Die Albert-Schweitzer-Schule ist toll, davon sind Rektor Sven Kremer und Kollegin Martina Wahl überzeugt. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Sonderpädagogik: Hechinger Förderschule geht individuell auf Kinder mit Lernproblemen ein

Was tun, wenn ein Kind in der Grundschule trotz aller Anstrengungen nicht mitkommt? Die Förderschule kann eine Lösung sein. Und zwar eine gute, davon sind Rektor Sven Kremer und seine Kollegin Martina Wahl überzeugt.

Hechingen. Die Probleme zeigen sich oft in der ersten, zweiten Klasse. Manche Kinder kommen im Tempo, das der Lehrplan vorgibt, nicht mit, bräuchten mehr Betreuung, als ihnen die Lehrer in den großen Klassen bieten können. Frust und Verzweiflung sind die Folge.

"Wir nehmen das Tempo raus, entwickeln für jeden Schüler einen individuellen Förderplan", erklärt Rektor Sven Kremer. Und er betont: "Wir machen trotzdem richtigen Unterricht, das Ziel ist ein Schulabschluss, der zu einem selbstständigen Leben ohne Sozialunterstützung befähigt." 85 Schüler werden derzeit an der Albert-Schweitzer-Schule unterrichtet, dazu 30 Schüler mit Förderbedarf, die in Regelschulen sind und von Lehrern der Albert-Schweitzer-Schule im Außendienst mitbetreut werden. Pro Schüler sind das aber nur zwei Stunden pro Woche.

In der Albert-Schweitzer-Schule arbeiten 16 Lehrer mit Sonderpädagogenausbildung. Sie nutzen spezielles Unterrichtsmaterial, gehen auf das individuelle Lerntempo ein. Die digitale Ausrüstung ist hier sehr gut. "Wir wären für eine Quarantänezeit gut vorbereitet", so Sven Kremer.

Was ihm Sorgen macht: Die Schule platzt aus den Nähten. Berechnungen des Regierungspräsidiums zeigen, dass die Albert-Schweitzer-Schule unter dem Mindestraumbedarf liegt. Die Klassenräume sind zwar auch unter Coronabedingungen groß genug, aber für Zusatzangebot fehlen Räume. Wie das Problem gelöst werden könnte, wird derzeit mit der Stadt besprochen. Die Corona-Sparzwänge machen die Sache natürlich nicht einfacher.

Die Ausstattung ist aber nur ein Aspekt für den Schulerfolg, der andere ist die Grundeinstellung. "Wohlfühlen ist die Basis für das Lernen" erklärt Martina Wahl. Die gelernte Grundschullehrerin hat an einer Gemeinschaftsschule unterrichtet. Nun sattelt sie auf Sonderschullehrerin um. "Ich habe das schwer ausgehalten, wenn ich im Unterricht Kinder hatte, die das Niveau ihrer Kameraden nicht erreichen konnten", berichtet sie. "Aber als normale Lehrerin hatte ich einfach nicht die Zeit, mich so intensiv um diese Kinder zu kümmern, wie sie es dann nötig gehabt hätten."

Dass sie sich mit Haut und Haaren ihrer neuen Berufsrichtung verpflichtet fühlt, zeigt sich auch daran, dass sie in Hechingen in der Schulleitung bereits Aufgaben übernommen hat. Wenn demnächst die neue Konrektorenstelle ausgeschrieben wird, wird sie sich bewerben. Mit guten Chancen, ist Sven Kremer überzeugt.

In der Albert-Schweitzer-Schule finden Kinder mit Lerneinschränkungen einen geschützten Raum, in dem sie Erfolgserlebnisse haben können, wo ihnen bedingungslose Wertschätzung entgegengebracht wird, wo sie in kleinen Klassen – der Teiler liegt bei zehn – von Lehrern intensiv betreut werden. Viele leben hier auf, nachdem sie in der Regelschule frustrierende Erfahrungen gemacht haben.

Eltern können ihre Kinder aber auch in Regelklassen lassen, in bestimmtem Umfang unterstützt durch Förderschullehrer. Vor fünf Jahren habe die Auffassung geherrscht, dass dieses Modell absolute Regel sein solle, berichtet Sven Kremer. Ihn habe das nie überzeugt, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass Förderschulen für viele betroffene Kinder die beste Schulform sind. "Mittlerweile teilen wieder viele meine Auffassung", sagt er erleichtert.

Auch das Kollegium teilt diese Auffassung. Die Pädagogen hier seien hoch motiviert, lobt Sven Kremer. Ein Beispiel: "Wir haben Lehrkräfte hier, die Risikogruppe wären und sich ausklinken könnten, aber die wollen unbedingt trotzdem unterrichten, für ihre Schüler da sein, auch wenn das ein gewisses Risiko birgt". An dieser Schule scheinen sich nicht nur Lehrer wohl zu fühlen.