Halbvoll oder halbleer? Diese Frage stellt sich hier wohl nur beim Wasserglas. Bei seiner Präsentation des EJL-Bauprojekt neben dem Rathaus nahm Daniel Löwenstein aus dem Gemeinderat zweifellos eine überwiegend positive Stimmung mit. Foto: Stopper

Zur Präsentation des Bauvorhabens melden sich aber auch kritische Stimmen zu Wort.

Hechingen - Für die Verhältnisse dieses Gremiums war das wohl ziemlich viel Beifall, was der Hechinger Gemeinderat am Donnerstag dem EJL-Projekt neben dem Rathaus entgegenbrachte. Aber auch Kritik wurde laut, und es gibt sogar Forderungen, die Stadt soll einfach selber dort bauen.

Was EJL-Chef Daniel Löwenstein neben dem Rathaus plant, wurde bereits in unserer Zeitung vorgestellt. An Stelle der ehemaligen Apotheke ein Gebäude, das von unten her gesehen eine Tiefgaragenebene, darüber ein Restaurant, darüber auf Marktplatzniveau eine Markthalle mit Tagesessen-Gastronomie und darüber mehrere Büroetagen bietet. Hauptmieter der Büros wäre die Stadt. Das Dach wäre niedriger als die Dachrinne des Rathauses.

"Wir sind überzeugt, dass das ein Frequenzbringer für die Stadt wird", warb Daniel Löwenstein gestern in der Gemeinderatssitzung für dieses Projekt, stellte die Pläne nochmals vor, und dann war die Diskussion auch bereits eröffnet.

"Wir sind überzeugt, dass das ein Frequenzbringer für die Stadt wird"

Dabei war es auch Stadtbaumeisterin Helga Monauni wichtig zu betonen, dass es der Stadt "sehr daran gelegen ist, dass aus diesem Projekt was wird". Hechingen brauche dringend einen solchen Impuls.

"Ihr bisheriges Engagement in Hechingen hat uns überzeugt", schickte Freie-Wähler-Sprecher Werner Beck lobend voraus. Seine Bitte, ob man in einen Zeitraum von maximal vier Wochen die vorgelegte Fassadenplanung nochmals Architekten zur Stellungnahme vorlegen könnte, fand wohl Akzeptanz beim Investor.

Lorenz Welte (CDU) hob auch zunächst hervor, dass er für dieses Bauprojekt ist, er gab aber auch "Kritik aus der Bevölkerung" weiter und formulierte daraus zwei Fragen: Könnte man das Gebäude noch etwas kleiner bauen? "Das wäre für uns nicht mehr wirtschaftlich", stellte Daniel Löwenstein klar. Und die zweite Frage: Warum baut sich die Stadt ihre Büros auf dem Gelände nicht einfach selber? Diese Frage stellte später auch Lutz Beck (CDU), der allerdings zum vorliegenden Plan aber auch meinte: "Das finde ich gut".

"Investoren sollten sich auf uns verlassen können"

"Investoren sollten sich auf uns verlassen können", mahnte daraufhin Almut Petersen ihre Ratskollegen und erinnerte daran, dass der Gemeinderat vor einem dreiviertel Jahr beschlossen hat, dieses Projekt durch einen Investor realisieren zu lassen. Nachdem die EJL nun so lange geplant hat, könne man nicht einfach alles wieder abblasen. Und zudem stellte sie heraus, dass nur das EJL-Projekt eine Mischnutzung mit Markthalle und Restaurant ermöglicht, was man als Frequenzbringer für den Marktplatz ja wolle.

Hier pflichteten ihr drei Gemeinderätinnen im Lauf der Debatte lebhaft bei. "Das neue Gebäude kann doch nur besser werden als das, was dort aktuell steht", und "wir können froh sein, dass sich hier ein Investor gefunden hat", betonte Margret Simoneit (SPD). "Ich finde das ein tolles Projekt, das man auch mal loben muss", verwies Melanie Homberger auf einen Kommentar in unserer Zeitung. Interessant auch ihre Frage an Daniel Löwenstein: "Ist mal irgendein Kritiker auf Sie zugegangen?". "Nein" antwortete der kurz und knapp.

Auch Regina Heneka (CDU) äußerte sich sehr positiv: "Ich finde das Ganze klasse, wir müssen auch mal Mut haben", appellierte sie an ihre Ratskollegen. "Ich hoffe, Sie bleiben am Ball", munterte sie Daniel Löwenstein auf.

Skeptischer äußerte sich Rolf Ege (Freie Wähler). "Man tut sich schwer" meinte er mit Blick auf die Größe des Gebäudes. In die von der EJL vorgelegten Zeichnungen habe er "kein Vertrauen". Der Wunsch, das Projekt nochmals in einer 3-D-Computerdarstellung sehen zu können, wurde dann mehrfach an diesem Abend geäußert.

Und Ege stellte noch eine Frage: Was sei eigentlich, wenn das Denkmalamt bei den Probegrabungen wesentliche Mauerreste finde. Da gebe es dann schon eine Grenze, räumte Daniel Löwenstein ein. "Bei einer Verzögerung von einem oder zwei Jahren wäre das Projekt für uns nicht mehr interessant."

Das EJL-Projekt "fügt sich sehr gut in das Stadtbild ein"

Jürgen Fischer (SPD) stellte sich hinter das EJL-Projekt, das sich seiner Ansicht nach "sehr gut in das Stadtbild einfügt". Ein Gebäude, das sich überhaupt nicht in die 1928 erlassene Stadtbildsatzung einfüge, sei dagegen das Rathaus, das sich komplett von allen umliegenden Häuser abhebe und dessen Architekt große Nähe zu den Nazi gehabt habe. An der Stadtbildsatzung kann man sich seiner Ansicht nach schon deshalb nicht mehr orientieren.

Stefan Löffler (Freie Wähler) zeigte sich sicher, dass das Gebäude Grundmauern aus dem 9. Jahrhundert hat, und forderte irgendwie eine Art zusätzlicher Planung, die das alles in Betracht ziehen soll.

Lorenz Welte fühlte sich zum Schluss noch aufgefordert, etwas klarzustellen: "Ich bin nicht gegen das Projekt, ganz im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass es für die Entwicklung der Innenstadt extrem wichtig ist."

Mit diesem Stimmungsbild konnte Daniel Löwenstein wohl zur Überzeugung gelangen, dass der Gemeinderat seinem Bauvorhaben überwiegend positiv gegenübersteht. Über die Fassade wird möglicherweise noch einmal gesprochen, und der Termin 3. März für die Stellung der Baugenehmigung wird wohl noch etwas nach hinten verlegt, was auch die Übertragung des Grundstück auf die EJL mit sich bringen würde. Aber sonst sieht eigentlich alles ganz positiv aus.