Dort, wo heute Lebensmittelfilialist Kaufland und Bekleider Marco in der Gammertinger Straße angesiedelt sind, wurde vor genau 50 Jahren ein großes Einkaufszentrum eröffnet. Rechts: So sah das Zollerneinkaufszentrum nach dem Bau aus. Foto: Renner

Zollereinkaufszentrum versprach 1970 "volkstümliche Preise". Heute ist dort das Kaufland.

Hechingen - Die Zeiten, als Lebensmittel bei "Tante Emma" eingekauft wurden, sind auch in Hechingen lange vorbei. Lidl, Netto, Aldi, Rewe Kaufland versorgen heute die Bevölkerung. Die Entwicklung begann vor 50 Jahren.

Dort, wo sich heute eine Kaufland-Filiale in der Gammertinger Straße befindet, wurde am 11. September 1970, also heute vor genau 50 Jahren, das Zollereinkaufszentrum (ZEZ) eingeweiht. Auf 7000 Quadratmeter Verkaufsfläche wollte das ZEZ "ein gutes, kaum überschaubares vielseitiges Warenangebot zu volkstümlichen Preisen für Jedermann" bereithalten. 300 Parkplätze standen zur Verfügung.

Großmarkt inklusive Elektroabteilung

Damals glaubte man, dass dadurch der Hechinger Einzelhandel nicht geschädigt wird, sondern war sogar davon überzeugt, dass ihm neue Interessenten- und Käuferkreise zugeführt werden, die vorher nicht nach Hechingen zum Einkaufen kamen.

4000 Quadratmeter waren im aufgebauten "Märchenreich" von Efka-Möbel um Inhaber Ferdinand Krifka reserviert und für den Großmarkt inklusive einer Elektroabteilung 3000 Quadratmeter, davon 1200 Quadratmeter nur für Lebensmittel.

" Wenn man den Großmarkt betritt, ist man zunächst überwältigt von der ungeheuren Fülle und Vielseitigkeit des Warenangebots, aber auch beeindruckt von der Weite und Tiefe der Verkaufsräume", hieß es in unserer Zeitung damals. "Jede einkaufsfreudige Hausfrau muss erfreut sein über die Vielfalt des hier so übersichtlich und gut sortierten Angebots." Eine Tankstelle und Schnellwaschanlage waren bei der Eröffnung noch nicht fertig.

Für 1,98 Mark eine Flasche Wein inklusive Glas

Neben einer Milchbar gab es auch eine Kaffee-Verkaufsabteilung, die Metzgerei wurde "ideenreich" in einem "Allgäuer Prachthaus" untergebracht und in der "Weinstraße" gab es für 1,98 Mark eine Liter Gumpoldskirchner naturreinen Weißwein einschließlich Glas.

Während die Frau einkaufen ging, konnte der Mann im "Zoller-Stüble" mit Schwarzwaldhaus-Charakter auf einem der 54 Sitzplätzen gemütlich sein Bier trinken.

Um allen Kundenwünschen gerecht zu werden, wurde auch eine öffentliche Fernsprechanlage eingebaut. Was im Zeitalter des Smartphones als deplatziert anmutet, war damals wohl ein echtes Highlight.

"Unser Name wird bald weit über Hechingen hinaus einen guten Klang und Namen haben", waren sich die Betreiber des Einkaufscenters sicher, die einen Jahresumsatz von 5 Millionen Mark anpeilten.

In der Region der erste große Verbrauchermarkt

Ferdinand Krifka, inzwischen 89 Jahre alt, erinnert sich: "Das war damals der Wahnsinn. Am Eröffnungstag war die ganze Gammertinger Straße voll mit Autos. Beides ist super angenommen. Ich hätte nicht gedacht, dass das wie eine Bombe einschlägt." Es sei ein Mordsaufwand gewesen, denn schließlich galt es, verschiedene Grundstückseigentümer zu überzeugen. Man habe selbst über dem Möbelmarkt gewohnt. Viele Postler hätten in der Nähe gewohnt und hätten im Zollern-Stüble mittags Karten gespielt. Und auch die Verkäufer seien in der Mittagspause zwischen 12 und 14 Uhr dort Essen gegangen.

"Das war der erste große Verbrauchermarkt in der Region. Ich habe lange einen Betreiber gesucht. Das war nicht so einfach, weil die Großhändler ihn nicht unterstützen konnten." Letztlich stieg die Firma Kriegbaum ein, die später ihre Einkaufszentren an den Metro-Konzert verkauften und diese infolgedessen zu Multi-, später Real-Märkten wurden. Geschäftsführer wurde Josef Gruber aus Rottenburg. "Wie er auf den Namen ZEZ kam, weiß ich nicht mehr", so Krifka, dessen Tochter und Enkelin auch in Hechingen wohnt.

Kaufland seit 2009 ansässig

1974/75 wurde auf insgesamt 10 000 Quadratmeter erweitert, es kam ein Stockwerk dazu, wodurch das Einkaufszentrum auf 3900 Quadratmeter vergrößert wurde. 1985 wurde überlegt, für den Möbelmarkt in der Kaullastraße, also dort, wo Kaufland seine zweite Hechinger Filiale (5800 Quadratmeter) hat, ein Außenlager einzurichten. Die Pläne wurden allerdings verworfen, stattdessen wurde dort ein Lebensmittelmarkt eröffnet. Marktkauf zog dort ein, sei aber laut Krifka "nie zufrieden" gewesen.

Das Möbelhaus in der Gammertinger Straße wurde zu einem Junges-Wohnen-Mitnahmemarkt umgestaltet und später verpachtet. Zuerst übernahm Nanz, später dann Edeka. Seit 2009 ist Kaufland nun in der Gammertinger Straße ansässig, im Zuge dessen wurde der Kreisverkehr errichtet.