Die Gäste wippten im Takt mit und bekamen viele Eindrücke eines unbeschwerten Lebensgefühls. Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Brasilianische Lieder in der Rotunde der Villa / Musiker vermitteln "Easy-going"

Draußen rieselten die Schneeflocken und drinnen rasselten die Maracas: Von der Kälte in die Sonne Brasiliens entführten Michael Kersting und seine Musikerkollegen ihr Publikum am Mittwoch in der Villa Eugenia.

Hechingen. Ein bisschen mutete es wie eine Reise in eine andere Welt an. Mit dem Unterschied, dass man sich nicht lange ins Flugzeug zu setzen brauchte, um in ihr zu landen, sondern lediglich eine Türschwelle übertreten musste. Der nicht selten latent vorhandene Wunsch, an einem kalten Februartag weit, weit weg zu sein – in der ehemaligen Fürstenresidenz in Hechingen wurde er Wirklichkeit.

Um die mit bunten Girlanden bestückten und teils stilecht von Schirmen beschatteten Stehtische drängten sich in großer Zahl "Sonnenhungrige", deren Blicke gebannt in die Rotunde gerichtet waren. Vor dem Hintergrund der mit brasilianischen Fähnchen geschmückten Fensterfront ließ Schlagzeuger Michael Kersting dort gemeinsam mit Jochen Feucht (Saxofon und Flöte), Martin Schrack (Piano) und Franco Petrocca (Bass) sprichwörtlich die Sonne aufgehen.

Wie ein Spiegelbild der südamerikanischen Kultur

Sein "Brasil-Projekt" ist ein Spiegelbild der südamerikanischen Kultur und bündelt alles, was diese in sich vereint: Temperament, Lebensfreude und Leidenschaft. Es verleiht der unnachahmlichen Leichtigkeit gleichermaßen Ausdruck wie dem Abenteuer, das mit der Reise auf einen anderen Kontinent untrennbar verbunden ist und in biografischen Erfahrungen aus Lebensabschnitten in Brasilien ihren Niederschlag in der Musik gefunden hat.

Kein Genre könnte dieses komplexe Gefühl besser zum Ausdruck bringen als der Brazil-Jazz, der am Mittwoch dort erklang, wo einst Komponisten wie Franz Liszt und Hector Berlioz ihr Publikum bezauberten. Um die Herzen der Zuhörer zu wärmen, bedarf es jedoch nicht nur an mitreißenden Rhythmen und groovigen Sounds, sondern auch eines musikalischen Könnens, das von Virtuosität, Spielfreude und Improvisationskunst geprägt ist.

Wenn die Musiker um Michael Kersting zu ihren Instrumenten greifen, wippen die Füße unwillkürlich mit, wiegt sich der Körper im Takt der Melodien und wird das "Easy-going" wie von Zauberhand zum beherrschenden Lebensgefühl.

Beim Vortrag von Stücken wie "Coisas do Brasil", in einer Interpretation der Sängerin Leila Pinheiro, oder "Partido Alto" – ein authentisch brasilianischer Rhythmus – reihte sich Highlight an Highlight und blitzte sie immer wieder auf – die musikalische Genialität der Akteure. So etwa, wenn bei geradezu halsbrecherischen Läufen die Hände traumwandlerisch sicher über die Tasten zu fliegen schienen oder sich Solo an Solo reihte.

Allen Zuhörern wohlbekannt sein dürfte "Garota de Ipanema" ("The Girl from Ipanema"), das gegen Ende des mit tosendem Beifall quittierten Konzertes erklang. Initiiert wurde die Veranstaltung vom Künstler Frieder Zimmermann und dem Förderverein Villa Eugenia. Die Bewirtung übernahm das Team der Weiherschule.