Zum Jahreswechsel blickt Philipp Hahn zurück. Seit Juni ist er Bürgermeister von Hechingen. Foto: Stopper

Hechingens Bürgermeister über "Möglichkeiten für Stadtentwicklung". Großprojekt auf Firstwiesen.

Hechingen - Seit Juni ist Philipp Hahn Bürgermeister von Hechingen. Zum Jahreswechsel blickt er ein wenig zurück, und er berichtet, was er als Rathauschef im neuen Jahr so plant.

Herr Hahn, haben Sie schon mal bedauert, dass Sie für das Bürgermeisteramt kandidiert haben?

Hm (lacht), ich war ja vorher Erster Beigeordneter und wusste eigentlich schon, was auf mich zukommt. Aber tatsächlich: Die Fülle an Abendterminen ist schon oft erdrückend, das sind etwa 270 Abende im Jahr. Dass das Privatleben dabei sehr kurz kommt, bedauere ich schon sehr. Aber die Arbeit selber macht mir Spaß.

Obwohl ja auch harsche Kritik auf Sie einprasselt. Stichworte dafür wären Blutbuchen oder Leinenzwang.

Dabei war ich beim Thema Leinenzwang tatsächlich gar nicht in den Vorgang eingebunden, und die Fällung der Blutbuchen – da hatte ich keinen Entscheidungsspielraum. Manche Kritik macht mir schon zu schaffen, manchmal wegen der unangemessenen Wortwahl, oder weil ich das Gefühl habe, dass sich jemand mit einer Sache gar nicht richtig beschäftigt hat. Da musste ich mich etwas daran gewöhnen. Aber bisweilen werden die Stadtverwaltung und ich ja auch gelobt. Das freut mich natürlich.

Auch im Gemeinderat gab es schon heftige Debatten und Gegenwind.

Da musste ich vielleicht am meisten dazulernen. Demokratische Prozesse brauchen viel mehr Zeit, als ich gedacht hätte. Man muss mit vielen Leuten reden. Mehrheiten sind manchmal schwer einzuschätzen, wenn man für seine Meinung wirbt, wird man auch mal missverstanden, und Meinungen von anderen sind durch Ursachen bestimmt, die man nicht immer erkennen kann. Das hat mich schon gelegentlich frustriert. Aber wenn ich dann unter anderem an die entscheidende Tiefgaragendebatte denke – die fand ich vom Stil und der Debattenkultur her wirklich konstruktiv und vorbildlich.

Stichwort Tiefgarage: Auf welche Spatenstiche dürfen sich die Hechinger denn im nächsten Jahr freuen?

Ich bin sehr optimistisch, dass die Neugestaltung des Obertorplatzes nächstes Jahr beginnt. Derzeit prüfen wir, ob wir den bestehenden Bebauungsplan aufheben können, dann würde es gar keine Klagemöglichkeit wegen der geänderten Straßenführung geben. Mit Sicherheit wird entschieden, wer auf dem First bauen darf. Ob es da auch zum Baubeginn reicht, muss sich zeigen. Beim Marktplatz 3 sind wir noch im Gespräch. Wir haben jedenfalls noch keinen Mietvertrag für Büroräume dort abgeschlossen.

Aber die Stadt braucht doch Büroräume beim Rathaus?

Stimmt, aber wir könnten uns auch vorstellen, dass wir diese nach einer Grundsanierung im Gebäude der Hof-Apotheke (Marktplatz 2) bauen könnten. Das Haus gehört uns ja. Wie gesagt, wir sind mit der EJL noch im Gespräch wegen dem Gelände Marktplatz 3. Auch an anderen Stellen gibt es neue Ansätze.

Klingt interessant.

Es geht um das Gelände hinter dem Fürstin-Eugenie-Kindergarten, den so genannten Firstwiesen. Nachdem der Stadt inzwischen mehr als die Hälfte der Fläche gehört, werden wir das Areal zusammen mit dem Land in 2019 entwickeln. Daraus werden sich interessante Möglichkeiten für die Stadtentwicklung ergeben. Auch Seniorenwohnen oder pflegendes Wohnen sind denkbar.

