Clemens Müller (links) und Jochen Brusch wussten die Zuhörer zu begeistern. Foto: Beyer Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Auftakt zur neuen Konzertreihe in der Synagoge steht unter dem Titel "Les Adieux"

Das erste Synagogenkonzert der neuen Reihe konnte überzeugen: Viel Applaus erhielten Clemens Müller und Jochen Brusch für ihre Darbietungen.

Hechingen. Musik und große Gefühle sind untrennbar verbunden: Wie keine andere Kunstrichtung kann die Musik in weniger als einer Minute stärkste Emotionen hervorrufen und Vergangenes in Erinnerung rufen.

Und um große, durchaus auch schmerzhafte, Gefühle ging es auch beim Auftakt der neuen Konzertreihe mit dem Tübinger Geiger Jochen Brusch, die am Sonntag in der Alten Synagoge ihren Auftakt hatte. "Musik als Spiegel – drei Konzerte in Wort und Musik" heißt die nunmehr dritte Reihe nach den beiden von Erfolg gekrönten Konzertzyklen "Porträts jüdischer Geiger" und "Liebesgeschichten in der Musik".

Hier hatten sich Jochen Brusch und Alexander Reitenbach – am Flügel des ehemaligen Sakralbaus – vorzüglich gegenseitig ergänzt. Reitenbach war zunächst auch als Klavierbegleiter für die Reihe angekündigt worden, trat aber hier nicht in Erscheinung, obschon seine Handerkrankung mittlerweile geheilt ist. Für ihn hatte sich Jochen Brusch den Hechinger Clemens Müller ins Boot geholt, der gleich vor Konzertbeginn viel Applaus erhielt.

Dessen Fachrichtung ist die Liedbegleitung, und von seinen außerordentlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet konnten sich die Musikfreunde der Zollerstadt bereits überzeugen. Und so präsentierten sich die beiden Musiker in der Alten Synagoge als gestandenes, gut aufeinander eingestelltes Duo, bei dem sie sich vorzüglich gegenseitig ergänzt haben.

"Als ich lebte, schlief ich, gestorben singe ich", zitierte Brusch Eugène Ysaye, der Locatellis Sonate in f-moll, genannt "Le Tombeau" (das Grab) in eine eigene Fassung übertragen hat. Diese erwies sich hier als eine der Romantik zuzuordnende Bearbeitung, die besonders im Auftaktsatz ein der menschlichen Herzfrequenz entsprechendes Taktmaß vorwies und dadurch ebenfalls "berühren" konnte.

Doch das Werk, das nicht über das schnellere Allegro hinauskam, vereinigte darüber hinaus Trauer und Schwung, wobei die ungemeine Tonreinheit der Violine die Emotionalität des Werks noch unterstrich. So wie sie das auch bei den weiteren Werken vermochten.

Und um sich auf die zu erwartenden Emotionen einzustellen, beschrieb der Geiger bestimmte Merkmale und Ausdrucksformen der aufzuführenden Werke. Etwa das Ostinato-Motiv in Bachs "Cis-Moll-Adagio" aus dem Violinkonzert in E-Dur, bei dem repetierend eine Tonfolge immer wieder erklingt, sodass hier ein Gefühl von Ewigkeit entstehe, erklärte Jochen Brusch.

Dabei hielt er Rückschau auf das von schmerzvollen Erfahrungen durch den Tod geliebter, nahestehender Menschen geprägten Lebens des großen Komponisten, die hier genauso zum Ausdruck kamen wie auch in den weiteren Werken der nachmittäglichen Veranstaltung.

So bei Franz Schuberts Melodram "Abschied von der Erde" oder dem Auszug aus "Die sieben letzten Worte Jesu Christi" von Joseph Haydn, der sich laut Brusch als Vermittler zwischen himmlischem und weltlichem Leben gesehen habe.

Alles in allem war es ein durchaus gelungener Auftakt der neuen Konzertreihe, deren erster Termin unter dem Titel "Les Adieux" (Abschied) stand.

Weitere Informationen: Die weiteren Konzerte: 24. Februar und 10. März, jeweils einen Tag nach dem Ersttermin in der Tübinger Bonhoeffer-Kirche und wie gehabt um 16.05 Uhr. Die Themen sind "Von der Heiterkeit bis zur Verzweiflung" und "Mondsschein und Regentropfen".