Sieglinde Geisel und Tomas Bächli traten in der Villa Eugenia mit einer musikalischen Lesung auf
Von Willy Beyer
Hechingen. Eine musikalische Lesung zum Thema Reisen war am Samstag die letzte diesjährige Veranstaltung des Kulturvereins Hechingen in der Villa Eugenia.
Obwohl die Veranstaltung ohne direkten Bezug zum Advent war, konnten die Besucher hier zur Besinnung und zum Innehalten kommen. Die Theologin, Buchautorin und Ex-Auslandskorrespondentin Sieglinde Geisel las aus ihrem Werk "Irrfahrer und Weltenbummler".
Passend zum Thema spielte ihr Mann Tomas Bächli Stücke von Franz Liszt vor und gab damit dem großen Pianisten auch gleich mehrere Ständchen zum 200. Geburtstag.
Damit sorgte der Kulturverein für die erste inoffizielle Begleitveranstaltung zur Ausstellung über Liszt im Landesmuseum. Der Musiker selbst dürfte just dort im November 1843 zum Hofrat von Hohenzollern ernannt worden sein, wo nun seine eigenen Werke aus jener Zeit erklangen: in der Rotunde der Villa.
Das aus der Schweiz stammende und in Berlin lebende Künstlerpaar kam auf Vermittlung von Rüdiger Sachansky in die Villa und zielte mit ihrer Mischung aus Literatur und Musik auf etwas, das Viele in der gerne mal hektischen Vorweihnachtszeit begrüßen dürften: Entschleunigung und Momentwahrnehmung.
Das Manche beim Vortrag und erst recht bei der Musik Liszts mit geschlossenen Augen lauschten, mag ein Indikator dafür sein. Sicherlich aber haben die Ausführungen Sieglinde Geisels etwa über den Begriff "Heimweh und Exil", die "Beschleunigung des Reisens" oder die schon als spirituell einzustufenden Selbsterfahrungen im "stumpf-monotonen Rhythmus der Füße" auf dem Jakobspilgerweg Impulse zum Hinterfragen, vielleicht auch zu Sehnsüchten ausgelöst.
Mit Bächlis Vorspiel von Werken aus Liszts drei Bänden seiner "Années de pèlerinages" fügte sich der Vortrag formschön zu einer gelungenen Kunstsymbiose zusammen. Mal gewaltig, mal fein und leise. Programmatisch eben und in typisch Liszt`scher Erneuerungsmanier. Dessen Spätwerk "Nuages gris" (1881) demonstrierte zudem unüberhörbar den Drang des Komponisten, die Fesseln der Tonalität zu zerreißen und nimmt das vorweg, was erst viel später im 20. Jahrhundert mit dem Genre-Begriff Neue Musik bedacht wurde. Auf keinen Fall "stumpf-monoton" wie der Rhythmus der Füße.