Das wirkliche Sorgenkind ist ja eher die Altstadt rund um den Marktplatz. Ist da noch was geplant?

Ich denke, dass die Bebauung des Firstgeländes und die Neugestaltung des Obertorplatzes hier starke Impulse setzen werden, und dass so dann Privatleute Gebäude in diesem Gebiet sanieren. Ich spreche regelmäßig mögliche Investoren darauf an, ob sie nicht Interesse an einem der dort leerstehenden oder sanierungsbedürftigen Häuser haben. Da gibt es durchaus positive Signale. Dies ist für Investoren auch finanziell interessant. Die Stichworte sind das Landessanierungsprogramm und das städtische Förderprogramm zur Innenentwicklung. Ein Element ist, dass die Stadt Gebäude auch selbst kauft.

Anderes Thema: Hechingen profitiert von der Boomregion Tübingen/Reutlingen, sowohl wirtschaftlich als auch von den Einwohnern her. Sind Sie in dieser Richtung aktiv?

Meine Aktivitäten außerhalb der Stadt sind tatsächlich stark in diese Region ausgerichtet. Unsere Firmen – unter anderem auch die Medizintechnik – sind dorthin orientiert, viele Hechinger arbeiten dort als Pendler. Auf die sind wir angewiesen, denn die Einwohnerzahl ist wichtig, um öffentliche Einrichtungen zu halten, aber auch Geschäfte, Ärzte und andere Dienstleister benötigen eine zumindest stabile, besser eine wachsende Einwohnerzahl.

Und klappt das?

Hechingen als Wohnort ist beliebt, das zeigt das Interesse am geplanten Baugebiet Killberg IV oder an Wilden in Schlatt. Auch Firmen aus dem Tübinger Raum interessieren sich immer wieder für Hechingen als Standort. Mit dem Raum Tübingen und Reutlingen ist Hechingen mindestens so eng verflochten wie mit Balingen oder Albstadt.

Und was tun Sie als Bürgermeister, um das zu fördern?

Das hat sehr viele Aspekte. Zum Beispiel Kinderbetreuung und Schulen. Da sind wir gut aufgestellt und das ist wichtig, damit die Medizintechnikfirmen Fachkräfte anwerben können. Derzeit wird mit Unternehmen auch über die Einrichtung eines Betriebskindergartens gesprochen. Aber auch die Internetversorgung ist hier wichtig, die Schaffung von guten Wohnungen, die den Firmen dann beim Anwerben von guten Fachkräften helfen. Und natürlich maximale Unterstützung, wenn eine Firma sich hier ansiedeln will und dafür Flächen braucht.

Also: Der Norden ist wichtig. Aber auf das Balinger Landratsamt sind wir auch angewiesen. Läuft es da?

Wirklich gut. Und durch die Erste Beigeordnete Dorothee Müllges, die im Landratsamt ja eine wichtige Leitungsfunktion hatte, läuft manches noch besser. Sie kennt die Strukturen dort.

Werden Sie auf der CDU-Liste für den Kreistag kandidieren?

Die Kreispolitik hat ganz direkte Auswirkungen auf die Zollernstadt. Daher werde ich, wie schon in der Bürgermeisterwahl angekündigt, für den Kreistag kandidieren. Auf welcher Liste, das ist für mich zweitrangig, es geht mir um die Interessenvertretung der Hechinger Bürgerschaft.

Wenn Sie zum Jahresende einen Wunsch als Bürgermeister frei hätten, wie würde der lauten?

Ich denke, wir sollten uns bewusst sein, dass unsere Situation in Hechingen derzeit sehr gut ist, dass vieles auf dem Weg ist. Da fallen mir so schnell gar keine konkreten Wünsche mehr ein, die wir uns nicht selber erfüllen könnten. Wünschen würde ich mir allerdings, dass die Hechinger noch etwas mehr auf all das Positive in ihrer Stadt schauen und einfach mal stolz darauf sind, was hier alles gut läuft.