Martin und Anette Michels geben im Gastraum des ehemaligen Gasthaus Klein in der Schulstraße Gitarrenunterricht. Die Atmos-phäre passt zu diesem Instrument, finden die beiden. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Stadtentwicklung: Anette und Martin Michels nutzen ehemalige Kneipe als Musikschul-Probenraum

Eine kleine Wiederauferstehung – wenn auch unter veränderten Vorzeichen – feiert das Cafe Klein in der Hechinger Schulstraße. Zwar nicht mehr als Kneipe, aber immerhin wieder als Ort, an dem Musik und Begegnungen stattfinden. Martin und Anette Michels haben hier eine Gitarrenschule eröffnet.

Hechingen. Musikschule in einer ehemaligen Kneipe? Eigentlich einleuchtend, finden die beiden. Sie haben sich ganz auf Gitarrenunterricht konzentriert (gesungen werden darf dazu natürlich auch), und ihr Herz schlägt auch sehr für jene Art Gitarren-Musik, die an Lagerfeuern gespielt wird, auf Kleinkunstbühnen und in Clubs. Und da bringt das Klein als Probenraum gleich die richtige Atmosphäre mit.

Vom Unterrichtsstil her sind die beiden sehr breit aufgestellt. Sie bieten was für Jugendliche, die für Lagerfeuer-Gitarrenschrammeln schwärmen, für solche, die in einer Band härte Töne anschlagen wollen, aber auch für Senioren, die nach der Pensionierung noch mal als Musiker durchstarten wollen.

"Die Rentner sind im Unterricht besonders fordernd", erzählt Anette Michels und ergänzt lachend, "die stecken vom Beruf her noch voll Disziplin und haben jetzt viel Zeit zum üben." Da muss die Musikschule schon ständig neue Herausforderungen bieten. "Aber natürlich macht das so auch richtig Spaß", ergänzt sie.

Spaß dürfte auch Klein-Inhaber Rainer Bosch an den neuen Mietern haben. Mit Bosch seien sie unkompliziert und schnell einig geworden, dass sie die ehemaligen Klein-Räume für ihre Musikschule nutzen dürfen, erzählen die Michels. Für Bosch dürften sie ein Traumpaar gewesen sein. Nach dem Aus als Kneipe suchte er für dieses gastliche Kämmerlein schon seit Jahren Nutzer, die hier wieder eine unkonventionelle Begegnungsstätte schaffen. Jetzt hat er sie gefunden.

Gitarrenklänge wehen im Sommer beim Üben aus dem offenen Fenster

Und so bringt das Klein wieder Leben in die Oberstadt. Bei ihren Gitarrenstunden lassen die beiden schon mal die Fenster zur Straße offen. Gitarrenmusik ist eher leise, Nachbarn haben sich jedenfalls noch nicht beschwert, aber Passanten bleiben immer wieder stehen und hören zu.

Genau so soll es sein. Und im Klein sollen eines Tages – wenn Corona Geschichte ist – auch Elternvorspiele stattfinden, Sessions mit befreundeten Musikern sind geplant, vielleicht auch kleine Veranstaltungen. Das Klein ist dafür ideal geeignet, findet Martin Michels.

Der Musiker ist in Sickingen aufgewachsen. "Als ich als Jugendlicher erstmals eine Gitarre in den Händen hatte, war klar, das ist mein Instrument", erzählt er. In Tübingen, wo er kurzzeitig Theologie studierte, lernte er seine Frau Anette kennen. Die wohnte zwar in München, spielt aber von je her ebenso leidenschaftlich Gitarre. Michels zog nach München, studierte "moderne Musik" in einer privaten Akademie, an der viele Studiomusiker unterrichten. "Da lernte ich auch mal Metal, Punk und Countrymusik kennen", erzählt er.

Hauptberuflich Lehrer, nebenberuflich die Musikschule aufgebaut

D anach zog die Familie in ein Dorf in die Nähe von Bad Tölz. Beide arbeiteten Vollzeit in einer Montessorischule als Musiklehrer und eröffneten nebenberuflich noch eine private Musikschule. Über 100 Schüler, zwölf Lehrer, "da haben wir es uns voll gegeben", sagt Anette Michels lachend.

Aus der Zeit stammt übrigens auch eine Spezialität von Martin Michels: Schon lange vor Corona hat er begonnen, Online-Gitarrenunterricht anzubieten. "Ich hatte einen Schüler, den hat die Mutter mit dem Auto hergebracht, 40 Minuten eine Strecke", sagt er. Da sei die Online-Idee aufgekommen. Er hat sich dann didaktisch auf diesen besonderen Unterricht eingestellt. Mit Erfolg. "Das hat sich seither ständig ausgeweitet".

Zwei Kinder zogen die beiden in ihrem bayrischen Dorf groß, aber schließlich wollten sie doch noch einmal umziehen. Weg aus der bayrischen Provinz. In Haigerloch fand sich ein gutes Plätzchen zum wohnen. Und jetzt wird dort, im Klein und im Sickinger Elternhaus unterrichtet.