Im Mordprozess wegen des tödlichen Schusses auf Umut K. am 1. Dezember des vorigen Jahres wurden am Mittwoch die Plädoyers gehalten. Verteidigung und Staatsanwaltschaft beurteilten dabei die Beweislage sehr unterschiedlich. Foto: privat

Tödliche Schüsse auf Umut K. Plädoyers im Mordprozess zeichnen abweichende Tat-Versionen.

Hechingen - Lebenslänglich fordert die Staatsanwaltschaft, Freispruch die Verteidigung – die Plädoyers im Hechinger Mordprozess zeichneten sehr unterschiedliche Versionen des tödlichen Schusses, dem am 1. Dezember vorigen Jahres an der Staig in Hechingen Umut K. zum Opfer fiel.

Nach 13 langen Verhandlungstagen, in denen zahlreiche Zeugen gehört, Dokumente und Spuren begutachtet wurden, war der Mittwoch nun der Tag der Plädoyers. Staatsanwaltschaft und die Verteidiger der drei Angeklagten trugen vor, was sie in diesem Fall für bewiesen halten und wie dies ihrer Ansicht nach zu bestrafen ist.

Staatsanwaltschaft sieht Plan hinter tödlichem Schuss

In einigen Punkten stimmten die Plädoyers sogar überein. Beispielsweise ist unbestritten, dass alle drei Angeklagten mit Drogen dealten, dass Umut K. nicht das eigentliche Ziel des tödlichen Anschlags war, weil er nur sehr gering in die Streitereien um ein unbezahltes Drogengeschäft verwickelt war. Ebenso klar: Das Auto, aus dem der tödliche Schuss fiel, wurde von Carmelo B. gesteuert, Calogero S. war Beifahrer.

Damit endet die Liste der Gemeinsamkeiten bereits. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war der tödliche Schuss das Produkt eines gemeinsamen Plans von Calogero S. und Carmelo B. mit dem Ziel, Giovanni M. zu töten. Versehentlich sei Umut K. getroffen worden, der neben Giovanni M. stand. Versuchter Mord in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, so wertet das die Staatsanwaltschaft. Wobei der versuchte Mord eine so hohe "Vollendungsnähe" aufweise, dass als Strafe nur lebenslänglich in Frage komme. Die Drogendelikte würden in diese Strafe einfließen. Für den Angeklagten, der nur wegen Drogenhandels angeklagt ist, wurden drei Jahre und neun Monate Haft beantragt.

Die Staatsanwaltschaft sah es nach Auswertung von Zeugenaussagen und objektiven Spuren als erwiesen an, dass Calogero S. der Schütze war. Wegen des Ablaufs des Tattages – auch Carmelo B. beteiligte sich mit Hochdruck an der Suche nach den Dealern, die ihn und seinen Freund um 5000 Euro Kaufpreis geprellt hatten – wird aber davon ausgegangen, dass beide gemeinsam vorhatten, ihrer Forderung mit dem Schuss auf Giovanni M. Nachdruck zu verleihen.

Verteidiger fordern Bewährungsstrafe

Eine völlig andere Version präsentierte dann der Verteidiger von Calogero S. Es gelang ihm, gewisse Zweifel zu streuen, ob Giovanni M. seinen Mandanten tatsächlich als Schützen erkannt haben konnte, und ob dessen diesbezügliche Aussage so eindeutig war. Er verwies zudem auf eine Schilderung seines Mandanten, der eine Woche vor dem Schuss von einer Gruppe um Giovanni M. massiv bedroht worden sei – auch hier soll eine Schusswaffe im Spiel gewesen sein. Daraufhin habe er die Geldforderung abgeschrieben, sei am Tattag nur unwillig mitgekommen, als ihn Carmelo B. abholte, und habe sich nur widerwillig an der Suche nach Giovanni M. beteiligt. Dass sein Freund dann aus dem Auto schoss, sei für ihn völlig überraschend gewesen. Die Schmauchspuren an seinen Händen und seiner Kleidung erklärt er so, dass er dem Schützen reflexartig in die Waffe gegriffen habe, als sich der Schuss löste. Folgerung des Anwalts: Vom Vorwurf der Tötung von Umut K. sei Calogero S. freizusprechen, für den Drogenhandel sei eine Freiheitsstrafe auf Bewährung ausreichend.

Der Anwalt von Carmelo B. plädierte ebenfalls dafür, seinen Mandant vom Tötungsvorwurf freizusprechen. Als Fahrer habe er gar nicht mitbekommen, dass sein Freund eine Waffe dabei hatte, und es gebe keine Hinweise, dass er am Tötungsplan beteiligt gewesen sei. Er habe sich zudem nach der Tat der Polizei gestellt. Im Gegensatz zur Staatsanwältin ist der Anwalt der Ansicht, dass sein Mandant nach Jugendstrafrecht beurteilt werden soll. Dafür spreche die Aussage der Jugendgerichtshilfe. Für den Drogenhandel hält auch er eine Bewährungsstrafe für angemessen.

Eine Haftstrafe, ausgesetzt auf Bewährung, forderte auch der Anwalt des Anklagten, der nur wegen Drogenhandels angeklagt war. Er gilt zwar als die "Respektsperson" im Verhältnis zu den beiden Angeklagten, für eine mögliche Verbindung zum tödlichen Schuss gibt es aber keine Hinweise.