Mathieu Coquelin referierte im Bildungshaus St. Luzen zum Thema "Rechtspopulismus in der Gesellschaft". Foto: Maute Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Mathieu Coquelin referierte im Bildungshaus St. Luzen über das Thema Rechtspopulismus

Fremdenfeindliche Einstellungen gibt es nicht erst seit heute. Was sich verschoben hat, sei die "Grenze des Sagbaren": Im Zuge der Interkulturellen Woche referierte Mathieu Coquelin zum Thema "Rechtspopulismus."

 

Hechingen. "Radikal verstehen" – mit diesen Worten war der Vortrag überschrieben, den der Leiter der Fachstelle für Extremismusdistanzierung des Demokratiezentrums Baden-Württemberg auf Einladung der Mariaberger Ausbildung und Service GmbH, des Caritasverbands für das Dekanat Zollern und der Stadt Hechingen im Bildungshaus St. Luzen hielt. Wobei "Vortrag" nicht mit Monolog gleichzusetzen war. Die Zuhörer hatten vielmehr Gelegenheit, mit dem Referenten ins Gespräch zu kommen.

Ob sie gewisse "Erwartungen" an den Abend hätten, wollte Mathieu Coquelin denn auch gleich zu Beginn von den Anwesenden wissen. Anstatt Erwartungen waren es eher Fragen, die diesen unter den Nägeln brannten. "Inwieweit tendiert die AfD zum Rechtspopulismus?" Oder "Warum denken viele so, obwohl es ihnen gut geht?". Gedanken, denen im Rahmen des Referats auf den Grund gegangen wurden.

Populismus und Extremismus – beides sind Begriffe, die sich in Europa etabliert haben. Doch obwohl sie miteinander verwandt sind, sind sie nicht gleichzusetzen. Zum Populismus hatte Coquelin drei Thesen aus einem Essay von Professor Jan-Werner Müller ausgewählt, aus denen hervorgeht, was diesen ausmacht. In erster Linie sei er "antielitär" – ein Punkt, in dem er sich mit dem Extremismus überschneide – und vertrete den Anspruch, "demokratisch" zu sein. Dazu geselle sich noch der "Volkswille", der die Botschaft der Populisten impliziere, "die einzig wahren Volksvertreter zu sein".

Was begünstigt nun die Entwicklung vom Populismus zum Extremismus? Was nährt die Radikalisierungsentwicklung, mit der sich die Gesellschaft zunehmend auseinandersetzen muss? Neben der "Verschiebung der Grenze des Sagbaren", die mit einem sich speziell im digitalen Raum entwickelnden Klima der Angst und des Hasses einhergeht, sei es oft eine Infragestellung der Normen, die sich unter dem Einfluss von sozialen Medien, Freunden oder Familie vollzieht. So könne etwa das Fehlen einer positiven männlichen Identifikationsfigur ein Faktor sein, verdeutlichte der Referent. Oder Probleme, die unter dem Gesichtspunkt der Suche nach Sinn und Anerkennung in die mit zunehmender Unzufriedenheit verbundene Erfahrung münden, dem eigenen Anspruch nicht gerecht werden zu können.

Jugendarbeit: Man muss im Kleinen anfangen

Wie Coquelin erklärte, muss es so weit jedoch nicht kommen. "Vor der Auseinandersetzung mit einer Ideologie gibt es viele Möglichkeiten, einzugreifen", betonte der Sozialpädagoge. "Man muss im Kleinen anfangen", verwies er auf die Bedeutung der Jugendarbeit. Wichtig sei es, einen Zugang zu finden, auf die Menschen zuzugehen und dafür seinen eigenen Wahrheitsanspruch auch mal abzulegen.

"Wir müssen uns Gedanken machen, auf welcher Ebene wir demokratische Diskurse wiederherstellen können", so Coquelin abschließend.