unterwegs", erläuterte Andrea Klemer. Allerdings ändere sich das schnell. Mittlerweile seien im Bundesgebiet 60 Rudel und 30 Paare verzeichnet.

In seinem Revier, das 150 bis 300 Quadratmeter umfasst, dulde ein Wolfsrudel keine fremden Tiere, ließ die Expertin die Anwesenden wissen. Von jährlich sechs bis acht Welpen sterbe etwa die Hälfte innerhalb des ersten Jahres. Und was frisst ein Wolf? Mit einem Anteil von 52 Prozent sei Reh seine Hauptmahlzeit, gefolgt von Rothirsch und Wildschwein. Nutztiere würden an der Nahrungskette aktuell rund ein Prozent ausmachen.

Ob man sich als Nutztierhalter nach einem Vorfall wie in Bad Wildbad dennoch Sorgen macht, wollte Professor Bastian Kaiser, Rektor der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg, von Diplom-Landwirt und Ziegenhalter Holger Albrecht aus St. Blasien wissen. "Ich kann eigentlich wunderbar schlafen", erklärte Albrecht, auf dessen Hof zwei Herdenschutzhunde leben. "Der Wolf kommt und ich als Landwirt muss damit leben", zog er sein Resümee und ergänzte: "Ich selbst habe nichts gegen den Wolf." Damit gehört er zu den 74 Prozent, die es laut Nabu-Umfrage begrüßen, dass das Wildtier zurückkehrt.

Und die anderen 26 Prozent? Das sind in erster Linie Nutztierhalter, die um ihre Existenz fürchten. Diese müssten Unterstützung bei Sicherungsmaßnahmen und im Schadensfall unbürokratisch Hilfe erhalten, waren sich alle Experten einig. Umso wichtiger sei es, dass das Land bald ein Konzept mit klaren Richtlinien vorlege. "Jetzt ist die Zeit zu handeln", stellte Klemer klar. Dass er als Jäger kein Interesse an einer Bejagung des Wolfes hätte, betonte Thorsten Beimgraben, Professor für Wildökologie und Jagdwirtschaft an der Hochschule Rottenburg. Dies unterstrich Kreisjägermeister Walter Greff, der sich in der Diskussionsrunde zu Wort meldete. "Ich kenne keinen Jäger in meinem Umfeld, der Ambitionen hätte, den Wolf bejagen zu dürfen", erklärte er. Er persönlich sehe dem Wolf gelassen entgegen, so Greff.

Dass es dennoch wichtig ist, Ängste ernst zu nehmen, hob Andrea Klemer hervor, die nur in einem Fall eine Gefahr für den Menschen sieht: "Wenn ein Wolf angefüttert wird und ein unnatürliches Verhalten an den Tag legt."