Mal richtig Theater machen im Gericht – wenn sich das Lindenhof-Intendant Stefan Hallmayer (von rechts) herausnimmt, werden Justizminister Guido Wolf, Amtsrichter Fabian Kalmbach und Landgerichtspräsidentin Luitgard Wiggenhauser nicht böse. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Lindenhofstück: Das Stück "der zerbrochene Krug" wird in echten Gerichtssälen aufgeführt

Eigentlich wollen die Lindenhof-Mimen ja nur spielen. Aber wenn sie das mal an einem Ort dürfen, wo sonst echte Verbrechen abgeurteilt werden, ist ihnen das auch recht. Und deshalb spielen sie das Kleist-Stück "Der zerbrochene Krug" nun auch in echten Gerichtssälen.

Hechingen. Bis das Stück im Hechinger Landgerichtssaal läuft, dauert es noch bis 6. November. Premiere im Stuttgarter Amtsgericht ist aber schon am 9. Mai, und wenn Justizminister Guido Wolf schon mal in Hechingen ist, um sich am Gericht umzuschauen, könnte man ihm doch dieses Projekt hier vor Ort gleich mal vorstellen, mag sich Lindenhof-Intendant Stefan Hallmayer gestern gedacht haben. Und so schaute er vorbei und machte etwas Werbung für die gute Sache.

Und der Justizminister, der bekanntlich die Arbeit des Lindenhoftheaters sehr schätzt, hörte sicher mit Wohlgefallen, wie Hallmayer dieses besondere Projekt begründete. Justiz und Theater würden im Endeffekt auf jeweils eigene Art dem gleichen Ziel dienen, sagte er, beide stünden "im Dienste der Demokratie", denn beide wirkten in der Öffentlichkeit, verhandelten Dinge, die relevant für die ganze Gesellschaft seien, förderten den Diskurs.

Das Stück von Heinrich Kleist handelt bekanntlich von einem Amtsrichter, der seine Machtstellung missbraucht hat und in einem zunächst harmlos wirkenden Prozess um einen zerbrochenen Krug immer schmerzhafter gegen sich selbst ermitteln muss, denn der Prozess folgt strikt den Regeln der Wahrheitsfindung.

Kleist glaubte immer weniger an die absolute Gerechtigkeit

Das Stück sei in einer Zeit entstanden, als viele Angst vor Veränderungen ihres Lebens gehabt hätten. Auch staatliche Willkür mag damals ein Grundgefühl gewesen sein. Kleist selbst bedrückte die zunehmende Erkenntnis, dass absolute Gerechtigkeit im Leben sogar selbst bei höchster Anstrengung gar nicht möglich ist.

Dieses Stück, das eigentlich ein Luststück ist, obwohl es Abgründe offen legt, nun heute nicht vor der künstlichen Kulisse einer Theaterbühne zu spielen sondern in realen Gerichtssälen, das verleihe dem Stück eine ganz neue "Relevanz", betonte Hallmayer. Und relevant zu sein, Diskurse auszulösen, und das alles an Orten, die öffentliche Aufmerksamkeit erzeugen, das sei auch das Ziel des Lindenhof-Theaters.

Es wird übrigens nicht nur in Gerichtssälen gespielt, sondern auch auf einigen öffentlichen Plätzen, denn "dort fanden früher die Prozesse statt", hob der Lindenhof-Mime hervor.

Premiere hat das Stück am Donnerstag, 9. Mai, von 20 Uhr an im Amtsgericht Stuttgart. Dort wird es erneut am Samstag, 11. Mai, gespielt. Ein weiterer Termin ist am Mittwoch, 29. Mai, von 20 Uhr an im Landgericht Rottweil, und am Donnerstag, 31. Oktober, von 20 Uhr an im Amtsgericht Esslingen, bevor es am Mittwoch, 6. November, im Hechinger Landgerichtssaal aufgeführt wird.

Den Dorfrichter Adam spielt übrigens Bernhard Hurm, sieben weitere Mimen stehen mit ihm auf den Brettern, die in diesem Fall die Gerechtigkeit bedeuten. Weitere Aufführungstermin sind für das nächste Jahr geplant.