Anwalt Dieter Weiblen und der Erste Beigeordnete der Stadt, Philipp Hahn (von links), vertraten in der Obertorplatz-Tiefgaragenklage die Stadt, Iris Klaiber, Rainer Hahn und Anwalt Martin Pagenkopf versuchten, vor dem Verwaltungsgerichtshof die Zweifel an dem Projekt zu erläutern. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Verwaltungsgerichtshof: Urteil wird heute um 11 Uhr bekannt gegeben / Alternativpläne kursieren

Das Urteil fällt erst heute, Freitag, um 11 Uhr, aber eines lässt sich nach der Verhandlung gestern vor dem Verwaltungsgerichtshof prophezeien: Die Wirtefamilie Klaiber hat schlechte Karten im Tiefgaragenprozess. Was das für die Tiefgaragenpläne heißt, ist unklar.

Hechingen. Gestern um 14 Uhr begann der Prozess vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, in dem zu entscheiden war, ob der vom Gemeinderat 2015 erlassene Bebauungsplan für die Oberstadt, der auch den Tiefgaragenbau umfasste, rechtmäßig ist. Dagegen geklagt hatten neben einem weiteren Anlieger vor allem die Klaiber-Wirte Rainer Hahn und Iris Klaiber. Ihr Anwalt Martin Pagenkopf, Bundesverwaltungsrichter im Ruhestand, versuchte dem Vorsitzenden Richter Conrad Pfaundler Punkt für Punkt die Einwände zu erläutern, die gegen das Tiefgaragenprojekt sprechen sollen.

Um es vorweg zu nehmen: Prozessbeobachter waren sich einig, dass das Gericht den Eindruck machte, als würden ihm eigentlich keiner von Pagenkopfs zahlreichen Argumente richtig einleuchten. Wenn das Urteil heute tatsächlich die Klaiber-Klage abweisen sollte, könnte es paradoxerweise dennoch gut sein, dass die Wirtefamilie am Ende als Sieger dasteht.

Denn seit dem Gemeinderatsbeschluss sind über zwei Jahre vergangen, und dass die Tiefgarage tatsächlich noch gebaut wird, gilt vielen als unwahrscheinlich. Dorothea Bachmann, die das Projekt vorantrieb, scheidet aus dem Amt, und längst kursieren Pläne, wie sich das Parkplatz-Problem am Obertorplatz auf eine ganz andere Weise lösen ließe. Offiziell ist hier allerdings noch nichts.

Was die Verhandlung am Donnerstag in Mannheim aber zeigte: Das Vorgehen von Hechinger Gemeinderat und Bürgermeisterin beim Aufstellen des Oberstadt-Bebauungsplans war aus rechtlicher Sicht wohl in Ordnung, auch wenn Anwalt Martin Pagenkopf davon sprach, er habe in seinen 41 Berufsjahren selten etwas ähnlich fehlerhaftes gesehen.

Seine Einwände aber wirkten teilweise fast skurril. So monierte er die Art, wie das Planungswerk für die Öffentlichkeit ausgelegt war. Es hatte im Bauamt an der Neustraße im Eingangsflur am Schwarzen Brett gehangen. Unbeleuchtet und düster sei es da gewesen, kritisierte er, was einen Richter zur Anmerkung veranlasste, "man kann einem mündigen Bürger zumuten, das er das Licht anknipst". Denn ein solches war vorhanden.

Licht anknipsen ist dem Bürger zumutbar

Es gab natürlich auch ernsthaftere Einwände. So ging es um mehrere angebliche Verfahrensfehler, die der Kläger monierte. Die Bekanntmachung im Amtsblatt etwa sei "für Leute ohne juristischen Sachverstand" nicht nachvollziehbar gewesen, so Pagenkopf, eine Stellungnahme des Nabu sei unter falscher Rubrik gedruckt und habe irritiert. Die Richter konnten diese Sichtweise nur schwer nachvollziehen.

Im Kern aber ging es ohnehin um zwei zentrale Fragen, die sicher auch für das Wirtepaar im Vordergrund ihrer Klage gegen die Tiefgarage stand: Würde ein so massiver Bau die Gebäude auf der steil am Hang liegenden Ostseite des Platzes gefährden? Und sind die negativen Belastungen des Baus vertretbar?

Pagenkopf monierte beim Risiko für die Nachbargebäude, dass das Bodengutachten, das die Stadt für ihre Planung heranzog, zu lückenhaft und oberflächlich gewesen sei. Es habe nicht auf der ganzen Fläche Bohrungen gegeben.

Dieter Weiblen, der Anwalt der Stadt, der gemeinsam mit Philipp Hahn, dem Ersten Beigeordneten der Stadt, vor Gericht erschienen war, verwies darauf, dass im Rahmen des Petitionsverfahrens sogar die Landebehörde für Bautechnik das Gutachten nicht beanstandet habe. Und Richter Pfaundler ließ deutlich durchblicken, dass das Gutachten der Stadt ziemlich genau dem entspricht, was in solchen Fällen üblich ist. Würden in der Bauphase unerwartet Probleme auftauchen, müssten diese eben behoben werden.

Ähnlich erging es dem Einwand, durch die für das Projekt notwendige Fällung der beiden Blutbuchen würde die Oberstadt von einem unverzichtbaren Sauerstoffversorger abgeschnitten. Der Platz werde ja hinterher komplett begrünt, konterte Anwalt Dieter Weiblen. Richter Pfaundler verwies zudem auf ein Gutachten, dass den Bäumen nur noch eine begrenzte Restlebenszeit vorhersagt. Und er hielt etwas fest, was sich wie ein Roter Faden durch die Verhandlung zog: Der Gemeinderat hat in Fragen der Stadtgestaltung eben genau das Recht, solche Dinge zu entscheiden, wenn er alle wichtigen Argumente zuvor abgewogen hat.

Beispielsweise auch die Frage, ob schützenswerte Tiere in den Bäumen leben. Der Gutachter habe nur im März und April nach den Bäumen geschaut, monierte Pagenkopf. Zu der Zeit sei es auf der Schwäbischen Alb noch tiefster Winter. Die Bäume hätten da halt noch keine Blätter, so dass es einfach sei, nach Bruthöhlen in den Bäumen zu suchen, wurde gekontert. Und auf die Brutstätten komme es an. Die Richter sahen das deutlich erkennbar ein.

So ging es im Prinzip mit allen Einwänden. In der Tatsache etwa, dass ein großes Bauprojekt Anlieger belästigt, konnten die Richter auch kein Argument gegen die Tiefgaragenpläne finden. "Gerichte sind immer für Überraschungen gut", gab sich Martin Pagenkopf am Ende trotz allem zuversichtlich.