Versiegelt: Hinter dieser Türe hat das Familiendrama einen tödlichen Ausgang genommen. Foto: Archiv-Foto: Eyrich

Im Winterlinger Mordprozess sagt psychiatrischer Gutachter aus: "Er hatte ein Problem, beiden Kulturen gerecht zu werden".

Hechingen/Winterlingen - "Schuldfähig" lautet die Einschätzung des psychiatrischen Gutachters im Winterlinger Mordprozess. Der damals 49-Jährige, der am 1. April dieses Jahres seine Frau in Winterlingen erschossen haben soll, weil sie sich von ihm trennen wollte, sei zu dem Zeitpunkt weder psychisch gestört gewesen, noch habe er unter Drogen- oder Alkoholeinfluss gestanden. Gleichwohl schätzte ihn der Gutachter als "suizidal gefährdet" ein: "Da muss man ein Auge drauf haben", urteilte er. "Der Mann steht vor dem Scherbenhaufen seiner Biografie."

Der Angeklagte habe seit Jahren eine depressive Störung, die er mit Hilfe von Medikamenten habe behandeln lassen. Seit 2017 seien Arbeitslosigkeit und familiäre Konflikte hinzugekommen. Zudem habe der aus Serbien stammende Mann ein Problem damit gehabt, "beiden Kulturen gerecht zu werden". Und der Psychologe machte auch fest, was das Problem des Angeklagten war: Kränkung. Er habe es nicht verkraften können, dass ihn seine Frau mit den Kindern verlassen wollte, er nicht mehr das Familienoberhaupt sein sollte.

Hier unser Video mit O-Tönen vom ersten Prozesstag:

"Mein Onkel war ein liebevoller Mann und hat die Kinder immer zum Lachen gebracht", sagte die Nichte des Angeklagten vor dem Hechinger Landgericht aus. Von Gewalt in der Familie wüsste sie nichts. Anders, als bisher im Prozess andere Zeugen ausgesagt hatten, die von blauen Flecken der Ehefrau erzählt hatten – auch während derer Schwangerschaft.

Die Verteidiger des Angeklagten sowie die Nebenkläger, die die Kinder und die Brüder der Getöteten vertreten, einigten sich am Donnerstag auf einen Vergleich. Demnach sollen die Kinder zwischen 40.000 und 30.000 Euro erhalten, zwei Brüder jeweils 20.000 Euro.

Die Verhandlung wird am Freitag um 9 Uhr nicht öffentlich mit den Plädoyers fortgesetzt. Die Urteilsverkündung ist für Mittwoch, 31. Oktober, 9 Uhr, vorgesehen.