Vor 40 Jahren hat die SPD im Hechinger Gemeinderat bereits eine Initiative zur Umgestaltung des Obertorplatzes gestartet, erinnert sich Heiner Stobitzer, der damals Gemeinderat war. Auch später gab es Initiativen. Trotzdem stellt Stobitzer fest: "In den vergangenen Jahrzehnten hat sich hier kaum etwas verändert." Foto: Stopper

SPD als Vorreiter für Fußgängerzone. Ehemaliger SPD-Rat Heiner Stobitzer erinnert sich.

Hechingen - Wenn die Tiefgaragenfrage bald mal geklärt ist, wird die Gestaltung des Platzes wieder in den Fokus rücken. Schon 1977 habe die Hechinger SPD hier Vorschläge gemacht, berichtet Heiner Stobitzer. Sogar von Fußgängerzone war damals die Rede.

Die SPD-Idee damals: Der Autoverkehr auf dem Obertorplatz könnte auf die andere Straßenseite verlegt werden, so dass auf der Seite vom Hotel Klaiber ein breiter Boulevard hätte entstehen können. Dafür wären dann auch Parkplätze geopfert worden.

Damals war das revolutionär. Man erinnert sich: Autos nannte man durchaus zutreffend "HeilixBlechle", die Hauptplätze vieler Städte waren komplett zugeparkt, erwachsene Fahrradfahrer galten als Spinner, die Zeit der Außenbewirtung vor praktisch jeder Gaststätte war noch lange nicht angebrochen, Fußgängerwege waren dazu da, die Strecke zwischen Parkplatz und Geschäft möglichst zügig zurücklegen zu können, bis vor das Hechinger Rathaus standen ganz selbstverständlich Autos.

Wenig überraschend, dass die SPD-Fraktion 1977 im Hechinger Gemeinderat auf schieres Unverständnis stieß, als sie die Idee präsentierte, Fußgängern auf dem Obertorplatz mehr Platz einzuräumen und eine Fußgängerzone vom Marktplatz bis zur Staig runter einzurichten.

"Wir haben uns als Unruhestifter verstanden", berichtet Heiner Stobitzer strahlend. Er war von Mitte der 70er bis 1991 SPD-Fraktionschef. Schon als Student unter anderem in Lyon, München und Tübingen hatte er mitgekriegt, wie dort die zentralen Plätze autofrei gemacht wurden – oder wie zumindest darüber diskutiert wurde. Und als er schließlich als Lehrer nach Hechingen kam, hatte er solche Ideen halt immer noch im Kopf. Wenn das in Lyon und München klappt, warum nicht in Hechingen? Die Antwort auf diese Frage gab der Hechinger Gemeinderat. "Das konservative Lager "hat uns einfach abblitzen lassen", berichtet Heiner Stobitzer.

Dass diese über 40 Jahre zurückliegende Episode überhaupt noch so präsent ist, ist der ehemaligen SPD-Rätin Elisabeth Ilg-Reininghaus und ihrem Mann Dieter Ilg zu verdanken, die in Zeitungsarchiven die alten Berichte wieder ausgegraben haben. Und beim Blick darauf ist dann schon anrührend, wie wenig sich seither geändert hat.

Diskussion über den Obertorplatz, Streit, Stillstand. Jahre später neuer Anlauf, wieder Streit, wieder Stillstand. Seit über 40 Jahren währt dieses Spiel bereits. Die Hechinger SPD hat 1986, also fast zehn Jahre nach dem ersten Versuch, erneut einen Anlauf gestartet. "Bürgermeister Roth hat das praktisch totgeschwiegen", erzählt Heiner Stobitzer. Er wollte es sich wohl nicht mit der dominierenden konservativen Seite im Gemeinderat verscherzen.

Aber wieso hat sich in Hechingen wenig bewegt, während in den vergangenen Jahrzehnten beispielsweise Balingen die Innenstadt von grundauf umgekrempelt hat und heute mit einer lebendigen Fußgängerzonen-Einkaufsmeile punkten kann? Und die Liste von Beispielen, in denen Städte trotz anfänglichem Widerstand Fußgängerzonen eingerichtet haben, die heute keiner mehr missen will, ließe sich beliebig fortsetzen.

Die Frage wird in Hechingen immer wieder gerne diskutiert, aber auch Heiner Stobitzer hat darauf keine wirkliche Antwort. Auch in Hechingen habe es damals durchaus Zustimmung für die SPD-Pläne für Obertorplatz und Fußgängerzone gegeben, "aber im Gemeinderat hatten wir damit nie eine Chance", wundert er sich.