Foto: Schwarzwälder-Bote

Hechinger reisen zu feierlichem Ritual nach Karlsruhe. Auskühlen dauert eine ganze Woche.

Hechingen - Glühend wie Lava und erstaunlich flüssig läuft das Metall in ein Loch. Darunter befindet sich die Form für die neue Kirchenglocke der Hechinger Stiftskirche. 22 Hechinger stehen außen herum und staunen.

Es sind Pfarrgemeinderäte und Fördervereinsmitglieder, die morgens um 9 in Hechingen in den Bus nach Karlsruhe steigen. Alle wollen diesen spannenden Moment erleben, wenn nach alter handwerklicher Kunst eine neue Glocke entsteht, die über Jahrhunderte hinweg erklingen kann.

Geweiht wird sie Papst Johannes, dessen Konterfei die Glocke zusammen mit dem Heiligen Josef zieren wird. Die reine Glocke kostet 13.000 Euro.

Auch Kaplan Georg Seelmann begleitet die Gruppe. Er leitet das Gebet vor dem Glockenguss und verliest die Fürbitten danach. Alfred Schmid, Mitglied des Pfarrgemeinderats, schaut nachdenklich. Für ihn haben Kirchenglocken in seinem Leben einen Takt vorgegeben, aber er überlegt sich, wie künftige Generationen das sehen. Manche würden sich sogar über den "Lärm" beschweren, wundert er sich. Gäbe es aber keine Kirchenglocken, würde allen etwas fehlen, ist er überzeugt.

"Ausgesprochen beeindruckend und archaisch", empfand Margarete Fecker, die im Vorstand des Fördervereins tätig ist, den Guss. Es war für sie ein "feierlicher Moment mit Symbolcharakter": Das Gießen der Glocke stehe für Tod und Auferstehung, weiß sie.

Der Glockenguss symbolisiert Tod und Auferstehung

Das wird auch in der Führung vor dem Gießen erklärt. Glocken würden ausschließlich freitags gegossen, sagt Firmenchef Reinhold Bachert, also am Todestag von Jesus Christus. Werde nach dem Abkühlen der Mantel zerbrochen, sei das wie die Auferstehung.

Staunend verfolgt auch Ruthild Mangler, Mitglied des Fördervereins, den Gussprozess. Sie habe zuvor viel über die Herstellung von Glocken gelesen, erzählt sie, das praktische Erlebnis sei aber nun etwas völlig anderes. Beeindruckend findet die studierte Physikerin und Mathematikerin, dass man den richtigen Ton der Glocke nur subjektiv mit einer Stimmgabel überprüfen kann, nicht aber physikalisch.

Während eine neue Hechinger Glocke erst gegossen wird, kann die Gruppe den anderen Neuling in Karslruhe gleich bestaunen. Diese Glocke ist bereits fertig. Sie wiegt 170 Kilo und ist St. Luzius, dem Patron der Hechinger Gemeinde, geweiht.

Abtransportiert wird sie erst, wenn auch ihre große Schwester fertig ist. Eine Woche dauert es, bis sie ausgekühlt ist. Dann wird sie geputzt und von Karlsruhe nach Hechingen transportiert. Dafür gibt es noch kein festes Datum. Der nächste Höhepunkt für die Gemeinde wird dann die Glockenweihe sein.

Wenn sie an ihrem Platz im Turm hängen, werden sie Teil eines Glockenensembles von sieben Glocken sein, das sei ein "Herausstellungsmerkmal", erklärt Pfarramtssekretärin Melanie Homberger stolz. Sie wird den Klang künftig an ihrem Arbeitsplatz aus nächster Nähe hören dürfen. Sie freue sich schon auf diese Klangerlebnis, erzählt sie.