Heute ist Welttag des Stotterns. Fred Löffler ist Betroffener, und er rät jedem, der unter stottern leidet, sich Unterstützung bei einer Selbsthilfegruppe zu suchen. Foto: Stopper

Fred Löffler fand in Selbsthilfegruppe viel Hilfe und Unterstützung. Als Kind fühlte er sich alleingelassen.

Hechingen/Jungingen - Er war noch im Kindergarten, da fing Fred Löffler an zu stottern. Der Hausarzt war ratlos. Bis zum 30. Lebensjahr blieb der Junginger mit seinem Leiden buchstäblich ratlos. Dann fand er die Tübinger Stotterer-Selbsthilfegruppe. "Für mich war das ein Segen", sagt er.

Deshalb hat er Kontakt zur Hechinger Schwabo-Redaktion gesucht. Dass der Artikel heute in der Zeitung steht, ist kein Zufall. Denn genau heute ist der Welttag des Stotterns. Fred Löffler will Betroffene aus diesem Anlass dazu ermuntern, sich mit ihrem Leiden kompetenten Beistand und wirksame Therapie zu suchen. Denn Stottern ist zumindest ein Stück weit behandelbar, versichert er.

Grundschullehrer zeigten wenig Verständnis

Er selbst hat als Kind eine solche Unterstützung jedenfalls bitter vermisst. Als er als kleines Kind mit stottern anfing, gingen seine Eltern mit ihm zum Hausarzt. Der meinte, das "könnte von alleine wieder weggehen", so Fred Löffler. Auch seine Grundschullehrer zeigten wenig Verständnis, hatten keine Geduld, ihm beim reden zuzuhören. "Ich habe mich deshalb fast nie gemeldet, und ich kaum auch fast nie dran", sagt er.

Stottern, das ist wie ein Feind im eigenen Kopf, der einem vieles, was sonst einfach wäre, unendlich schwierig macht. Der die Betroffenen dazu bringt, mit sich selbst zu hadern. Wenn Fred Löffler in der Bäckerei in der Schlange steht, wird er nervös. Auch in seiner Junginger Stammbäckerei. Gleich muss er reden. "Das Herz klopft, Schweißausbrüche", erzählt er.

"Jungingen" konnte er früher kaum aussprechen

Zudem hat er besondere Probleme, das Wort "drei" zu sagen. Deshalb kauft er oft vier Brötchen, auch wenn er eigentlich nur drei will. Ist einfacher so. Auch das Wort "Jungingen" – sein Heimatort – konnte er früher kaum aussprechen, "und das war am Bahnschalter, wenn ich mit dem Zug heimfahren wollte, echt schlimm". Wieso ihm dieses Wort so schwer fällt, versteht er selber nicht. Jedenfalls habe er am Bahnschalter schon wirsche Reaktionen erlebt.

Im merhin. Jungingen ist ein kleiner Ort, hier hält man zusammen, viele kennen ihn von klein auf. Ausgestoßen fühlte er sich nicht. "So richtig gehänselt bin ich eigentlich auch nie worden", sagt er. Seine Kumpel kannten ihn so, wie er ist.

Er spielte im Musikverein Trompete und ist bis heute in der Feuerwehr aktiv. "Natürlich bin ich da akzeptiert" sagt er fast verwundert über diese Frage. Dass die Jugend trotzdem vom Stottern überschattet war, deutet er nur an. "In der Disco mal jemand ansprechen... hm", sagt er nur. Mehr möchte er zu diesem Thema nicht sagen.

Telefonnummer im Fernsehen aufgeschrieben

Dass er seine Geschichte heute beim Redaktionsgespräch halbwegs flüssig erzählen kann, verdankt er einer Nachbarin. 25 Jahre sei es her, "da hat die im Fernsehen bei Schreinemakers live was über Stottern gesehen". Die Nummer für Betroffene habe sie für ihn aufgeschrieben.

So kam er auf den Landesverband "Stottern & Selbsthilfe Baden-Württemberg", der in Tübingen eine Selbsthilfegruppe hat. "Da habe ich zum ersten Mal gesehen, dass man gegen Stottern was machen kann", erzählt er. Vorher sei das in seinem Umfeld niemand bewusst gewesen. Ihm selbst auch nicht. "Da gab es ja noch kein Internet", sagt er.

"Niemand stottert beim Singen"

Die Selbsthilfegruppe wird von Logopäden betreut, denn vieles kann durch üben verbessert werden. So können schwierige Worte in einer Art Melodie gesprochen werden, "denn niemand stottert beim Singen", berichtet Löffler. Auch Entspannungsübungen seien wichtig. "Wenn du nervös wirst, ist es ganz schlecht." Und Jungingen zu sagen, fällt ihm heute auch leichter, er benutzt da eine besondere Armbewegung als Begleitung. "Irgendwie hilft mir das", sagt er.

Genau so wichtig wie die Übungen ist für ihn aber auch die Gemeinschaft mit den anderen Betroffenen. Das Gefühl, mit diesem Leiden nicht ganz alleine zu sein. Und über den Bundesverband werden deutschlandweit regelmäßig Treffen organisiert, immer in einer anderen Stadt. "Das ist toll für mich, ich gehe da wahnsinnig gern hin, und da haben sich wirklich Freundschaften entwickelt", berichtet er. Sein Rat an alle Betroffene: "Sucht euch Unterstützung, versucht es mal mit einer Selbsthilfegruppe, das hilft euch wirklich."

"Auf keinen Fall die Worte vorsagen"

Löffler ist auch im Landesverband der Selbsthilfegruppe etwas aktiv. Am Wochenende war die Hauptversammlung, die dieses Jahr im Hechinger Bildungshaus St. Luzen stattfand. Formalien und Berichte standen auf dem Programm, aber auch eine Stadtführung und Kaffeetrinken. Allerdings mit wenig Teilnehmern, denn die meisten waren über eine Online-Übertragung zur Hauptversammlung zugeschaltet.

Einen wichtigen Tipp hat er übrigens für Leute, die mit Stotterern Kontakt haben: "Zuhören, Geduld haben und auf keinen Fall die Worte vorsagen, an denen einer beim Stottern hängen bleibt."