Marcel Perreau, Vorsitzender des TSV Stetten und Bezirkssieger beim DFB-Ehrenamtspreis im Zollernalbkreis. Foto: Renner

Bezirkssieger und Vorsitzender des TSV Stetten über das Ehrenamt und warum Erfolg nicht alles ist. Mit Interview

Hechingen - Einmal jährlich wird in jedem Fußballbezirk ein Bezirkssieger gekürt, der durch besonderes ehrenamtliches Engagement auf sich aufmerksam gemacht hat. In diesem Jahr wurde Marcel Perreau, Vorsitzender des TSV Stetten, diese Ehre im Bezirk Zollern zuteil.

Herr Perreau, Sie wurden Ende Januar Sieger des DFB-Ehrenamtspreises im Bezirk Zollern. Wie überrascht waren Sie über diese Auszeichnung?

Zunächst war ich von der Nachricht, Bezirkssieger geworden zu sein, sehr überrascht. Mit 28 Jahren die höchste Auszeichnung des Württembergischen Fußballverbands (WFV) auf Vereinsebene zu erhalten, macht mich natürlich stolz. Die große Anerkennung und Wertschätzung meiner Vorstandschaft, unseren Vereinsmitgliedern, der Ortschaftsverwaltung Stetten, Bürgermeister Phillip Hahn und den Funktionären des WFV haben mich sehr gefreut.

Wie fielen die Reaktionen in Ihrem Umfeld aus?

Familie und Freunde haben sich für die Würdigung meiner Vereinsarbeit gefreut. Ich möchte nochmals erwähnen, dass auch die Auszeichnung ein Erfolg der Arbeit meines Vorstandsteam ist.

Bei der Begründung für diese Auszeichnung wurden vor allem die Organisation des Stetten-Fußball-Turniers (Anmerkung der Redaktion: alle Stetten-Orte in Deutschland spielen jedes Jahr den Sieger aus) vor zwei Jahren genannt, die federführend von Ihnen übernommen wurde. Dafür ging Ihr kompletter Jahresurlaub drauf. Waren Sie 2018 nicht urlaubsreif?

Unser gesamtes Team war das. Die Gesamtorganisation eines Turnier in dieser Größenordnung war für unser gesamtes Orga-Team eine Mammutaufgabe und eine große Verantwortung. Zwei Jahre Planung, von Freitag bis Montag, täglich knapp 1000 Besucher, mehr als 250 Helfer aus den örtlichen Vereinen und der Stettener Bevölkerung haben uns unterstützt und zum außerordentlichen Erfolg beigetragen.

Sie gehören jetzt dem Club 100 an. Das bedeutet, dass Sie auch an einer DFB-Ehrungsveranstaltung teilnehmen und kostenlos bei einem Länderspiel als Zuschauer dabei sein dürfen. Fand diese Veranstaltung noch vor der Corona-Krise statt? Ein Länderspiel war ja seitdem nicht mehr.

Das geplante Dankeschön- Wochenende in Großaspach war vom 3. bis 5. April geplant, wurde aufgrund der Corona-Situation jedoch abgesagt.

Seit 2014 sind der Vorsitzende, ein Jahr davor wurden Sie Ausschussmitglied. Was waren Ihre Beweggründe, im Verein die nach außen hin wichtigste Funktion zu übernehmen?

Als junges Team wollten wir in der damaligen schwierigen Situation Veränderung schaffen, um uns strukturell und finanziell stetig zu verbessern. Ich habe das Vertrauen in meine Arbeit und Person gespürt, sodass ich das Amt gerne übernommen habe. Es war ein langer Weg bis heute, aber für mich die richtige Entscheidung.

Immer weniger Personen engagieren sich heutzutage im Ehrenamt. Was bedeutet für Sie das Ehrenamt und welche Vorteile für das Privat- und Berufsleben sehen Sie?

Glücklicherweise haben wir den Umbruch bereits geschafft. Wir sind ein junges Vorstandsteam mit vielen Helfern aus den aktiven Mannschaften. Im Laufe der Zeit sind für mich viele enge Freundschaften entstanden, die weit über das Vereinsleben hinausgehen. Es ist mir eine Freude, Teil der TSV-Familie sein zu dürfen.

Was würden Sie sagen, wie viele Stunden pro Woche investieren für den Verein? Was sind Ihre Hauptaufgaben?

