Die Richterin verurteilte den Hauptangeklagten wegen Widerstandshandlungen gegen die Polizei sowie Beleidigung und Verleumdung zu 60 Tagessätzen á 30 Euro, also 1800 Euro. (Symbolfoto) Foto: dpa

Verkehrskontrolle während Fußball-EM 2016 eskaliert. Zwei Angeklagte zu Geldstrafen verurteilt.

Hechingen - Eine Verkehrskontrolle ist während der Fußball-EM im Juni 2016 eskaliert. Vor dem Hechinger Amtsgericht wurde der Fall jetzt nochmals aufgerollt. Dabei galt es für Richterin Karin Laub, welcher Version der Schilderungen sie glauben schenkte: die der zwei Angeklagten oder die der Polizeibeamten, die als Zeugen auftraten. Auch vor Gericht kam es zu emotional aufgeladenen Auseinandersetzungen.

Nach dem Fußballspiel zwischen Italien und Schweden am 17. Juni 2016 fuhren die Angeklagten im Autokorso am Obertorplatz mit. Der Hauptangeklagte saß am Steuer, der andere Angeklagte war Beifahrer. Eine Italienflagge ließen sie aus dem Fenster hängen. Die Polizei hatte die beiden angehalten und zunächst gebeten, den Stock der Fahne zu entfernen, weil dieser andere gefährden könnte.

Dann fuhren sie weiter, wurden wieder angehalten. Dieses mal wurden sie gebeten, die Fahne ganz reinzuholen. Der Angeklagte habe nach dem Grund gefragt, sagt er. Der Polizist habe dann zu ihm gesagt, wenn er weiter feiern wolle, solle er das in Italien machen. Das habe den Angeklagten gekränkt.

Er fuhr dann aber weiter und wurde nochmals von anderen Polizeibeamten angehalten – dieses Mal, weil ein Bremslicht nicht funktionierte. Doch die Routinekontrolle eskalierte. Der Polizeibeamte wollte die Papiere des Fahrers sehen, die dieser aber nicht herausgab. Er sprach der Polizei auch das Recht ab, ihn zu kontrollieren.

Polizist griff nach dem Schlüssel im Auto

Dann griff der Polizist mit dem linken Arm durch das Fenster nach dem Schlüssel, weil er befürchtete, der Mann fahre weg. Danach stieg dieser aus und fragte, wo der Schlüssel sei, fand ihn dann auf dem Sitz, wobei unklar blieb, wie der Schlüssel dort hinkam.

Den Mängelbericht zu dem Bremslicht habe der Fahrer zerrissen. Als die Polizei wegfuhr, habe der Beifahrer hämisch applaudiert und mit beiden Händen den Stinkefinger gezeigt.

Der Polizeibeamte gab außerdem an, dass der Hauptangeklagte ihn geduzt hätte und mit "Alter" angeredet. Das bestritt dieser aber. Die Polizei habe ihn auch geduzt, und "Alter" habe er nicht zu der Polizei gesagt, sondern als Ausdruck wie "Oh mein Gott".

Der Hauptangeklagte behauptete, er wollte nicht wegfahren. Der Polizist habe gar keinen Anlass gehabt, nach dem Schlüssel zu greifen. Außerdem habe er ihn nicht beleidigt. Vielmehr fühlte er selbst sich noch beleidigt wegen der Aussage eines anderen Polizisten, er solle in Italien feiern gehen. Sein Beifahrer bestritt, beide Stinkefinger zu gezeigt zu haben. Das sei ihm aufgrund einer Behinderung gar nicht möglich.

Der Polizeibeamte gibt an, dass er nach dem Schlüssel griff, weil der Angeklagte seine Papiere nicht zeigen wollte und befürchtete, er fahre weg.

Die Richterin folgte letztlich der Aussage der Polizeizeugen und verurteilte den Hauptangeklagten wegen Widerstandshandlungen gegen die Polizei sowie Beleidigung und Verleumdung zu 60 Tagessätzen á 30 Euro, also 1800 Euro. Der Beifahrer bekam weniger Tagessätze, weil er "eher mit reingerutscht sei", so die Richterin. Er muss 40 Tagessätze, also 1200 Euro zahlen.