Gernot Schultheiß, Chef des Albstädter Schulamts, und Maximilian Groß, sein Stellvertreter, schilderten am Donnerstag die aktuelle Zwangslage: Mangel an ausgebildeten Grundschullehrern, die meist auch Stellen in der Provinz scheuen. Die, die kommen, sind oft junge Frauen mit Kinderwunsch. Dazu Krankheitsfälle. Die ständig wachsenden Lücken wurden bislang mit Lehrerpensionären und verwandten Berufen aufgefüllt – beispielsweise Musiklehrern. Das sei jetzt komplett abgegrast, versicherte Groß.
Konkrete Folge: In Rangendingen, Gruol bei Haigerloch und Geislingen ist derzeit Pflichtunterricht gefährdet. Sprich in Mathe oder Deutsch findet improvisierter Notfallunterricht statt. Und Hechingen – das blieb an diesem Abend aber nicht unwidersprochen – habe einen "Überhang" von 79 Lehrerstunden gegenüber dem errechneten Deputat von 581 Stunden. Deshalb werden von dort zwei Lehrer in die Notstandsgebiete verschickt.
Stimmt die Rechnung?
Björn Kech, stellvertretender Elternbeiratsvorsitzender, und anderen Eltern, die sich gut vorbereitet hatten, gelang es im Lauf der Debatte, die Schulamts-Experten ins Grübeln zu bringen. Denn so einfach ist das Lehrerumverteilen nicht in Hechingen, weil es Klassen mit gebundenem Ganztagsunterricht gibt, weil ein Teil des Unterrichts in Sickingen stattfindet. Und Rektorin Alexandra Gruler-Baeck war der innere Konflikt zwischen Loyalität zu ihren Vorgesetzten und Verzweiflung über das fast unlösbare Problem, das ihr die Schulamtsvorgaben bereiten, anzumerken. Unterricht während des Schuljahrs umzuorganisieren gleicht einer Operation am offenen Herzen. So gibt es Klassen, in denen sich Referendarinnen seit Monaten auf ihre Prüfung vorbereiten. Und das ist nur eine von einigen Zwängen, die aus 79 angeblichen Überhangstunden wieder einen Lehrermangel machen.
Druck führt zu Kommunikationsfehler
Dieser Druck war es wohl auch, dass sie einen Fehler gemacht hat: Die Informationspolitik. Die Schüler wurden informiert und erhielten einen Brief an ihre Eltern mit nach Hause. "Das kann man doch nicht machen, da müssen doch erst wir informiert werden", schimpfte ein Vater. Da seien heulende KInder nach Hause gekommen und mussten ahnungslosen Eltern die Lage erklären. Und dann habe man schnell entscheiden sollen.
Ein Fehler, das wurde eingeräumt. Aber die Rektorin erklärte, sie habe sehr kurzfristig erfahren, dass Lehrer abgezogen werden, umgesetzt soll die Änderung aber schon nach den Fasnetferien sein. Unter enormem Zeitdruck habe sie schnellstmöglich noch vor dem Infoabend die Eltern ins Bild setzen wollen, um Zeit für gemeinsame Lösungssuche zu haben .
Warum machte das Schulamt Druck?
Verblüffende Antwort: Hechingen hat die Lehrerversorgung auf Grundlage einer Prognose zugerechnet bekommen. Als man Monate später nachrechnete, fehlten 50 Kinder. "Sitzen die im Keller?", fragte ein Vater. Sicher nicht. Aber die Antwort blieb vage. Irgendwas mit Statistik. Folge: Hechingen hätte nicht so viele Lehrerstunden kriegen sollen. Jetzt werden die abgezogen.
Damit ließen die Eltern die Schulamtsvertreter nicht davon kommen. Sie schilderten in Redebeiträgen die Probleme, die eine Familie hat, wenn Kinder an eine andere Schule sollen. Eng getaktete Zeitpläne, unmögliche Busfahrpläne. Alles gerate aus den Fugen. Natürlich auch darüber, was ein Klassenwechsel für Kinder bedeutet. Und wie schwierig es ist, die Kinder umzuverteilen. "Das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis", fasst eine Mutter die Debatte zutreffend zusammen. Man hatte kurz den Eindruck, als ob die Schulamtsvertreter zustimmend genickt hätten.
Immerhin versprach Maximilian Groß, dass es in Hechingen keine Klasse über dem Teiler von 28 Kindern geben wird. Und vielleicht wird die Schließung der 2e nochmal überdacht. Mal sehen.
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