Der Schiedsrichter-Skandal um Manfred Amerell und Michael Kempter wird vor dem Landgericht Hechingen wieder aufgerollt. Foto: dpa

Eifersuchtsdrama oder sexueller Missbrauch? Skandal um Amerell und Kempter vor Gericht.

Hechingen - Eifersuchtsdrama oder sexueller Missbrauch? Der Schiedsrichter-Skandal um Manfred Amerell und Michael Kempter wird vor dem Landgericht Hechingen wieder aufgerollt.

Dabei könnte die Schlammschlacht weitergehen, die den Fall vor einem Jahr bundesweit in die Schlagzeilen brachte. Vor dem Prozess am Donnerstag halten sich die beiden Protagonisten völlig zurück. Im Gerichtssaal werden sie erstmals wieder aufeinandertreffen.

Auch Amerells Anwalt Jürgen Langer (München) will keine Stellungnahme abgeben. Kempters Rechtsvertreter Christoph Schickhardt (Ludwigsburg) sagte der Nachrichtenagentur dpa: »Wir werden die Verfahren alle gewinnen.« Verhandelt wird unter dem Vorsitzenden Richter Alexander Meinhoff die Zivilklage Amerells gegen Kempter. Der frühere Schiedsrichter-Sprecher des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) fordert von dem einstigen Bundesliga- und FIFA-Referee 150 000 Euro Schadensersatz wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte.

Hintergrund sind die von Kempter in Zeitungsinterviews erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch seinen einstigen Förderer. Die Affäre hatte den DFB und seinen Präsidenten Theo Zwanziger 2010 monatelang beschäftigt und zu einer Neuordnung des Schiedsrichterwesens im größtes nationalen Sportfachverband der Welt geführt.

Amerell hat erst vergangene Woche vor dem Oberlandgericht München ein juristische Niederlage gegen Zwanziger einstecken müssen: Dort scheiterte der 63-Jährige in letzter Instanz mit dem Versuch, Zwanziger gerichtlich zu untersagen, öffentlich von einer Amtspflichtverletzung zu sprechen.

Anhängig ist in der Auseinandersetzung zwischen Amerell und Kempter noch ein Einspruch des früheren DFB-Funktionärs vor dem Landgericht Köln: Kempter hatte dort eine Einstweilige Verfügung gegen Amerell erwirkt. Dem verheirateten Familienvater und Hotelier aus Augsburg wurde unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von jeweils 250 000 Euro untersagt, private E- Mails oder SMS von Kempter an ihn zu verbreiten.

Intimen Kontakte seien im Einvernehmen zustande gekommen

Mit intimen Details aus dem persönlichen Schriftverkehr zwischen den beiden war Amerell damals an die Öffentlichkeit gegangen, um sich zu wehren. Der 36 Jahre jüngere Bankkaufmann Kempter aus Sauldorf hatte dem damaligen DFB-Schiedsrichter-Chef Volker Roth gemeldet, er sei von Amerell sexuell belästigt worden. Der einstige Schiedsrichter-Funktionär bestreitet dies. Er habe zwar »einer menschlichen Schwäche« nachgegeben, sagte Amerell, die intimen Kontakte seien jedoch im Einvernehmen zustande gekommen. Kempter wiederum betonte, er sei heterosexuell und habe den Avancen des mächtigen Schiedsrichter-Beobachters nicht widerstanden, um seine Karriere nicht zu gefährden.

Der DFB hat den Fall offiziell bereits im Februar vergangenen Jahres für abgeschlossen erklärt, als Amerell von seinem Amt als Schiedsrichter-Sprecher zurücktrat. Zum bevorstehenden Prozess will sich der Verband nicht äußern. »Ich habe stets darauf hingewiesen, dass das wirkliche Verhältnis Kempters zu Amerell und Amerells zu Kempter von der Staatsanwaltschaft oder durch Zivilgerichte geklärt werden muss«, hatte Zwanziger in einer früheren Stellungnahme betont.

Über die sportliche Zukunft Kempters werden der DFB und die neue Schiedsrichter-Kommission mit Herbert Fandel an der Spitze entscheiden, wenn alle Prozesse abgeschlossen sind. Kempter galt einst als das Toptalent der Unparteiischen im Lande: Er leitete mit 23 Jahren bereits Bundesliga-Spiele und war mit knapp 27 jüngster FIFA- Referee der Fußballgeschichte. Der DFB ließ sein früheren Vorzeige-Schiedsrichter nach einer Auszeit das Drittliga-Spiel SV Sandhausen gegen Holstein Kiel im vergangenen April und noch einmal in der Oberliga pfeifen. Auf die ganz große Bühne durfte der ehrgeizige Referee nicht mehr.

»Nach unserem Eindruck geht es Herrn Amerell vor allem darum, einen öffentlichen Auftritt zu haben«, sagte Kempters Anwalt Schickhardt zum Prozess in Hechingen. »Wir halten uns mit öffentlichen Auftritten zurück und werden ganz in Ruhe unsere juristische Arbeit machen, um die Sache und die verschiedenen Prozesse für Herrn Kempter zu Ende zu bringen.«