Karfreitag: Online-Gottesdienste von Katholiken und Protestanten in Hechingen eindrucksvoll gestaltet

So etwas gab es noch nie: Wegen der Corona-Epidemie haben die evangelischen und katholischen Christen in Hechingen die Karfreitagsgottesdienste nur über das Internet miterlebt. Eine eigenartige Stimmung schwang mit.

 Katholischer Gottesdienst: Fünf Personen gestalteten den katholischen Gottesdienst an Karfreitag, der von 17 Uhr an aus St. Luzen übertragen wurde. Die karge Szene verstärkte noch die Botschaft dieses Tages. Neben Liedern aus dem Gotteslob, die Stiftskantor Mario Peters als Vorsänger intonierte, standen mehrere Lesungen aus dem Alten und Neuen Testament. Im Zentrum stand die Schilderung aus dem Johannesevangelium, in dem die Verhaftung, der Prozess und die Hinrichtung von Jesus umfassend geschildert werden.

Nach dem Lied "Oh Haupt voll Blut und Wunden" begannt Pfarrer Michael Knaus seine Predigt mit den Worten: "Heute ist der Tag all jener, die in Einsamkeit sterben", in der er die Parallele zu jenen zog, die heute in Isolierstationen sterben, in Kriegs- und Notgebieten leiden, ohne dass jemand ihnen beisteht. Menschen könnten letztlich nicht verhindern, dass Not auf der Welt passiert, voller Angst bewegten sich die Menschen auf den Moment ihres Todes zu. Aber Gott lasse die Menschen in dieser Not nicht alleine, versprach er.

Zahlreiche Fürbitten folgten, in denen unter anderem auch um Erfolg für die Virus-Forschern und Kraft für die Helfer gebetet wurde. Das ater unser und die Wandlung folgten in diesem eindrucksvollen Gottesdienst.

 Evangelischer Gottesdienst: Die Protestanten haben ihren Gottesdienst per Video aufgenommen, so dass er per Youtube bereits von Gründonnerstag an jederzeit abrufbar war. Nach dem Auftakt durch den Posaunenchor, der im Freien spielte, schwenkte die Kamera in die Johanneskirche, wo neben den Pfarrern Herbert Würth, Frank Steiner und Horst Jungbauer vier Gemeindemitglieder mit deutlich Abstand in den Kirchenbänken saßen, stellvertretend für die ganze Gemeinde. So wirkten sie keineswegs vereinzelt, sondern das Gefühl, dass diesen Gottesdienst viele im Internet mitverfolgen, schwang auch hier mit. Die Orgelempore teilten sich Organisit Alexander Baumgärtner und Rebecca Würth, die Querflöte spielte.

Die liturgischen Texte zu Beginn und die Lesung trug Herbert Würth vor, der darauf einging, dass das Gefühl der Vereinsamung, dass durch die Kontaktbeschränkungen in vielen Altersheimen und Privatwohnungen herrsche, eine Entsprechung im Gefühl des Verlassenseins habe, das Jesus am Kreuz empfunden habe. Eindrucksvoll die Lesung des Lukas-Evangeliumstextes zur Hinrichtung von Jesus.

Pfarrer Frank Steiner betonte in seiner Predigt die Gnade der Versöhnung von Gott mit den Menschen, die durch ihr Verhalten das Verhältnis zu Gott immer wieder zerrütten. Ein starkes Zeichen für die lebendige Ökumene in Hechingen: Er zitierte, was Papst Franziskus am 27. März gesagt hatte, als er mutterseelen alleine auf dem Petersplatz einen Gottesdienst hielt. Die Menschen seien in ihrer Gier nach materiellem Wohlstand mit voller Geschwindigkeit in den Untergang unterwegs. Kriege und Not auf der Welt rüttelten sie nicht mehr auf, und sie lebten in der Ansicht, dass "wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden", so der Papst. Frank Steiner rief dazu auf es zuzulassen, dass Got sich mit den Menschen versöhnt.

Buchstäblich den Schlussakkord setzte der Organist. Die Kamera zeigt, wie er die Orgel ausschaltet. Der Luftdruck im Instrument versiegt, die Töne verhauchen. Dann öffnet sich die Tür der Kirche, alle gehen wortlos ins Freie.

Die evangelische Kirche ist am Ostersonntag und Ostermontag geöffnet. Dort brennt auch die neue Osterkerze, die in der Osternacht die katholischen Kirchengemeinde übergibt. Wer über den Nordeingang in die Kirche kommt, findet kleine Kerzen, die an der Osterkerze entzündet und mit nach Hause genommen werden können. Am Ostersonntag wird die Orgel gespielt, die Musik wird auch draußen zu hören sein. Die Osterbotschaft wird immer wieder vor der Kirche verlesen.