Die Hauptaufgabe ist die Gesamtorganisation des Vereins. Ich möchte keine Zahl nennen, aber wie auch für alle Ehrenamtsträger sehr zeitintensiv.

Ihr Vorgänger hatte das Amt nur übernommen, weil sich niemand anderes gefunden hat. Warum war es für Sie klar, dass die keine Übergangslösung sein werden?

Ich habe mit 22 Jahre das Amt des ersten Vorsitzenden übernommen nachdem ich nur eineinhalb Jahre Mitglied war. Hier zu Beginn von einer langfristigen Lösung zu denken, würde nicht der Wahrheit entsprechen. Wir sind als junges Vorstandsteam im Laufe der Jahre an den vielseitigen Aufgaben gewachsen. Solange wir in der jetzigen Formation zusammenbleiben, stehe ich weiterhin dem Verein gerne vor.

Sie haben das Ruder vor sechs Jahren in einer schwierigen Zeit übernommen haben. Was waren die Probleme?

Der Verein befand sich zur damaligen Zeit in einem großen Umbruch und keine einfach Situation. Aber wir schauen nur nach vorne, nicht zurück.

Ihr Engagement ist sichtbar. Unter anderem wurde das Sportheim renoviert. Was gab es zu tun und wie viele Helferstunden kamen zusammen?

Wir haben in den vergangenen sechs Jahren viele Meilensteine gemeistert: Fertigstellung der Sportheimerweiterung, zahlreiche Renovierungsarbeiten, Erneuerung der Heizungsanlage und Solarkollektors und vieles mehr. Uns ist es wichtig, die vorhandenen Gelder nachhaltig in Eigenleistung in das Vereinsgelände zu investieren. Insgesamt kamen mehrere 100 Stunden ehrenamtliche Arbeit zusammen. Außerdem habe ich unsere Homepage www.tsv-stetten-hechingen.de einem Relaunch unterzogen.

Zum Sportlichen: Die Bilanz könnte besser sein. Die Herren, die vor vielen Jahren schon höherklassig gespielt haben, sind Tabellenletzter der Kreisliga B, einige Junioren gibt es nicht.

Wir haben eine Bambini- und F-Jugendmannschaft in einer Spielgemeinschaft mit dem FC Hechingen. Ich mache einen Erfolg des Teams nicht nur am Tabellenplatz fest. Wir haben ein tolles Miteinander und sind eine gute Einheit, die sich auch außerhalb des Platzes engagiert. Die Mehrzahl der Vorstandsmitglieder sind außerdem noch in unseren aktiven Mannschaften vertreten. Mit Jochen Grau konnten wir erst zum Rundenbeginn einen Trainer finden, der hervorragend zur Mannschaft und zum Verein passt. Wir hatten in der Vorbereitung zur Rückrunde konstant eine Trainingsbeteiligung von 15 Spielern und bin mir sicher, dass wir uns in der Rückrunde sportlich verbessert hätten.

Viel besser sieht es bei den Frauen aus. Eine Aktivenmannschaft und drei Juniorinnen (einmal als SG mit dem FC Steinhofen). Ist die Zukunft des TSV weiblich?

Die Jugendarbeit im Frauenbereich ist seit Jahren unser Aushängeschild. Fast alle Spielerinnen unserer aktiven Mannschaften stammen aus unserer Jugendmannschaft. Mit dem FC Steinhofen haben wir einen hervorragenden Kooperationspartner. Großen Dank gilt allen Jugendtrainern, unserer Jugendleiterin Katharina König und der Trainerin unserer Damenmannschaft, Kathrin Strobel.

Sie sind auch Spieler der ersten Mannschaft. Eine Frage zur Corona-Situation: Wenn Sie entscheiden dürfen, wie soll mit der aktuellen Saison umgegangen werden? Alle Spiele annullieren oder Tabelle vor der Winterpause nehmen?

Da die Corona-Krise den Fußball noch lange begleiten wird, gehe ich aktuell von keiner Wiederaufnahme im Amateurfußball für die aktuelle Runde aus. Was ich begrüßen würde, wäre eine einheitliche Entscheidung für alle Amateurligen. Die Tabelle zur Winterpause: sie spiegelt schließlich die aktuellste sportliche Bilanz.

Sind Sie noch in anderen Stettener Vereinen aktiv oder lässt das die Zeit nicht zu?

Nein, ich freue mich auch mal nur Gast sein zu dürfen.

Die Fragen stellte Jürgen Renner