In Boll wurde am Aschermittwoch die Fasnet zu Grabe getragen. Fotos: Daiker Foto: Schwarzwälder Bote

Narretei: Fasnetvergraben der Narrhalla Boll am Aschermittwoch

Die weit und breit einzigartige Zeremonie des Fasnetvergrabens fand am Aschermittwoch in Boll statt. Damit endeten im Hechinger Teilort erst einen Tag später als anderswo die Aktivitäten der Narren.

Hechingen-Boll. Die Aufführung gliederte sich in verschiedene Abschnitte. So begann die Veranstaltung mit dem Trauerzug, der durch die Dorfmitte in die Festhalle zog. An der Spitze des Trauerzuges marschierte der Fahnenträger. Ihm folgten der Laternenträger, die Sargträger, Vorbeter (Messner) sowie der Pfarrer (Narrenvogt) und nicht zuletzt die Trauergemeinde. In der Dorfmitte wurde der rote Sarg der "Tante Fasnet" abgestellt. Der Narrenvogt betete "Sprengt an Has am Wengaroa nom" vor, ehe die Gemeinde mit "Lenda laufa" antwortete.

Über die gesamte Umzugsstrecke betete auch der Messner aus dem deutschen Kartenspiel vor. Sagte er zum Besipiel "Karo Dame" oder "Schippen Siebener", antwortete die Trauergemeinde mit "Nix für uns". Sah er jedoch einen bekannten Bürger an der Umzugsstrecke oder hinter dem Fenster stehen, rief er dessen Namen und die Trauergemeinde antwortete jetzt mit "älles für uns, sicht a Kreuz ond a Leida mit am" und dann den Namem des Gerufenen.

Unter Weinen und Wehklagen zog der Trauerzug in die Festhalle ein. Der rote Sarg der "Tante Fasnet" wurde auf der Bühnenmitte abgestellt. Der Pfarrer eröffnete die Zeremonie mit den Worten "Im Namen des Katers, des Huhnes und des alten Faschinggeistes Damon". Das wohl bekannteste Lied, "Ich hatt ne alte Tante", ist Bestandteil des Programmes und wurde gesungen als der rote Sarg noch auf der Bühne stand.

Unter humorvollen Ansprachen am Sarg Kränze niedergelegt

Von der Trauergemeinde wurden unter humorvollen Ansprachen am Sarg Kränze niedergelegt. Die Ansprachen erfolgten zum Teil in Reimform oder sind nur Wiedergaben aktueller Ereignisse der vergangen Fasnet, mit spitzem Scherz versehen. Zum Ende streute der Pfarrer Asche aus und leerte das Nachtgeschirr des Nachtwächters über die Bahre. "Tragt sie fort (die alte Fasnet) in eine Lumpenecke, denn sie stinkt ja schau wie sechse", lautete die Ansage für die Sargträger, die Fasnet von der Bühne zu tragen.

Beim Leichenschmaus durften auch die Zuschauer unter besonderer Anweisung mit drei Fingern den Rettichsalat aus dem Nachttopf essen. Bevor das aus Ton gebrannte und handbemalte Unikat des Nachttopfes meistbietend versteigert wurde, stand noch die Predigt auf dem Programm. Wenn auch früher nur Männer an der Zeremonie erlaubt waren, so dürfen heute auch Frauen daran teilnehmen.

Nachdem es in früheren Jahren immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit der Kirche gekommen war, wurde das Stück vom Dorfpfarrer anno 1915 umgeschrieben und wird in unveränderter Form bis zum heutigen Tag aufgeführt. Die Polizei bemühte sich 1922, Anhaltspunkte zum Einschreiten zu finden, was jedoch vergebens war, da der Text bereits in die heutige Fassung geändert war. Bei der Textfassung lehnte sich der Pfarrer stark an den Inhalt aus Wallensteins Lager, dem ersten Teil von Friedrich Schillers Trilogie, dem Drama über den Niedergang des berühmten Feldherren Wallenstein.

Auch die Fasnet 2020 endete in Boll mit der Bekanntgabe der närrischen Dorfbegebenheiten, welche der Narrhalla das Jahr über bekannt geworden sind.

Nach der Veranstaltung meinte Stadtpfarrer Michael Knaus, welcher unter den Zuschauern des Fasnetvergrabens war, treffend: "Nach Weihnachta da Chrischtbom rauswerfa – ischt it so traurig wia wenn d’Fasnet rom ischt."

Doch nach der Fasnet ist bekanntermaßen wieder vor der Fasnetzeit. "Flau am Magen, Kopf iwe Stroh – doch nächstes Jahr isch’s wieder so", hieß es beim Fasnetvergraben.