Auch am Hechinger Landgericht hat die Corona-Pandemie die Modernisierung im digitalen Bereich vorangebracht. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Justiz: Pandemie sorgt für Modernisierungsschub / Richter entscheiden von Fall zu Fall, ob Technik zum Einsatz kommt

CO2-Messgeräte, die elektronische Akte und nur noch ein Saal, der für Zivilverhandlungen zur Verfügung steht – in der Pandemie hat sich im Landgericht einiges getan.

Hechingen. Ein starkes Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland zieht das Landgericht Hechingen Bilanz. Pressesprecher Philipp Wissmann kann dabei positive Entwicklungen ausmachen:

Ein einziger Saal

Die Anordnung von Schutzmaßnahmen habe dazu geführt, dass für Zivilverhandlungen, die einen Großteil des Verhandlungsalltags beim Landgericht in Hechingen ausmachen, beispielsweise nur mehr ein einziger Saal im Hauptgebäude des Landgerichts zur Verfügung steht, der überhaupt genügend Abstand ermöglicht. Diesen teilen sich vier Zivilkammern und mit ihnen gleichsam zahlreiche Einzelrichter. In Strafsachen sei die Lage ähnlich, zumal hier vor allem in Haftsachen weitere Probleme hinzutreten, wenn Untersuchungsgefangene aus Vollzugsanstalten vorzuführen – und durch mehrere Wachtmeister zu bewachen – sind. Entsprechende Herausforderungen hätten die Amtsgerichte Albstadt, Balingen, Hechingen und Sigmaringen zu bewältigen.

CO2-Messgeräte

Verhandelt werde konsequent mit Maske. In den Sälen schlagen CO2-Messgeräte Alarm, wenn die Luftqualität nachlässt. Und an regelmäßige Lüftungspausen selbst bei tiefen Temperaturen hätten sich inzwischen alle Beteiligten gewöhnt. Auch Homeoffice helfe dabei, Infektionsrisiken zu minimieren – wie in vielen Unternehmen der freien Wirtschaft.

Elektronische Akte

Einen weiteren, entscheidenden Vorteil bei der Kontaktreduzierung bringe der Einsatz moderner Technik im Gerichtssaal. So wird eine steigende Zahl an (Zivil-)Verhandlungen inzwischen ganz oder teilweise mit Hilfe von Videotechnik geführt. Bei der Einführung der elektronischen Akte in Zivilsachen im Jahr 2018 hatte das Landgericht Hechingen als Pilotgericht bereits Pionierarbeit geleistet.

Möglichkeit seit 2002

Diesen Weg setzen die Richter mit dem Schritt in die virtuelle Verhandlung in vielen Fällen fort. So lassen sich in Zivilverfahren etwa Rechtsanwälte aus Hochrisikogebieten oder Zeugen aus der Quarantäne per Video zuschalten. Die Technik hierfür – etwa große Bildschirme in den Sälen – stehe seit der Einführung der elektronischen Akte parat. Die Möglichkeit der "Videoverhandlung" sieht das Zivilverfahrensrecht schon seit 2002 ausdrücklich vor.

Erst die Einschränkungen durch die Pandemie haben dazu geführt, dass von der Regelung in der richterlichen Praxis auch rege Gebrauch gemacht werde. Ob sich eine Verhandlung zum Einsatz von Videotechnik eignet, prüfe die zuständige Richterin oder der zuständige Richter im Vorfeld gründlich und entscheidet im Einzelfall, ob auf die persönliche Anwesenheit einer oder mehrerer Personen verzichtet werden kann. So lassen sich viele Termine halten, die ansonsten angesichts der Infektionsgefahr womöglich verschoben werden hätten müssen.

Ausgebildet wird weiterhin

Besondere Herausforderungen hat die Pandemiesituation auch für den Ausbildungsbetrieb mit sich gebracht. Ohne Unterbrechung wurden und werden auch im Landgerichtsbezirk Hechingen an den Gerichten wie auch bei der Staatsanwaltschaft Rechtsreferendarinnen und Referendare, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie Nachwuchskräfte im Verwaltungsbereich ausgebildet. Der Referendarunterricht findet online statt.

Unterm Strich lasse sich laut Pressemitteilung festhalten, dass die Pandemie zwar ungeahnte Herausforderungen mit sich gebracht hat und bringt. Der Justiz im Landgerichtsbezirk Hechingen sei es jedoch gelungen, ihrer gesetzlichen Aufgabe ohne Einbußen gerecht zu werden.