Sicherheit ist sein Beruf: Polizeipräsident Alexander Pick hat in Hechingen einen Vortrag über die Sicherheitslage gehalten. Foto: Stopper

Polizeipräsident Alexander Pick nennt Argumente gegen übersteigerte Angst vor Kriminalität.

Hechingen - Vor lauter Kriminalitätsangst – kann man da abends noch aus dem Haus gehen? Beispielsweise, um Polizeipräsident Alexander Pick darüber reden zu hören, wie sicher wir in Deutschland leben? Dieses Risiko haben gestern in Hechingen viele auf sich genommen.

Um Kernsätze seines Vortrags, den die Kreis-CDU veranstaltet hatte, vorweg zu nehmen: Das Kriminalitätsrisiko im Zollernalbkreis ist vergleichsweise gering, und die Chance, hier ermordet zu werden ist viel kleiner als die Gefahr, an einem verschluckten Gegenstand zu sterben. Einer Fischgräte oder einem Kronkorken, beispielsweise. Und auch das vorweg: Früher war nicht alles besser. Fast alle Zahlen zur Kriminalität weisen sinkende Tendenzen auf.

Fischgräten sind gefährlicher als Mörder

Trotzdem: Pick verniedlichte die Kriminalität keineswegs. Im Gegenteil: Natürlich ist jeder Mord, jeder Einbruch, jeder Betrug einer zu viel. Den Einwohnern maximale Sicherheit zu vermitteln, sieht er als zentrale Aufgabe des Staates. Nur so lange die Bürger vertrauen, dass die Polizei sie zuverlässig schützt, verzichten sie darauf, sie eine die Pistole unter das Kopfkissen zu legen. Und dieses Vertrauen sinkt wohl stark. Pick wies hier auf die exorbitante Zunahme von so genannten Kleinen Waffenscheinen hin, die zum Erwerb von Pfeffersprays und Schreckschusspistolen nötig sind. Es gibt also viel Unsicherheit in der Bevölkerung. Dass die Zuhörer an diesem Abend dennoch so zahlreich den Saal des Bildungshauses St. Luzen kamen, lag sicher auch an Pick selbst.

Pick ist bald auch für Hechingen zuständig

Immerhin ist er geborener Hechinger, hat hier Abitur gemacht, bevor ihn die Polizeikarriere über Landeskriminalamt, Innenministerium und Rektorenamt an der Polizeihochschule auf den Sessel eines Polizeipräsidenten in Reutlingen führte, wo er heute einen Polizeiapparat führt, der etwa eine Million Einwohner schützt. Von nächstem Jahr an 1,2 Millionen Menschen, denn dann gehört auch der Zollernalbkreis zu seinem Zuständigkeitsbereich. Das dürfte ihn freuen. Zum einen wohnt er in Jungingen, beschützt damit künftig auch sein eigenes Zuhause, zum anderen erhält er ein Gebiet zugeteilt, das im Vergleich zu anderen Regionen wenig Kriminalität aufweist.

Und zwar deutlich. 3465 Straftaten passieren hier pro 100.000 Einwohner. in Freiburg sind es 12.237, in Berlin 16.161. Die wenigsten davon werden Opfer von Mord und Totschlag. In Deutschland starben daran 657 im Jahr 2017. Fünfzig Jahre früher waren es 662 – allerdings zählte da nur Westdeutschland.

Mehr Angst als vor Mord und Totschlag haben viele allerdings vor Wohnungseinbrüchen. Die Statistik hat aber auch hier beruhigende Zahlen parat. Die Zahlen sinken auch hier leicht.

Statistiken alleine beruhigen nicht

Fragt sich nur: Warum haben die Leute trotzdem Angst, wie die zunehmenden Zahlen Kleiner Waffenscheine zeigen? Alexander Pick stellte sich diese Frage ebenfalls an diesem Abend, ist sich aber sicher: Auf zuverlässige Nachrichten hören beruhigt wirklich. Wer stattdessen Internet-Geraune mit Wahrheiten verwechselt, muss sich über Angstattacken nicht wundern. Stattdessen sich in vernünftigem Maß vorsichtig verhalten und auch sonst am besten das tun, was die Polizei empfiehlt – das wären Tipps, die der Polizeipräsident all jenen gibt, die gerne ihr persönliches Sicherheitsgefühl erhöhen wollen.

Das heißt: Weniger Krimis schauen, weniger Boulevard-Medien lesen, weniger in den Tiefen des Internet versinken, stattdessen mal mit offenen Augen durch die Stadt oder die Nachbarschaft spazieren. "Da treffen sie Nachbarn, auch mal jemand, der fremd aussieht, und die Chance, dass Ihnen dabei was passiert, ist verschwindend gering", warb Pick für diese Art der Freizeitgestaltung.

Einfach mal weniger Krimis anschauen

Dabei lerne man nicht nur Leute und Nachbarn kennen, was übrigens tatsächlich ein Schutz vor Kriminalität bedeute, man bekomme auch wieder einen normaleren Blick auf die Welt.

Und was ist mit der Angst vor Migranten und Flüchtlingen? Pick räumte hier ein, dass der Zustrom dieser Menschen auch mehr Kriminalität gebracht hat, allerdings sind auch hier die Zahlen eher rückläufig.

Was Pick aber mehr beschäftigt, betrifft nicht bestimmte Einwohnergruppen: Generell nehme nicht nur der Respekt vor Polizisten ab, auch Rettungskräfte würden zunehmend angegriffen. Jeder dritte Polizist wurde in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal im Dienst verletzt, rechnete Pick vor. Aber auch hier muss noch niemand Angst vor Staatsversagen haben. Die Justiz greife mittlerweile viel härter durch und verhänge in solchen Fällen häufiger und härtere Strafen. Beruhigt konnten die Zuhörer nach diesem Vortrag den Heimweg antreten.