Dokumentarfilm "Blut muss fließen" – Undercover unter Nazis. Regisseur Ohlendorf sieht ein Aufklärungs-Problem.
Hechingen - "Blut muss fließen" – Undercover unter Nazis heißt der Dokumentarfilm, der am Montagabend ab 19 Uhr in der Aula der Alice-Salomon-Schule gezeigt wird. Es handelt sich dabei um eine Undercover-Reportage von Rock-Konzerten der Neonazi-Szene. Nach der Vorführung des Filmes in Burladingen im vergangenen Jahr waren Kino, Rathaus und Polizeiposten mit Nazi-Parolen beschmiert worden. Regisseur Peter Ohlendorf glaubt aber nicht, dass sich das in Hechingen wiederholen wird. Im Gespräch erläutert er, wie gefährlich die rechte "Partymusik" ist und woran es bei der Aufklärung hapert.
Rechnen Sie mit ähnlichen Reaktionen wie nach der Vorführung in Burladingen?
Nein, damit rechnen wir nicht. Das letzte Mal gab es allerdings erst mit deutlicher Verzögerung ein Statement von den Gemeinderäten. Ich hoffe, dass die Botschaft angekommen ist und dass eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema folgt.
Kommen Sie trotz der besagten Ereignisse gerne zurück in die Region?
Mit Sicherheit. Ich freue mich auch sehr über die Initiative der Caritas. Sie sind mit großem Engagement bei den Schulen vorstellig geworden und haben uns Türen aufgestoßen. Der Besuch weiterer Schulen ist bereits geplant. Die Ereignisse haben zudem klar gemacht: Es gibt ein Problem in dieser Region – und kein kleines.
Glauben Sie, dass es in Hechingen viele Jugendliche gibt, die mit der rechten Szene sympathisieren?
Das kann ich nicht sagen. Aber allein der Umgang mit diesen Schmierereien, wie lange es gedauert hat, bis ein Statement kam, hat gezeigt, dass es deutliche Defizite gibt. Und dass diese jungen rechtsorientierten Menschen ein Spielfeld haben, auf dem sie sich austoben können. Man muss vorsichtig sein. Das kann in einer Region zu so etwas wie Mainstream werden.
Wie genau läuft so etwas ab?
Es kann entscheidend sein, wenn da ein paar Jungs sitzen mit Ghettoblaster und einem Kasten Bier und dieses Angebot machen. Man hört diese Nazi-Musik, aber hört nicht genau hin oder kann es nicht richtig einordnen. Es ergibt sich eine Grundstimmung, gegen zugewanderte Menschen, der man sich dann anschließt.
Werden Schüler generell nicht genug aufgeklärt, was die Nazi-Szene angeht?
Das ist von Schule zu Schule unterschiedlich. Ich höre von Schülern immer, es sei ganz wichtig, sich auch mit heutigen Formen des Faschismus auseinanderzusetzen. Das ist auch das, was wir mit den Filmvorführungen leisten können, solche musikalischen Strömungen zu beleuchten. Auch das Vorfeld dieser Nazibands, daran fehlt es leider häufig.
Wie gefährlich sind diese - auch im Film gezeigten "Partylieder"?
Es kann ein Funke sein, der überspringt. Ich habe zum Beispiel in Schulklassen erleben müssen, dass einige wenige den Ton angeben. zum Beispiel hat eine Schülerin mal geäußert, dass sie mit Nazis befreundet sei. Das sei ja ganz normal, wir leben ja in einer Demokratie und jeder kann sagen, was er will.
Es gab keine Widerworte?
Die Klasse hat sich weggeduckt. Da kann man mal sehen wie so eine Dynamik wirkt. Auch die Lehrer im Klassenzimmer haben nicht eingegriffen.
Also ist die Aktion auch für Lehrer gedacht?
Ja, denn die Subkulturen der Jugendlichen haben viele nicht auf dem Schirm. Da gibt es viele Strömungen. Es gibt zum Beispiel einen Nazirapper, der versucht, die rechte Ideologie mit Hip Hop in die Köpfe der Jugendlichen zu bringen.
Der junge Journalist, der verdeckt unterwegs war, hatte es eher mit gewaltbereiten Anhängern von Nazirock zu tun. Gab es da die ein oder andere knifflige Situation?
Es gab natürlich immer ein Risiko. Wobei er technische auf Geheimdienstniveau war. Das war auch seine Lebensversicherung. Es war klar, wenn er auffliegt, dann war es das für ihn. Es gab genügend Aufrufe im Netz in Umzubringen.
Wie kommt man überhaupt in die Nazi-Szene? Wird da nicht jeder Neuling kritisch beäugt?
Zu den Konzerten kommen zum Teil ziemlich viele Besucher. Trotzdem ist es so, dass sich viele in der Szene kennen. Da schleicht man sich langsam ein. Klar ist aber auch, dass diese Szene andererseits sehr offen sind. Sie wollen ja die jungen Leute bekommen.
Was ist nun die wichtigste Botschaft, die sie den Hechinger Schülern vermitteln wollen?
Ganz wichtig ist das Wort Respekt, ein Miteinander und kein Gegeneinander, eine Kultur, in der man Achtung vor dem anderen hat. Wenn man das schon in der Klasse hinbekommt, bei allen Meinungsverschiedenheiten, egal welche religiösen oder sexuellen Orientierungen ein Mensch hat, dann gibt es ein gutes Zusammenleben.