Auf dem PC des 66-Jährigen fanden die Ermittler belastendes Material. (Symbolfoto) Foto: dpa

66-Jähriger wegen Pädophilie verurteilt. Mann behauptet, Beweise gegen Kinderpornografie gesammelt zu haben.

Hechingen - Weil er kleinen Mädchen unter die Röcke gefilmt und zu Hause aberhunderte von kinderpornografischen Bildern angesammelt hat, hat das Amtsgericht Hechingen einen 66-jährigen Hechinger zu einer Geldstrafe von 2250 Euro verurteilt. Der Mann hingegen behauptet, Beweise gegen Kinderpornografie gesammelt zu haben.

Die Masche ist perfide: Der Mann lässt angeblich versehentlich ein paar Plastik-Chips auf den Boden fallen. Als sich eine Mutter und ihre kleine Tochter bücken, um ihm die Chips auflesen zu helfen, filmt er dem vierjährigen Mädchen unter den Rock in den Schritt. Als die Mutter dies bemerkt, setzt er sich rasch auf sein E-Bike und radelt davon. So geschehen am 29. Mai 2017 beim Spielplatz Stauffenberg-/Schlossgartenstraße und am 2. Juni 2017 im Masurenweg. Die Eltern erstatten Anzeige.

Ein paar Tage später erkennt eine Mutter den Mann vor der Stiftskirche wieder, alarmiert die Polizei. Der mutmaßliche Pädophile wird kontrolliert, am 11. Juli 2017 wird seine Wohnung durchsucht. Die Beamten finden eine Videokamera, einen Computer, zahlreiche Festplatten und Discs. Der Mann gibt sich empört. Er sei "an einer ganz großen Sache dran", das werde jetzt zerstört. Bei der Auswertung kommen neben Videos 1700 kinderpornografische Bilder, 312 Bilder mit Tiersex, 96 SM-Fotos und 6311 weitere Pornobilder zum Vorschein. Gegen den Mann wird Strafbefehl erlassen, er erhebt Einspruch dagegen.

Dieser wurde nun am Donnerstag vor dem Hechinger Amtsgericht verhandelt. Der Angeklagte räumte die Vorwürfe unumwunden ein. Der verheiratete Vater dreier Kinder machte jedoch keineswegs sexuelles Interesse als Motiv geltend. Vielmehr betreibe er einen Kampf gegen Kinderpornografie, wollte Techniken dokumentieren und aufzeigen, wie einfach man an solche Bilder kommen könne.

Was er tue, sei das "nachweislich effektivste Engagement gegen Kinderpornografie, um an die Öffentlichkeit zu gelangen". Mit dem LKA in Stuttgart habe er Kontakt aufgenommen – allerdings hätten die ihm geraten, von seinem Vorhaben abzulassen. "Ich wollte darstellen, wie viel im Netz verfügbar ist."

Mutter des kleinen Mädchens ist von dem Vorfall mitgenommen

Das sah die Mutter der Vierjährigen, der er unter den Rock gefilmt hatte, anders. Unter Tränen berichtete die als Zeugin geladene junge Frau vor Gericht, wie sehr sie die Situation seither belaste. Sie würde ihre Tochter nur noch mit Leggins unter dem Rock auf die Straße lassen, sie nie unbeaufsichtigt lassen. "Man unterstellt allen immer gleich das Schlimmste. Sie ist doch immer noch ein kleines Mädchen", sagte die sichtlich mitgenommene Frau.

Der 66-Jährige fabulierte hingen weiter, er habe "das ultimative Know-how entwickelt, um gegen Kinderpornografie vorzugehen". Auf die Reaktionen, auch bei Kindern, wolle er hinweisen. "Deshalb habe ich auch kein Unrechtsbewusstsein. Wie kann man mich nur als geilen, alten Sack hinstellen?"

Der gelernte Textildrucker erzählt, er sei Anfang der 70er-Jahre Rundfunkautor gewesen – "ich war einer der beliebtesten" – habe ein eigenes Textilunternehmen geführt, bis ihn die Folgen eines Verkehrsunfalls für Jahre aus dem Berufsleben gedrängt hätten. 250 000 Euro Schulden habe er mittlerweile und auch sonst "massive Probleme".

Mittlerweile sei er selbstständiger Konfliktmanager und Rechtsjournalist – "ich habe tausende Kontakte". Als solcher habe er das Recht, solche Bilder für dokumentarische Zwecke zu recherchieren. Ausschließlich, denn: "Ich finde Kinderpornografie widerlich." Ein Einkommen habe er hingegen nicht, lebe vielmehr von den 1800 Euro, die seine Frau als Krankenschwester verdiene.

Der Richter sah den Fall anders. Dass der Angeklagte behaupte, gegen Kinderpornos ankämpfen zu wollen, sei schlichtweg eine Schutzbehauptung. Er gehöre einerseits nicht zu einer Berufsgruppe, die aus Recherchegründen solche Bilder herunterladen dürften, geschweige denn solche selber erstellen. Auch hätte es dazu längst nicht diese Menge gebraucht. Eine als Zeugin vorgeladenen Polizistin hatte geurteilt: "Die Anzahl ist beachtlich."

Letztendlich verurteilte der Richter den Angeklagten zu 150 Tagessätzen a 15 Euro. Ihm fehle jedes Unrechtsbewusstsein. "Lassen Sie sich helfen, offenbar brauchen Sie bei Ihrer Sexualität Hilfe", gab er ihm mit auf den Weg.