Stiftskantor Martin Peters ist begeistert vom Orgelspiel. Foto: Huger

Mario Peters spricht über die Faszination Orgel und die Auszeichnung zum Weltkulturerbe.

Hechingen - Erst Anfang Dezember sind der Orgelbau und die Orgelmusik zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt worden. Doch was macht die Faszination Orgel aus? Was kann die Hechinger Orgel, was andere nicht können? Stiftskantor Mario Peters erzählt im Gespräch, was das Instrument mit Sport, Pizza und einem Lamborghini zu tun hat.

Das Orgelspielen war früher einmal olympische Disziplin. Sehen Sie sich als Sportler?

Von der Koordination her komme ich mir schon manchmal vor wie ein Sportler. Man braucht eine gute Finger- und Fußfertigkeit, eine gute Technik. Das ist auch eine große Denkleistung. Zudem ist das mit der Körperhaltung nicht ganz einfach. Der einzige Halt kommt aus dem Rücken. Wenn ich ungefähr eine Dreiviertelstunde gespielt habe, mache ich meistens eine Pause und mache ein paar Gymnastikübungen. Ich muss aufpassen, dass ich die Pausen einhalte, die Musik fesselt einen schon sehr.

Jetzt noch mehr, wenn man auf einem Weltkulturerbe spielt?

Die Faszination war schon vor der Ernennung zum Weltkulturerbe da. Ich finde es toll, dass es mehr ins Bewusstsein gerückt wird – wenn auch in gleichem Atemzug mit der Pizza. Um eine Orgel herzustellen, braucht es ungefähr 13.000 Arbeitsstunden, für eine Pizza weniger. Aber nichts gegen die Pizza. Ich bin froh, dass auch immaterielle Dinge aufgenommen werden.

Und die Orgel ist zu Recht aufgenommen worden?

Wie kann man die Allmächtigkeit Gottes ausdrücken? Die Orgel kann das gerade ein bisschen. Insofern war das längst überfällig.

Was ist das Besondere an der Stiftskirchen-Orgel?

Die Orgel ist relativ jung. Sie ist 2014 gebaut, hat 50 Register. Die Zusammensetzung wird beim Bau festgelegt. Ich konnte damals die Klangfarben mitbestimmen. Eine Orgel wird aber immer an den Raum angepasst. Deshalb ist sie so teuer. Man bekäme für das Geld einen Lamborghini – und keinen schlechten. Das Besondere ist auch, dass wir zwei Orgeln haben. Eine auf der Empore und eine unten.

Und Sie bedienen beide gleichzeitig von oben?

Ja.

Welchen Vorteil hat das?

Dadurch kann man den ganzen Raum mit Klang erfüllen. Und man kann im Wechsel spielen. Der Orgelbauer hat es geschafft, einen Klang zu erzeugen, der tief in die Seele geht. Man kann sehr laut spielen, aber nicht so, dass es wehtut. Zudem gibt es viele warme Grundstimmen.

Ist es schwierig, die Orgel in Schuss zu halten?

Sie wird einmal im Jahr gewartet. Eine kleine Fliege kann zwar auch die Pfiffe zum Erliegen bringen, aber das ist kein Problem. Das merkt man relativ schnell und kann es selbst beheben.

Spielen Sie nur Kirchenmusik auf der Orgel? Oder darf es auch mal Rock- und Popmusik sein?

Ich finde es problematisch, wenn man die Orgel profan nutzt. Die Orgel hat ihre vorrangige Aufgabe, uns zum Glauben, zu Gott zu führen. Ich finde Poporgelkonzerte nicht so prickelnd. Die Orgel ist eigentlich zu Höherem berufen. Das muss aber nicht heißen, dass die Orgel nicht fröhlich sein kann. Sie begleitet ja viele Feste.

Natürlich auch an diesem Wochenende. Was erwarten Sie für die kommenden Gottesdienste? Was bewirkt da das Orgelspiel?

Die Orgel drückt immer eine göttliche Botschaft aus. Das geht in der heutigen Zeit vielleicht etwas verloren. Die nächsten Tage werden schön sein, da Menschen kommen werden, die sonst nicht da sind. Vielleicht schafft es die Orgelmusik, sie zum Glauben zurückzubringen.

Was mögen Sie persönlich am Orgelspiel?

Orgelmusik öffnet den Himmel. Wenn die Leute mitsingen und die Orgel begleitet: Es kann nichts Schöneres geben. Das geht unter die Haut. Wenn man hier hochkommt (auf die Empore), ist das eine andere Welt. Ich bin wie ein anderer Mensch, innerlich erfüllt. Ein Tag ohne Orgelmusik ist ein verlorener Tag.

Wie kamen Sie dazu, dieses Instrument auszuwählen?

Ich habe sehr früh Klavier gespielt. Mein Vater hat mir dann etwas auf der Orgel gezeigt. Bald darauf fing ich an zu improvisieren. Mit 13 habe ich dann den ersten Gottesdienst alleine gespielt. Als Jugendlicher habe ich ein paar Wettbewerbe gewonnen und bald stand fest: Ich studiere Kirchenmusik. Es folgte eine Studium der Orgelimprovisation und der Chorleitung. 1994 habe ich dann die Stelle in Hechingen übernommen.

Weitere Informationen: Wer das Orgelspielen lernen möchte (altersunabhängig) kann sich bei Mario Peters unter der E-Mail-Adresse mario.peters@sse-luzius.de melden.