Was heißt hier Schwäbisch? Die Landkarte zeigt, wie vielfältig die Mundart im Südwesten ist. Zu den Hauptdialakten kommen noch zahllose regionale und lokale Zungenschläge. Foto: sb

Dialekt wechselt von Ort zu Ort und je nach Anlass. Stadtarchivar hält heiteren Vortrag über Mundart.

Hechingen-Stetten - Im Prinzip wächst der Schwabe dreisprachig auf: Er pflegt einen eigenen Dorfdialekt, wendet eine gemäßigtere regionalere Variante am Arbeitsplatz an und versucht sich immer mehr am Hochdeutschen.

Mit teils verblüffenden Erkenntnissen trat Thomas Jauch in Stetten vor sein Publikum. Der Archivar und Pressesprecher der Stadt Hechingen hielt dort beim Förderverein zur Erhaltung des Heimatmuseums und der Kulturdenkmale einen Vortrag über Zungenschlag. Titel der Veranstaltung: "Räume und Gesellschaft - Dialekte von Baden-Württemberg". Der Johannessaal in der Klosterkirche war voll besetzt. Jauchs bisweilen recht heiterer Vortrag lockte nicht nur Stettener an, sondern auch Besucher aus den umliegenden Orten.

Jauchs Dialektkunde begann mit Mundarten, die um Stetten herum gesprochen werden. Er stützte seine Ausführungen vor allem auf das Buch von Ludwig Egler "Aus dem Zollerländle" von 1881. Er stellte fest, dass es einen spezifisch hohenzollerischen Dialekt nicht gibt. Das Volk im Schatten der Burg drückt sich einfach schwäbisch aus. Es gibt eine Ausnahme: der südlichste Zipfel um Hohenfels-Liggersdorf, wo bereits alemannisch gesprochen wird.

Allerdings sind rund um den Hohenzollern ganz verschiedenartige Idiome bemerkbar, die von Ort zu Ort verschieden sind. Auf dem Lande klingt der Dialekt etwas schwerfälliger als in der Stadt, wo das Raue schon mehr abgeschliffen erscheint. Auch in der Wortbetonung finden sich von Ort zu Ort Verschiedenheiten. In hohenzollerischen Gemeinden grenzt sich die Aussprache in manchen Worten auch von der Aussprache ab, die in den angrenzenden württembergischen Orten gepflegt wird. Jauch führt dies auf die Religion zurück. Vom Tonband kam dann auch noch die Stimme des Gastwirts Casimir Bumiller I aus Jungingen, Großvater des Historikers Casimir Bumiller. Zu hören war eine Lügengeschichte, die große Heiterkeit im Publikum auslöste.

Dem Beobachter könne aber nicht entgehen, dass die Mundarten durch Schule, Kanzel, Militärdienst und andere Einflüssen von ihren Eigentümlichkeiten einbüßen. Eine Verschmelzung mit der hochdeutschen Sprache werde im Laufe der Zeit unvermeidlich. Auch die berufliche und die gesellschaftliche Mobilität hätten einen wesentlichen Einfluss auf die Sprache. Heute gehe man zum Arbeiten oder Einkaufen in die Stadt, das präge, ebenso wie die Medien. Dies führe dazu, dass dem Mundart-Sprecher mehrere Sprachschichten zur Verfügung stünden, die er je nach Situation einsetze: Die Grundmundart spreche er im Dorf. Bei der Arbeit werde er eine regionale Ausgleichssprache sprechen, da sich dort Mundart-Sprecher aus verschiedenen Gegenden träfen. Dazu komme, dass einzelne Wörter ausstürben.

Info: Dialektologie

Die Geschichte der Mundartforschung (Dialektologie) begann laut Thomas Jauch etwa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Entwicklung vom indogermanischen Stammbaum führte über Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch, Frühhochdeutsch und Neuhochdeutsch. Ferner gibt es die Gliederungen der Mundarten in nieder-, mittel- und oberdeutsch. Zu dem oberdeutschen Raum zählen Baden-Württemberg, Bayern, das Elsaß, die Schweiz und Österreich.

In Baden-Württemberg wird, je nach Gebiet, sowohl der fränkische, der schwäbische als auch der alemannische Dialekt gesprochen. Die Dialekte lassen sich wiederum nuancieren in regionale Spezifika, etwa in südrheinfränkisch, ostfränkisch (hohenloisch), nordelsässisch, alemannisch und eine alemannisch-schwäbische Mischmundart mit besonderer Ausprägung.